Full text: Deutsches Kolonialblatt. I. Jahrgang, 1890. (1)

um im Einzelnen den Lauf der vorerwähnten 
Linie festzustellen. Es herrscht indessen aus— 
drückliches Einverständniß darüber, daß selbst 
in dem Falle, daß die Kommissare nicht zu 
einem völligen Einverständniß über die Einzel— 
heiten des Laufes der Linie gelangen sollten, 
die Vereinbarung zwischen den beiden Regie- 
rungen mit Bezug auf die allgemeine oben 
angegebene Abgrenzung nichtsdestoweniger be- 
stehen bleiben soll. 
Die Kommissare sind gleichzeitig mit der 
Aufgabe betraut, die Interessensphären beider 
Länder in der im Westen und Süden des 
mittleren und oberen Niger gelegenen Region 
zu bestimmen.“ 
Es versteht sich von selbst, daß durch 
dieses Abkommen irgend welche Rechte Dritter 
unberührt bleiben. So wird dadurch ins- 
besondere das in Artikel V des deutschen Ab- 
kommens mit England vom 1. Juli d. J. 
gegenseitig eingeräumte Recht, im freien Durch- 
gangsverkehr und ohne Zahlung von Durch- 
gangszöllen nach und von den Ufern des 
Tschad Sees Handel zu kreiben, in keiner 
Weisc beschränkt. · 
Die Bauthätigkeit in Kamerun. 
(Mit Karte.) 
Als der Keiserliche Gonverneur, Freiherr 
Julius v. Soden, im Sommer des Jahres 
1885 nach Kamerun kam, war derselbe ge- 
nöthigt, mit seinen Beamten in einer Woer- 
mannschen Faktorei Wohnung zu nehmen, da 
das Gebäude auf der Joß-Platte, dem Grund- 
stücke des Kaiserlichen Gonvernements, sich in 
einem Zustande befand, der ein Bewohnen 
desselben unmöglich machte. Das Haus, auf 
der beigegebenen Karte mit Ila bezeichnet, war 
im Jahre 1884 während der Kämpfe um 
Kamerum mehrfach von Granaten durchlöchert, 
vollständig verwahrlost und von den Missio- 
naren verlassen worden. Gras und Unkraut 
überwucherten die Veranda und wuchsen zu den 
glaslosen Fensterhöhlen hinein. « 
Das Grundstück selbst war völlig verwildert, 
mit über mannshohem Gras und Busch be- 
wachsen, so daß die erfrischenden Seebrisen das 
Haus nicht erreichen konnten und jede Aussicht 
auf das Kamernn-Becken ausgeschlossen war. 
Der damalige Kaiserliche Kommissar, Uyr. 
M. Buchner, hatte zwar schon, nachdem er 
den Platz von der englischen Baptisten-Mission 
übernommen, mit der Klärung desselben an- 
gefangen, wurde jedoch bald durch schwere 
Erkrankung gezwungen, die Arbeiten ruhen zu 
lassen und die Heimreise anzutreten. « 
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a— 
  
Nach der Ankunft des Gouverneurs wurden 
die Arbeiten mit aller Kraft wieder aufgenommen. 
Maurer und Zimmerleute, welche von den Fak- 
toreien entlehnt werden mußten, setzten das Haus 
und die Kirche (I1D) in einen bewohnbaren Zu- 
stand, während Eingeborene und Kru-Arbeiter 
die nächste Umgebung klärten und eine Gras- 
hütte, welche den Missionaren als Schule ge- 
dient hatte, zur eigenen Wohnung herrichteten. 
Bald war dasselbe soweit hergestellt, daß 
die Beamten ihren Einzug in dasselbe bewerk- 
stelligen konnten. Zwei kleine Zimmerchen zur 
linken erhielt der Kanzler v. Puttkamer, 
rechts der Sekretär Dr. Krabbes ein anderes. 
Das mittlere, größte Zimmer wurde zur Kanzlei 
bergerichtet und hatte gleichzeitig den Herren 
noch als gemeinschaftliches Empfangs-, Wohn- 
und Speisezimmer zu dienen. 
Drei kleine Verschläge Dinter den größeren 
Räumen stellten Vorraths-, Geschirr= und An- 
richtekammern. Der Gouverneur selbst mußte 
mit seiner Bedienung noch in der Bell-Faktorei 
wohnen bleiben. 
Troß der bald eintretenden Regenzeit wurde 
mit der mühsamen Aufräumung des Platzes 
fortgeschritten, Zäune gezogen und Wege an- 
gelegt. 
Es wurde ein Garten hinter dem Schuppen 
(lle) angelegt, für den Polizcimeister ein kleines 
Holzhaus (IIa) auf Holzpfählen mit zwei Kam- 
mern aufgestellt, der Platz um die Häuser mit 
Kies überschüttet und ein Weg nach dem Strande 
hinunter gegraben. 
Inszwischen begann das Material für den 
Bau des Wachthauses, des Gouvernements- 
gebändes und der Palaver-Halle schon einzu- 
treffen. Um die Sachen lägern zu können, 
wurde am Strande ein Platz geebnet und das 
Magazin (IXaS#) auf demselben erbaut. Das- 
selbe besteht aus einem Holzgestell mit Well- 
blechplatten, Dach und Wänden auf einem 
Cementboden. Bei einer Höhe von 3 m ohne 
den Dachraum ist das Gebäude 15 m lang 
und m tief. 
Der Platz selbst mußte gegen den Strom 
durch eine Wand von Mangrovepfählen ge- 
schützt werden. Da das Baumaterial nicht 
auf dem steilen Wege vom Strande auf die 
Baustelle geschafft werden konnte, wurde ein 
zweiter Weg angelegt, welcher ein bequemeres 
Aufbringen desselben gestattete. 
Nachdem im Frühjahr 1886 die Bau- 
siellen geklärt und die Bautechniker der Firma 
F. H. Schmidt in Altona, welche die Bauten 
unternommen hatte, eingetroffen waren, wurden 
die Arbeiten am Hauptgebäude, wie an dem 
Wachthause begonnen. Das Letztere (III der 
Karte), auf einem 1 m hohen Steinsockel, aus
	        
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