mit England und Frankreich über die Abgrenzung
der Interessensphären nur noch die Veranstaltung
friedlicher Vorstöße mit rein wirthschaftlichen und
wissenschaftlichen Zwecken im Auge behalten werde.
Weitere Erörterungen betrafen die im Werk be-
findliche allgemeine gesetzliche Regelung der Straf-
gewalt der Kolonialbeamten über die Eingeborenen
sowie die beste Art der Gewährung von Zollbegün-
stigungen an die Missionsgesellschaften.
Bei Berathung des Etats für Togo wurde seitens
des Herrn Staatsministers v. Hofmann die Be-
setzung der Station Bismarckburg mit einem Weißen
auch für die Zukunft zur Sprache gebracht. Es
ergab sich indessen Einverständniß darüber, daß unter
den obwaltenden Umständen die Verwaltung der
Station durch einen schwarzen Missionszögling dem
Bedürfniß genügt.
Nach einer Pause wurde der Etat für Südwest-
afrika erörtert und alsdann in die Berathung der
Auswanderungsfrage eingetreten, deren Bedeutung
Herr Rechtsanwalt Dr. Scharlach in eingehender
Weise darlegte. Nach längerer Erörterung, an der
besonders die Herren Staatsminister a. D. v. Jacobi,
Staatsminister a. D. v. Hofmann, Staatssekretär
a. D. Herzog, Ehrendomherr Hespers und Rechts-
anwalt Dr. Scharlach theilnohmen, einigte sich der
Kolonialrakh dahin, zu empfehlen: 1. den Grundsatz
gesetzlich anzuerkennen, daß die Uebersiedelung von
Reichsangehörigen in ein deutsches Schubgebiet un-
beschadet der Kontrolvorschriften für gewerbsmäßige
Anwerbung und Beförderung von Auswanderern
nicht als Auswanderung zu betrachten ist; 2. beson-
dere Bestimmungen zu dem Zweck zu treffen, um die
Uebersiedelung deutscher Reichsangehöriger nach den
dazu geeigneten Theilen der Schutzgebiete möglichst
zu erleichtern, insbesondere neben voller Aufrecht-
erhaltung der allgemeinen Wehrpflicht die Ableistung
derselben in den Schutgebieten durch gesetzliche An-
ordnung zuzulassen.
Am 19. d. Mts., vormittags 10 Uhr, wurde zur
Berathung über den vorliegenden Bericht des im
Frühjahr d. Js. niedergesetzten Ausschusses, betreffend
die Verbesserung der Verkehrsverbindungen mit
Deutsch= Südwestafrika, geschritten.
Im Namen des Ausschusses schilderte Herr Ge-
heimer Ober-Postrath Kraetke die Verhandlungen
des Ausschusses und empfahl Annahme der von
Letzterem wegen weiterer Vervollkommnung der
Schifffahrts= und Telegraphenverbindung mit diesem
Schutzgebiete ausgearbeiteten Vorschläge und Anträge.
Bei der an den Bericht sich knüpfenden mehrstündigen
lebhaften Debatte stellte sich Einverständniß darüber
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heraus, daß zur Zeit, soweit der Personen= und
Güterverkehr in Frage stehe, die in dankenswerther
Weise von der deutschen Kolonialgesellschaft unter
Führung des Fürsten Hohenlohe eingerichtete, drei-
bis viermalige jährliche direkte deutsche Schisssverbin-=
dung nach dem Schutzgebiete genüge und deshalb für
die nächste Zeit möglichst zu erhalten und auszu-
1
gestalten sei. Nicht minder allseitig wurde jedoch
anerkannt, daß bei dem in den letzten Jahrzehnten
stattgehabten ungeahnten Aufschwunge Südafrikas, bei
dem naturgemäßen Streben der englischen Handels-
welt, Deutschland möglichst von diesen Gebieten fern-
zuhalten, und dem Bedürfniß, das deutsche Südwest-
afrika möglichst vom Kapland selbständig zu machen,
es sich empfehle, sobald die Umstände es gestatten,
eine Ausdehnung der Fahrten der bestehenden deut-
schen afrikanischen Dampferlinien nach dem Schutz-
gebiete herbeizuführen.
Hinsichklich der Postverbindung Deutsch-Südwest-
afrikas mit dem Mutterlande wurde dem Wunsche
Ausdruck gegeben, daß nach Maßgabe der zur Ver-
fügung stehenden Kräfte und unter Mitwirkung der
Reiter der Schuhtruppe ein regelmäßiger Verkehr
zwischen den Küstenplätzen und dem Innern hergestellt
werde. Besonders erwünscht erschien allgemeiner
Anschluß Deutsch-Südwestafrikas an das Telegraphen=
netz eines der Nachbargebiete, da wegen der sehr
hohen Kosten bis auf lange Zeit hinaus auf Her-
siellung einer Kabelverbindung nicht zu rechnen ist.
Endlich wurde die Nothwendigkeit anerkannt, um
sich von der Walfischbai gänzlich frei zu machen, mit
dem Ausbau der Landungsstelle am Tsoakhaub vor-
zugehen und in Verbindung mit den betheiligten
Gesellschaften sofort die erforderlichen Vorarbeiten
einzuleiten. Im Sinne vorstehender Ausführungen
sind entsprechende Beschlüsse gefaßt worden.
Nachmittags 3 Uhr trat der Ausschuß zur Vor-
berathung der ostafrikanischen Eisenbahnfrage zu-
sammen, über welche Deusschristen der Herren
v. d. Heydt und Geheimen Kommerzienraths
Dr. v. Oechelhäuser vorlagen.
Am Vormiltag des 20. Oktober wurde der dem
Kolonialrath zur Begutachtung vorgelegte Etatsentwurf
für Deutsch= Ostafrika erledigt. In der General-=
diskussion wurde namentlich die Frage der Vor-
bildung der in den Kolonien zur Verwendung ge-
langenden Beamten erörtert und dabei auch angeregt,
ob es nicht angängig sei, einen eigenen Beamtenstand
besonders für den Dienst in den Schutgebieten her-
anzubilden. Von einer Seite wurde in erster Linie
auf eine bessere sprachliche Vorbildung der Beamten
Gewicht gelegt und vorgeschlagen, daß alle Beamten
vor ihrer Entsendung in die Kolonien sich auf dem
orientalischen Seminar oder auf einer ähnlichen Anstalt
die Kenntniß wenigstens einer in den Kolonien ge-
sprochenen Sprachen anzueignen hätten. Die Kenntniß
dieser Sprachen möge nach englischem Vorbilde durch
Gewährung besonderer Prämien gefördert werden.
Von anderer Seite wurde demgegenüber hervor-
gehoben, daß von den Beamten und auch von den
Offizieren in erster Linie weniger Sprachkenntnisse
auf wissenschaftlicher Grundlage als Verständniß und
Interesse für die wirthschaftliche und kommerzielle
Entwickelung unserer Schutzgebiete zu fordern seien.
Der Vorsizende machte auf die Schwierigkeiten
der Heranziehung eines eigenen Kolonialbeamtenstandes