Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

die Farbe, die dem vorbeugen sollte, hier eintreffen 
wird, ist nicht abzusehen, ein Verlust derselben unter- 
wegs aber so gut wie ausgeschlossen. 
Jeder unbefangene Leser dürste nach solchen 
Beispielen, die nur ein Symptom der Gesammtlage 
bilden, die Berechtigung von Reformbestrebungen zu- 
geben. Wenden wir uns daher von den unerfreu- 
lichen Zuständen der Gegenwart ab und erörtern die 
Frage, wie sich eine prompte und schnelle Postver- 
bindung ohne unverhältnißmäßige Kosten herstellen 
ließe. 
Es handelt sich dabei nur um die Strecke 
Korogwe — Kilimandjaro, da bis Korogwe in einiger 
Zeit die Eisenbahn führen wird. Wir haben mm 
früher bei der Besprechung der für das Binnenland 
geeigneten Transportmittel in den Kameelen Last- 
thiere kennen gelernt, deren Ansprüchen dieses Land 
zusagen dürfte. Wir machten damals schon darauf 
aufmerksam, daß es neben den Lastkameelen eine be- 
sondere zu schnellerer Beförderung geeignete Nasse, 
die Reitkameele, gebe. Auf diese möchte ich hier 
mit Nachdruck verweisen. Zur Charakterisirung der- 
selben soll die Schilderung folgen, welche Brehm, 
der sie selbst kennen lernte, von ihnen entwirft: 
„Man bezeichnet in (Nord-) Afrika die leichten 
und abgerichteten Reitkameele mit dem Namen 
* Hedjine oder Pilgerkameele und nennt den auf 
ihnen Neitenden Hedjane, versteht aber zunächst bloß 
die eigentlichen Botenreiter unter diesem Worte. 
Solche Botenreiter nun legen in kurzer Zeit fast 
unglaublich große Strecken zurück. Berühmt sind 
die Dromedare, welche in der Nähe von Esneh in 
Oberägypten gezüchtet werden, und noch berühmter 
die wirklich unübertrefflichen der Bischarin im Ost- 
Sudan. Auf einen solchen Hedjin durchritt Mo- 
hammed Ali flüchtend in einem Zuge von Kairo nach 
Alexandria 175 km und brauchte hierzu nur 
12 Stunden. In Aegypten und Nubien nennt man 
Dromedare, welche 10 Mahhadas oder Haltestellen 
auf dem Karawanenwege in einem Tage durchlausen, 
geradezu Zehnere (Aaschari) und schätzt sie mit 
Recht sehr hoch; denn eine Mahhada liegt in der 
Regel zwischen 10 und 14 auch bis 18 km von der 
anderen. Einen solchen Nitt hält kein Pferd aus, 
es mag so gut sein, wie es will. Anfangs übertrifft 
wohl die Schnelligkeit eines trabenden Pferdes die 
des Kameels, wenn es in gleichem Schrilt geht, sehr 
bald aber bleibt das erstere weit zurück und das 
Kameel trabt nach wie vor seinen Gang weiter. 
Läßt man ein Reitkameel in der Miltagszeit ruhen, 
reilet es sonst aber vom frühen Morgen bis zur 
späten Nacht, so kann man das Thier 16 Stunden 
lang Trab laufen lassen und dann bequem eine Ent- 
fernung von 140 km durchreiten. Ein gutes Kameel, 
welches ordentlich gefüttert und getränkt wird, hält 
solche Anstrengungen, ohne Rasttag dazwischen, 3 und 
selbst 4 Tage aus und mag dann über 500 km 
zurücklegen.“ 
654 
Zwischen einem „Bischarin“ und dem ägyptischen 
Lastkameele macht sich, wie der genannte Gewährs- 
mamn bemerkt, ein ebenso großer Unterschied bemerk- 
lich „wie zwischen einem arabischen Rosse und einem 
Karrengaul“. Das spricht sich auch im Preise aus, 
über dessen Niedrigkeit man gleichwohl staunen muß. 
Ein ausgezeichneter Bischarin wird, wenn man ihn 
aus erster Hand nimmt, mit 200 bis 300 Mark 
bezahlt, ein gewöhnliches Lastkameel kostet selten mehr 
als 90 Mark. 
Unter diesen Umständen verdient ein Versuch, 
Reitkameele zum Postdienst in unseren ostafrikanischen 
Steppengebieten heranzuziehen, eine sehr eingehende 
Erwägung. Die Ansprüche, welche die Thiere an 
die Wegsamkeit des Terrains siellen, sind nach der 
Erfahrung meines Kollegen Dr. Volkens, welcher 
sie während eines dreivierteljährigen Ausenthaltes in 
der ägyptisch-arabischen Wüste oft beobachten konnte, 
gering. Von geebneten Straßen ist auch dort nicht 
die Rede, nur durch das öftere Passiren derselben 
Noute erhält diese das Aussehen eines Weges. Die 
Wüste hat zudem durchaus keinen so tafelförmigen 
Habitus, wie man sich bei uns gewöhnlich vorstellt. 
Der hier in Frage kommende Landstrich zwischen 
Korogwe und dem Kilimandjaro ist in seinem weit- 
aus größten Theile, dem Gebiet des oberen Pangani, 
wohl von solcher Beschaffenheit, daß die Passirbarkeit 
durch Reitkameele kaum künstlich erleichtert zu werden 
braucht. Baumann, der die Gegend durchzog, 
sagt: „Reichere Vegetation findet man nur an den 
Abfällen der Flußrinne oder in unmittelbarster Nach- 
barschaft derselben. Alles umliegende Land kann 
nur als Wüste bezeichnet werden.“ Gehen wir nun 
von dem in dieser Abhandlung steis befolgten Prinzip 
aus, nur miltlere oder schwache Leisiungen zu ver- 
langen, so ließe sich unter Benutzung der gegebenen 
Kulturstätten als Rastplätze die Strecke Korogwe— 
Kilimandjaro in 5, zwischen 50 und 70 km schwan- 
kende Tagesstrecken zerlegen. Die Route brauchte 
sich nicht an den Pangani zu halten; man könnte 
den weit nach Südwesten ausgeschweisten Bogen 
zwischen Opuni und Buiko abschneiden und der Ein- 
senlung zwischen den Masimani= und Lassitibergen 
einerseits und den Kwa Ndujibergen andererseits 
folgen. Diese Route würde, wie aus der beiliegenden 
Karte zu entnehmen ist, in nachsolgende fünf Elappen 
zerfallen: 
  
1. Korogwe—Sapanga 60 km 
2. Sapanga—Hedarn 582 
3. Hedaru— Opuni — 
4. Opuni—Ronga 46½ 
5. Ronga—Rau 51 - 
Es ist ferner erforderlich, mit den Reitkameelen, 
welche man vielleicht aus Massaua beziehen kann, 
die sie reitenden und pflegenden Hedjan zu engagiren. 
Diese, mit der Eigenart der Thiere vertraut, würden 
am besten anzugeben wissen, wo dieselben zu siatio- 
niren sind. Immerhin dürfle es sich empfehlen, 
  
worauf ja auch Baumann (siehe oben) bereits hin-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.