Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

Kachrichten von der Reise C. Keumanns. 
Vor wenigen Tagen sind Nachrichten eingelaufen 
über den Fortgang der Expedition des Herrn O. Neu- 
mann im Innern von Deutsch-Ostafrika. Bekanntlich 
hat der Reisende lediglich auf eigene Kosten eine 
Karawane ausgerüstet, um von Tanga aus das 
Massailand und die Salzsteppen um den Manyara- 
see zoologisch zu erforschen. Die gesammte wissen- 
schaftliche Ausbeute ist der zoologischen Sammlung des 
Königlichen Museums für Naturkunde zu Berlin als 
Geschenk überwiesen worden, und bisher zeugen acht 
große Sendungen von dem Eifer und Geschick, mit 
welchem der junge Forscher seine Aufgabe auffaßt. 
Nachdem schon von Aden und Tanga aus mehrere Kisten 
an das Museum gelangt waren, welche eine große An- 
zahl sehr interessanter Formen enthielten und vor Allem 
für die Kenntniß der Säugethier= und Reptilienfaung 
des südlichen Arabien und des Südostens von San- 
sibar wichtige Beiträge lieferten, sind neuerdings aus 
Mkaramo und Irang weitere Sendungen eingetroffen, 
welche sowohl in zoogeographischer Beziehung in- 
teressante Aufschlüsse boten, als auch einige neue 
Arten enthielten. Den Löwenantheil an den Ergeb- 
nissen der Neumannschen Forschungen hat nach 
Mittheilung des Dr. Paul Matschie, Assistenten am 
obengenannten Museum, die Säugethierkunde. Ent- 
hielt schon die Sansibarausbeute von etwa 54 Bälgen 
in 20 Arten zwei sehr merkwürdige, bisher unbe- 
kannte Formen, einen Baumschliefer und einen Zwerg- 
maki, welche auffallend mit bisher nur von West- 
afrika beschriebenen Arten übereinstimmen, so lieferten 
die in den letzten Wochen eingegangenen Sendungen 
werthvolle Bereicherungen unserer Kenntniß der 
größeren Sängethiere. Das zoologische Museum besaß 
bisher aus Deutsch-Ostafrika keine einzige größere 
Antilope, so daß über die Artzugehörigkeit des dort 
vorkommenden Jagdwildes sehr viele Zweifel bestan- 
den. Herr Neumann hat fast alle im deutschen 
Hinterlande lebenden Antilopen theils in seinen Be- 
richten genau beschrieben, theils gut präparirte Felle 
eingesendet, so daß es nun möglich ist, ein klares 
Bild von den dort vorkommenden Arten dieser 
Gruppe zu gewinnen. 
Nicht geringeren Werth als die Ausbente an 
Säugethieren hat die von dem Reisenden eingesendete 
Kollektion von Vogelbälgen. Außer einem für die 
Wissenschaft neuen Nashornvogel befinden sich unter 
den etwa 500 Bälgen mehrere Arten, deren Ver- 
breitung für Ostafrika bisher noch nicht nachgewiesen 
war. Die Sammlung von Reptilien und Amphibien, 
welche noch der Bearbeitung harrt, ist in zoogeogra- 
phischer Beziehung sehr werkhvoll. Die Fische und 
Krebse in ungefähr 70 Exemplaren waren gut er- 
halten und werthvoll, auch unter den Mollusken be- 
finden sich sehr seltene Stücke; die Ausbeute an 
Insekten enthält außer vielen Heuschrecken und 
Tausendfüßern große Reihen von Käsern und Schmetter- 
lingen, unter welchen mehrere bisher noch nicht be- 
lannte Arten sich befinden. 
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Herr Neumann ging von Tanga über Buhuri, 
Mlembule, Magila, Potne, Korogwe, Geresa, Pam- 
bire nach Mkaramo mit kürzerem Aufenthalt am 
Mkulumusi und in den Hochwäldern des Handei 
sowie in der Luengeraniederung und am Mkomasi. 
Von Mkaramo marschirte er durch die Massai Nyika, 
wo ein ernster Zusammenstoß mit den Kibaja-Massai 
nicht vermieden werden konnte, nach Irangi. Dort 
wurden die bisher gesammelten Objekte verpackt und 
zur Heimsendung sertig gemacht. In der ersten 
Hälfte des Juli hatte Neumann einen Kampf mit 
dem Häuptling Kokue von Usandawe, bei welchem er 
durch einen Pfeilschuß in den Mund verwundet 
wurde. Von Irangi marschirte Neumann auf 
einem bisher von Europäern nicht betretenen Wege 
nach Mpwapwa, nahm dort an einer von Lieutenant 
Storch geleiteten Expedition gegen den Wahehe- 
häuptling Sambakawi theil und traf am 29. August 
wieder in Usandawe ein. In geographischer Bezie- 
hung stellte der Reisende auf seinem Rückzuge fest, 
daß die Länder Uniemu und Magassa von den Karten 
zu verschwinden haben, da Niemand dort die Namen 
kennt. An der Stelle von Uniemu liegt Burunge, 
eine Landschaft, welche östlich durch Bergzüge von 
der Massai Nyika, westlich durch ein etwa zwei 
Tagemärsche breites Pori von Usandawe getrennt 
wird. Wo auf der Kiepertschen Karte Magassa 
steht, ist das Grenzpori zwischen Burunge und Nord- 
Ugogo. Nur zwei Stunden südlich von Tisso, dem 
nördlichsten Wagogodorf, also volle fünf Tagemärsche 
von Mpwapwa nördlich, liegt Pangadjuma, ein aus 
drei bis vier Temben bestehendes Wahehedorf. Das 
Centrum Usandawes liegt mehr nach Nordosten, als 
dies auf der Kiepertschen Karte verzeichnet steht. 
Der Bubu, ein stets sehr gutes Wasser führendes 
Flüßchen, welches oft große sumpfartige Erweiterun- 
gen hat, fließt nur 2½ Stunden westlich von Irangi 
in nordsüdlicher Richtung nach Usandawe. Die 
Wasandawi sind ein gleichmäßig Ackerbau, Viehzucht, 
Jagd und Fischfang treibendes Volk. Ihre Haupt- 
waffen sind Bogen und meistens vergiftete Pfeile. 
Sehr eigenthümlich ist ein mit Rinds= oder Giraffen- 
haut umflochtener Stock, welcher als Waffe dienen 
soll. Bei den Waburunge sah Neumann zum 
ersten Male Pfeile mit Messingspitzen. 
Am 18. September marschirte Neumann mit 
140 Mann den Bubu aufwärts in nordwestlicher 
Richtung über Mangati nach dem Guiruiberge, wel- 
cher am 29. erreicht wurde. Auf der schneeweißen 
Fläche eines an demselben gelegenen Natronsumpfes 
tummelten sich Guus und Strauße. Der Reisende 
sah hier zum ersten Male das weißmähnige Gun, 
die kleine schwarzstreifige Gazelle und den großen 
Riedbock; Grants Gazellen und Suaraantilopen, 
welche bis dahin häufig gewesen waren, hören hier 
auf. Es ist dies eine sehr wichtige Beobachtung, 
welche beweist, daß die durch die Bondei, Handei 
und Pareberge gebildete Flußscheide sich bis zum 
1 Guirui fortsetzt. Neumann bestieg mit 12 Mann 
 
	        
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