Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt IX. Strafgesetzbuch. Hochverrath und Landesverrath. 591 
staate an dem Landesherrn dieses Staats verübt worden sind, werden als 
Hochverrath mit dem Tode bestraft. 
§. 81. Wer außer den Fällen des §. 80 es unternimmt, 
1. einen Bundesfürsten Ku tödten, gefangen zu nehmen, in Feindes Gewalt 
zu liefern oder zur Regierung unfähig zu machen, 
2. die Verfassung des Deutschen Reichs oder eines Bundesstaates oder die 
in demselben bestehende Thronfolge gewaltsam zu ändern, 
3. das Bundesgebiet ganz oder theilweise einem fremden Staate gewaltsam 
einzuverleiben oder einen Theil desselben vom Ganzen loszureißen, oder 
4. das Gebiet eines Bundesstaats ganz oder theilweise einem anderen 
Bundesstaate gewaltsam einzuverleiben oder einen Theil desselben vom 
Ganzen loszureißen, 
wird wegen Hochverraths mit lebenslänglichem Zuchthaus oder lebenslänglicher 
Festungshaft bestraft. Z 
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungshaft nicht unter 
fünf Jahren ein. ssi 
Neben der Festungshaft kann auf Verlust der bekleideten öffentlichen 
Aemter, sowie der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte erkannt 
werden. 
§. 82. Als ein Unternehmen, durch welches das Verbrechen des Hoch- 
verraths vollendet wird, ist jede Handlung anzusehen, durch welche das Vor- 
haben unmittelbar zur Ausführung gebracht werden soll. 
§. 83. Haben Mehrere die Ausführung eines hochverrätherischen Unter- 
nehmens verabredet, ohne daß es zum Beginn einer nach §. 82 strafbaren 
Handlung gekommen ist, so werden dieselben mit Zuchthaus nicht unter fünf 
Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. 
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungshaft nicht unter 
zwei Jahren ein. 
Neben der Festungshaft kann auf Verlust der bekleideten öffentlichen 
Aemter, sowie der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte erkannt 
werden. 
§. 84. Die Straf-Vorschriften des §F. 83 finden auch gegen denjenigen 
Anwendung, welcher zur Vorbereitung eines Hochverraths entweder sich mit 
einer auswärtigen Regierung einläßt oder die ihm von dem Reich oder einem 
Bundesstaate anvertraute Macht mißbraucht oder Mannschaften anwirbt oder 
in den Waffen einübt. 
§. 85. Wer öffentlich ) vor einer Menschenmenge oder wer durch Ver- 
breitung oder öffentlichen Anschlag oder öffentliche Ausstellung von Schriften 
oder anderen Darstellungen zur Ausführung einer nach §. 82 strafbaren Hand- 
lung auffordert, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren oder Festungshaft 
von gleicher Dauer bestraft. 
ind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungshaft von einem 
bis zu fünf Jahren ein. 
§. 86. Jede andere, ein hochverrätherisches Unternehmen vorbereitende 
Handlung wird mit Zuchthaus bis zu drei Jahren oder Festungshaft von 
gleicher Dauer bestraft. 
1) Nach den Motiven S. 87 ist eine Handlung als öffentlich geschehen nur 
dann zu betrachten, wenn sie in einer Art und Weise vorgenommen ist, daß sie un- 
bestimmt von welchen oder wie vielen Personen wahrgenommen werden 
konnte; dagegen liegt keine Oeffentlichkeit vor, wenn eine Handlung nur für die 
Wahrnehmung gewisser Personen bestimmt war und (von Zufälligkeiten abgefehen) 
nur von diesen bemerkt werden konnte. Vergl. E. Crim. VII. 113. » 
Ein Privatraum kann durch eine zeitweilig gewährte allgemeine Zugänglichkeit 
für diese Zeit zum öffentlichen werden, sowie umgekehrt ein sonst öffentlicher Ort, 
z. B. ein öffentlicher Platz, das Gastzimmer eines Wirthshauses 2c. durch eine zeit- 
weise Absperrung jene Natur verlieren kann, Opp. Anm. 4 zu §. 85. Eine Handlung 
ist nicht öffentlich, wenn sie zwar an einem öffentlichen Orte, aber so verübt wurde, 
daß sie nur von einem individuell begrenzten Kreise und nicht auch von dritten Per- 
sonen wahrgenommen werden sollte oder konnte, Anm. 5 ebendaf.
	        
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