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das Miasma nämlich, zugegen ist. Daraus wird aber auch
erklärlich, warum auf der einen Seite oft alle Thiere eines
Stalles, in welchem in Hinsicht auf Fütterung, Reinlichkeit rc. 2c.
Nichts zu wünschen übrig bleibt, von der Seuche ergriffen
werden und warum auf der anderen Thiere von derselben
völlig verschont bleiben, die unter den allerungünstigsten diäte-
tischen Verhältnissen leben, weil gerade dlese die Ausbildung der
Aniage zum Milzbrande nicht begünstigen. — Aus dem Gesagten
ergibt sich aber nun, daß die wahre Ursache des Milzbrandes
in Gegenden in welchen derselbe überhaupt öfters spontan vor-
zukommen pflegt gar nicht zu beseitigen ist, und daß folglich
die Aufgabe der Kunst lediglich dahin gerichtet werden müsse,
die Anlage zum Milzbrande in den Individuen möglichst zu
vermeiden, mit anderen Worten, daß eine entsprechende prophyl-
aktische Behandlung eingeleitet werde. Da bei der Milzbrand-
bräune stets ein Contagium entwickelt wird, das an allen Pro-
und Effluvien der kranken Thiere haftet und selbst in flüchtiger
Form sich wenigstens in der Nähe der Thiere in der Luft ver-
breitet, die Krankheit sich also auch durch dieses weiter ver-
breiten kann, so sind die gesunden Thiere von jeder Gemein-
schaft mit kranken und den von ihnen kommenden und mit
ihnen in irgend einer Berührung gestandenen Gegenständen
auf's Sorgfältigste zu schützen und es bleibt Aufgabe der Polizei,
zu diesem Zwecke mit aller Energie einzuschreiten. Außerdem
ist vorzüglich darauf zu sehen, daß die Thiere an heißen Tagen
gar nicht ausgetrieben werden, daß es ihnen zwar an mäßiger
Bewegung nicht ganz fehle, daß dieselbe jedoch nur zur kühlen
Tageszeit gestattet werde; daß sie nur luftige und kühle Aufent-
haltsorte erhalten, gutes und reines aber nicht zu reichlich
nährendes Futter und frisches mit Kochsalz oder Schwefel-
säure angesäuertes Wasser in hinreichender Menge und öfters
des Tages bekommen. Wo unreifes Kernobst zu haben ist,
kann ihnen auch Solches mit Vortheil verabreicht werden.
Von ganz vorzüglichem Nutzen und durchaus nicht zu ver-
säumen ist das tägliche Schwemmen der Thiere im kalten,
fließenden, nicht aber im warmen, stagnirendem Wasser. Wo
sich die Gelegenheit hiezu nicht darbietet, müssen die Thiere
wenigstens 2 mal täglich mit kaltem Wasser, am Besten aus
einem Sprengeimer begossen werden. Zur Zeit des zu be-
fürchtenden oder wirklich schon erfolgten Ausbruches der Seuche
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