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Gouverneurs nunmehr an alle diese Völker Pro-
klamationen ergangen, die sie mit Krieg bedrohen,
falls sie Miangesen aufnehmen. Unter dem Ein-
drucke unseres Sieges werden sie den Aufrührern
schwerlich Unkerkunst gewähren, zumal auch auf die
Köpfe der beiden Häuptlinge je fünfhundert Mark
gesetzt sind. Dem Chef der Militärstation, Lieu-
tenant Dominik, welchem zwei weiße Unteroffiziere
und 120 schwarze Soldaten beigegeben sind, habe
ich die Instruktion ertheilt, rücksichtslos das ganze
Miangland weiter zu verwüsten und die Miangesen
durch permanentes Patronilliren vom Aboflusse ab-
zuhalten.
Lieutenant Dominik hat seine Aufgabe in glän-
zender Weise gelöst; kein Miangdorf existirt mehr,
die Bewohner sind in die umliegenden Wälder ge-
flohen. Jetzt werden die Proklamationen ihre Schul-
digkeit thun; denn wie sehr gleich nach der Einnahme
von Malende die Autorität des Gonwernements ge-
wachsen war, das bemerkte ich am Abende dieses
Tages in Fiko, wo ich Palaver abhielt. Es hatte
bisher wie ein Alpdruck auf allen Völkern am Abo-
flusse gelegen; sie hatten bis jetzt mehr Angst vor
den Miangesen, als vor der Regierung, die von
jenen verlacht wurde.
Als wir am nächsten Morgen den Abofluß hinunter-
fuhren, standen an allen Landungsstellen Leute und
winkten mit der deutschen Flagge, oder wenn sie
leine hatten mit Tüchern. Selbst die Bwapackileute,
die westlich von Koki sitzen und mit denen die Miang-
leute die Abmachung getrossen hatten, daß sie beim
Herannahen der Schutztruppe Nachricht geben sollten,
haben jeßztt zum Gouverneur geschickt und um eine
deutsche Flagge gebeten.
Wenn man bedenkt, daß jetzt mit nur 150
Schwarzen den Feinden ein Verlust von 16 Todten,
darunter der Bruder Pens, vielen Verwundeten und
20 gefangenen Weibern beigebracht ist, während
diesseits nur zwei Verwundungen — ein Sudanese
Schuß in den Arm, ein Weysoldat Schuß durch die
Brust — vorgekommen sind, so muß ich neben dem
überraschenden Auftreten diesen Erfolg dem rücksichts-
losen Vordringen der Truppe, verbunden mit dem
überaus geschickten Verhalten der schwarzen Soldaten,
besonders der Weys, zuschreiben. Während die
Sudanesen unaufhaltsam, wie eine feste-Mauer, vor-
wärtsgehen und unter keinen Umständen einen Schrilt
zurückweichen, tauchen die leichtfüßigen Weylente bald
hier, bald dort in den Busch, in das Gras hinein
und bringen durch ihr Ueberall= und Nirgendsein
den Gegner, dessen Kampfesweise sie genau kennen,
zur Unsicherheit und Verzweiflung.
Von den Schwarzen haben sich besonders hervor-
gelhan und eine Auszeichnung verdient: der Feld-
webel Osman-Muhamed, der Sergeant Zampa,
der Unteroffizier Mahmud-Muhamed, die Ge-
freiten, Muhamed-Khalifa, Leopold Zuru,
Isaak, John Cold, die Gemeinen Abdullah
Bringi und Mamad.
Kamernn, den 1. Mai 1894.
4 Uhr nachmittags.
Detachementsbefehl.
1. Die Miangesen und Muelles, über 1000
Krieger stark, unter ihren Häuptlingen Pen und
Mobia, haben sich gegen das Kaiserliche Gonwernement
aufgelehnt und sollen gezüchtigt werden.
Die Züchtigung ist der neuorganisirten Schutz-
truppe übertragen worden.
2. Nach eingegangenen Nachrichten sollen die
Gegner ½ Stunde vom Aboflusse ihr neues Haupt-
dorf Malende angelegt haben und hier den Augriff
erwarten. Weitere Erkundigungen besagen, daß der
Strand bei Alt-Miang total verwachsen, dagegen
einige Hundert Meter oberhalb eine neue Landungs-
stelle für Malende entstanden ist.
3. Ich habe die Absicht, bis zu dieser Malende-
beach die Wasserstraße zu benutzen und von hier aus
direkt nach Malende zu marschiren.
4. Zu diesem Zwecke steht das Detachement, be-
stehend aus 2 Zügen Sudanesen, 1 Zug Weysol-
daten und der Trägerkolonne, in Summa: 150 Sol-
daten und 30 Träger, morgen früh 5 Uhr in feld-
marschmäßiger Ausrüstung mit 100 Patronen pro
Kopf am Gouvernementsquai zur Einschiffung bereit.
Die Sudanesen, Träger nebst den Lasten werden
auf dem Dampfer „Soden“, die Weysoldaten mit
einem durch die Stationspinasse geschleppten Leichter
transportirt.
Die Besatzung der Pinasse und des „Soden“
wird durch ein Detachement S. M. S. „Hyäne“
unter Führung des Lieutenants z. See Vles gestellt.
Beide Fahrzeuge haben morgen früh 5 Uhr Dampf
auf und liegen nebst dem Leichter zur Einschiffung
bereit, und zwar der „Soden“ an der Landungs-
brücke des Gouvernements, die Pinasse und Leichter
am Quai neben dem Bootshause.
5. Von der Malendebeach aus wird der Marsch
in folgender Ordnung angetreten:
¼ Zug Weys Unleroffizier immermann (Spite),
1. Zug Sudanesen Lieutenant Dominik (Führer),
Unteroffizier Sebe,
2. Zug Sudanesen Feldwebel Krause (Führer),
½ Zug Weys i v. Mallinckrodt II.
(Führer
Herrn Dr. Nehn ersuche ich, an der Queue zu
marschiren.
Die Träger unter Feldwebel Biernatzki ver-
bleiben mit den Lasten bis auf weiteren Befehl an
Bord des „Soden“.
6. Die Führer haben an den Teten, die ihnen
zugetheilten Unteroffiziere an den Quenes ihrer Züge
zu marschiren. Die Truppe marschirt in dicht-
geschlossener eingliedriger Reihenkolonne. Nur die
Spitze hat auf etwa 100 Meter vor der Tete auf-
zuklären. Sie hat ihre Aufmerksamkeit außer auf
den Feind auch auf die von diesem angelegten