Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

Recht der Missionare auf den Missionsstationen ist 
jetzt von den Häuptlingen ausdrücklich anerkannt; sie 
können sich jetzt bei Anlage von neuen Stationen 
viel freier bewegen als früher und sind darin nicht 
mehr von der Laune der Hererohäuptlinge abhängig. 
Die Gemeinden werden nicht mehr wie bisher durch 
die kriegerische Lage des Landes in ihrer Entwicke- 
lung beeinträchtigt merden. Was aber vielleicht am 
meisten sagen will, die Arbeit unter den Bergdamara 
wird eine ganz andere, viel aussichtsvollere werden. 
Die Hoffnung, daß nämlich diese armen geknechteten 
Leute durch das deutsche Regiment ihre Freiheit er- 
halten würden, das ist an einer sehr wichtigen Stelle, 
in Okombahe, schon zur Wahrheit geworden und das 
giebt Hoffnung, daß das Gleiche über kurz oder lang 
überall geschehen wird. 
Seit fünf Jahren hat die Zahl der Christen 
unter den Nama, Bergdamara und Herero um etwa 
2000 Seelen zugenommen. Im Namalande zählen 
die Gemeinden 5337 Seelen unter einer Gesammt- 
bevölkerung von kaum mehr als 10 000. Im Herero- 
lande sind 3044 Christen, in den dortigen Missions- 
schulen 1748 Schüler. 
Troß mannigfacher aus den kriegerischen Ver- 
hältnissen und anderen Umständen entspringender 
Hindernisse haben die 19 rheinischen Missionare nicht 
nur treulich ausgehalten, sondern haben mit Mäßigung 
und Beharrlichkeit ihre Arbeit verrichtet. Hervorzu- 
heben ist, daß es möglich war, fünf neu ausgebildete 
Gehülfen im Hererolande anzustellen, daß die Berg- 
damara (38.000 Seelen) mehr als bisher mit dem 
Evangelium bedient werden konnten, und daß die 
Witbooischen Leute trotz ihres wilden Lebens boch 
Christen bleiben wollten. 
Aus der Zeitschrift „Die katholischen Missionen= 
entnehmen wir: Die erste Abtheilung der Schwestern 
U. L. Frau von Afrika, der „Weißen Frauen“, hat 
ihren Bestimmungsort im Herzen des schwarzen 
Erdtheils glücklich erreicht. P. Gerboin, Provikar 
von Unyanyembe, traf mit seiner Karawane nach 
einem beschwerlichen Marsche am 21. Oktober v. Is. 
in der Station U. L. Frau von der Hülfe ein, wäh- 
rend Msgr. Lechaptois, apostol. Vikar von Tan- 
ganyika, am 24. November Karema erreichte. Troß 
der ungewohnten Strapazen sind alle Schwestern 
gesund geblieben. Ihre Erscheinung ist für die guten 
Schwarzen ein wahres Weltwunder, da die meisten 
noch nie eine weiße Frau gesehen. „Täglich“, so 
schreibt F. Capus, „wurden wir vor der Ankunft 
der Schwestern mit Fragen aller Art bestürmt. 
2 Sind sie verheirathet — AMein, es sind gott- 
geweihte Jungfrauenl. — „Was werden sie hier 
thun?e — „Die Frauen unterrichten, wie wir die 
Männer.“ — „Werden sie dieselben auch nähen, 
spinnen, weben lehren?# — „Gewiß.“ — »O, dann 
sollen sie bald kommen; unsere Weiber sind faul und 
verstehen nichts als kochen und das Land bestellen. 
Nun werden die weißen Frauen sie lehren, schöne 
  
Stoffe machen, und wir werden alle schöne Kleider 
bekommené u. s. w. Nach ihrer Ankunft kamen ganze 
Prozessionen, um die weißen Frauen anzustaunen, 
und das Missionshaus ist von Neugierigen beständig 
umlagert.“ Die Ankunft der Schwestern ist für die 
blühende Mission einc unschätzbare Wohlthat. 
Dem im Juniheft von „Afrika“ abgedruckten Ge- 
schäftsberichte des Hauptvorstandes des evangelischen 
Afrika-Vereins vom 10. Mai d. Is. entnehmen 
wir Folgendes: 
„Was die praktische Verwirklichung der Ziele des 
Vereins angeht, so ist die Anlage einer Aufnahme- 
stätte für befreite Sklaven in Ostafrika in bestimmte 
Aussicht genommen. Es sind Unterhandlungen au- 
gelnüpft, um den nöthigen Grundbesitz entweder im 
Hinterlande von Dar-es-Saläm oder in Usambara 
zu erwerben. Da bereits besondere Gelder für diesen 
Zweck eingegangen sind, so steht zu erwarten, daß 
dies Erstlingswerk des Vereins in nicht zu ferner 
Zeit ausgeführt werden kann. 
Ein weiteres Ziel, die Enisendung von Aerzten 
in unsere Schutgebiele, ist in der Weise verfolgt 
worden, daß zunächst einem jungen Mediziner durch 
ein jährliches Stipendium von 600 Mark das Stu- 
dium erleichtert wird, wofür sich derselbe verpflichtet 
hat, nach Ablegung der Staatsprüfung im Dienste 
unseres Vereins nach Afrika zu gehen. Außerdem 
hat der rheinische Provinzialverband unseres Vereins 
für die Einrichtung eines Krankenhauses in Tanga 
400 Mark zur Verfügung gestellt. Ferner hat man 
sein Augenmerk auf die Gründung bezw. Unterstützung 
evangelischer Schulen in unserem Schutzgebicte ge- 
richtet. Nach dieser Richtung ist gleichsalls insofern 
ein Anfang gemacht, als der genannte Verband un- 
seres Vereins für die Hottentottenschule in Berseba, 
für die Herero= und Bergdamaraschule in Okombahe 
je 300 Mark; für die deutsche Schule der Otyim- 
bingue 1000 Mark und für eine Erziehungsanslalt 
in Kamerun 300 Mark zur Verfügung gestellt hat. 
Der evangelische Afrika-Verein hat es sich serner 
zur Pflicht gemacht, für den Schuß der Eingeborenen 
einzutreten. Er hat im vergangenen Jahre eine gut 
besuchte Volksversammlung veranstaltet, auf welcher 
Missionsinspeltor Merensky über „Die Sklaverei in 
Afrika“, und der Generalsekretär des Vereins über 
„Die Pflicht des Deutschen Reiches gegenüber der 
Sklaverei in Afrika“ sprachen und welche einen höchst 
befriedigenden Verlauf nahm. Weiter hat der Haupt- 
vorstand im Interesse der Eingeborenen der deutsch- 
ostafrikanischen Schutzgebiete den Erlaß wirksamer 
Anordnungen gegen etwaige Uebergriffe von Beamten 
und Privatpersonen bei dem Herrn Reichskanzler 
beantragt und darauf eine sehr entgegenkommende 
Erwiderung erhalten, welche wir wenigstens in ihren 
einleitenden Worten wiedergeben: 
„ Auf die Eingabe des evangelischen Afrika-Vereins 
beehre ich mich ganz ergebenst zu erwidern, daß die
	        
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