Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

mit England und Frankreich über die Abgrenzung 
der Interessensphären nur noch die Veranstaltung 
friedlicher Vorstöße mit rein wirthschaftlichen und 
wissenschaftlichen Zwecken im Auge behalten werde. 
Weitere Erörterungen betrafen die im Werk be- 
findliche allgemeine gesetzliche Regelung der Straf- 
gewalt der Kolonialbeamten über die Eingeborenen 
sowie die beste Art der Gewährung von Zollbegün- 
stigungen an die Missionsgesellschaften. 
Bei Berathung des Etats für Togo wurde seitens 
des Herrn Staatsministers v. Hofmann die Be- 
setzung der Station Bismarckburg mit einem Weißen 
auch für die Zukunft zur Sprache gebracht. Es 
ergab sich indessen Einverständniß darüber, daß unter 
den obwaltenden Umständen die Verwaltung der 
Station durch einen schwarzen Missionszögling dem 
Bedürfniß genügt. 
Nach einer Pause wurde der Etat für Südwest- 
afrika erörtert und alsdann in die Berathung der 
Auswanderungsfrage eingetreten, deren Bedeutung 
Herr Rechtsanwalt Dr. Scharlach in eingehender 
Weise darlegte. Nach längerer Erörterung, an der 
besonders die Herren Staatsminister a. D. v. Jacobi, 
Staatsminister a. D. v. Hofmann, Staatssekretär 
a. D. Herzog, Ehrendomherr Hespers und Rechts- 
anwalt Dr. Scharlach theilnohmen, einigte sich der 
Kolonialrakh dahin, zu empfehlen: 1. den Grundsatz 
gesetzlich anzuerkennen, daß die Uebersiedelung von 
Reichsangehörigen in ein deutsches Schubgebiet un- 
beschadet der Kontrolvorschriften für gewerbsmäßige 
Anwerbung und Beförderung von Auswanderern 
nicht als Auswanderung zu betrachten ist; 2. beson- 
dere Bestimmungen zu dem Zweck zu treffen, um die 
Uebersiedelung deutscher Reichsangehöriger nach den 
dazu geeigneten Theilen der Schutzgebiete möglichst 
zu erleichtern, insbesondere neben voller Aufrecht- 
erhaltung der allgemeinen Wehrpflicht die Ableistung 
derselben in den Schutgebieten durch gesetzliche An- 
ordnung zuzulassen. 
Am 19. d. Mts., vormittags 10 Uhr, wurde zur 
Berathung über den vorliegenden Bericht des im 
Frühjahr d. Js. niedergesetzten Ausschusses, betreffend 
die Verbesserung der Verkehrsverbindungen mit 
Deutsch= Südwestafrika, geschritten. 
Im Namen des Ausschusses schilderte Herr Ge- 
heimer Ober-Postrath Kraetke die Verhandlungen 
des Ausschusses und empfahl Annahme der von 
Letzterem wegen weiterer Vervollkommnung der 
Schifffahrts= und Telegraphenverbindung mit diesem 
Schutzgebiete ausgearbeiteten Vorschläge und Anträge. 
Bei der an den Bericht sich knüpfenden mehrstündigen 
lebhaften Debatte stellte sich Einverständniß darüber 
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heraus, daß zur Zeit, soweit der Personen= und 
Güterverkehr in Frage stehe, die in dankenswerther 
Weise von der deutschen Kolonialgesellschaft unter 
Führung des Fürsten Hohenlohe eingerichtete, drei- 
bis viermalige jährliche direkte deutsche Schisssverbin-= 
dung nach dem Schutzgebiete genüge und deshalb für 
die nächste Zeit möglichst zu erhalten und auszu- 
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gestalten sei. Nicht minder allseitig wurde jedoch 
anerkannt, daß bei dem in den letzten Jahrzehnten 
stattgehabten ungeahnten Aufschwunge Südafrikas, bei 
dem naturgemäßen Streben der englischen Handels- 
welt, Deutschland möglichst von diesen Gebieten fern- 
zuhalten, und dem Bedürfniß, das deutsche Südwest- 
afrika möglichst vom Kapland selbständig zu machen, 
es sich empfehle, sobald die Umstände es gestatten, 
eine Ausdehnung der Fahrten der bestehenden deut- 
schen afrikanischen Dampferlinien nach dem Schutz- 
gebiete herbeizuführen. 
Hinsichklich der Postverbindung Deutsch-Südwest- 
afrikas mit dem Mutterlande wurde dem Wunsche 
Ausdruck gegeben, daß nach Maßgabe der zur Ver- 
fügung stehenden Kräfte und unter Mitwirkung der 
Reiter der Schuhtruppe ein regelmäßiger Verkehr 
zwischen den Küstenplätzen und dem Innern hergestellt 
werde. Besonders erwünscht erschien allgemeiner 
Anschluß Deutsch-Südwestafrikas an das Telegraphen= 
netz eines der Nachbargebiete, da wegen der sehr 
hohen Kosten bis auf lange Zeit hinaus auf Her- 
siellung einer Kabelverbindung nicht zu rechnen ist. 
Endlich wurde die Nothwendigkeit anerkannt, um 
sich von der Walfischbai gänzlich frei zu machen, mit 
dem Ausbau der Landungsstelle am Tsoakhaub vor- 
zugehen und in Verbindung mit den betheiligten 
Gesellschaften sofort die erforderlichen Vorarbeiten 
einzuleiten. Im Sinne vorstehender Ausführungen 
sind entsprechende Beschlüsse gefaßt worden. 
Nachmittags 3 Uhr trat der Ausschuß zur Vor- 
berathung der ostafrikanischen Eisenbahnfrage zu- 
sammen, über welche Deusschristen der Herren 
v. d. Heydt und Geheimen Kommerzienraths 
Dr. v. Oechelhäuser vorlagen. 
Am Vormiltag des 20. Oktober wurde der dem 
Kolonialrath zur Begutachtung vorgelegte Etatsentwurf 
für Deutsch= Ostafrika erledigt. In der General-= 
diskussion wurde namentlich die Frage der Vor- 
bildung der in den Kolonien zur Verwendung ge- 
langenden Beamten erörtert und dabei auch angeregt, 
ob es nicht angängig sei, einen eigenen Beamtenstand 
besonders für den Dienst in den Schutgebieten her- 
anzubilden. Von einer Seite wurde in erster Linie 
auf eine bessere sprachliche Vorbildung der Beamten 
Gewicht gelegt und vorgeschlagen, daß alle Beamten 
vor ihrer Entsendung in die Kolonien sich auf dem 
orientalischen Seminar oder auf einer ähnlichen Anstalt 
die Kenntniß wenigstens einer in den Kolonien ge- 
sprochenen Sprachen anzueignen hätten. Die Kenntniß 
dieser Sprachen möge nach englischem Vorbilde durch 
Gewährung besonderer Prämien gefördert werden. 
Von anderer Seite wurde demgegenüber hervor- 
gehoben, daß von den Beamten und auch von den 
Offizieren in erster Linie weniger Sprachkenntnisse 
auf wissenschaftlicher Grundlage als Verständniß und 
Interesse für die wirthschaftliche und kommerzielle 
Entwickelung unserer Schutzgebiete zu fordern seien. 
Der Vorsizende machte auf die Schwierigkeiten 
der Heranziehung eines eigenen Kolonialbeamtenstandes
	        
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