— 3 —
Die Regierung hat keinerlei Kenntniß von den ungesetzlichen Handlungen, die nach einem Telegramm
des H. v. Wissmann ihren Angestellten im Gebiete des Tauganyika zum Vorwurf gemacht werden; sie
legt aber Werth darauf, nunmehr zu erklären, daß sie die von der Kaiserlichen Regierung angekündigte
Mittheilung mit dem aufrichtigsten Wunsche prüfen wird, die Beziehungen zwischen dem Staat und den
deutschen Besichungen auf den bestnachbarlichen Fuß zu stellen. Sie hofft, daß die deutsche Regierung auch
ihrerseits in demselben Sinne die Mittheilungen aufnehmen wird, die sie ihr über den Waffenhandel und
Schmuggel zu machen hat, der im Seengebiete von früheren arabischen Sklavenhändlern betrieben wird,
die den Wunsch hegen, zu ihrem ehemaligen unerlaubten Treiben zurückzukehren.
Ich bennutze u. s. w. u. s. w. (gez.) Edmond van Eetvelde.
Seiner Excellenz Herrn Grafen v. Alvensleben u. s. w. u. s. w.
Nr. 4.
Brüssel, den 6. Dezember 1895.
Herr Graf, 4
Im Anschluß an mein Schreiben vom 3. d. Mts.“) habe ich die Ehre, Eurer Excellenz bei-
folgend einen Check über 100 d00 Francs zu übersenden, ausgestellt auf die Nationalbank an die Ordre
der Legationskasse in Berlin.
Ich benutze u. s. w. u. j. w. (gez.) Edmond van Eetvelde.
Seiner Excellenz Herrn Grafen v. Alvensleben u. s. w. u. s. w.
Brüssel, den 9. Dezember 1895.
Der Unterzeichnete beehrt sich, dem Herrn Staatssekretär van Eetvelde auf die gefällige, seiner
hohen Regierung übermittelte Note vom 3. d. Mts. erhaltenem Auftrag gemäß Folgendes zu erwidern:
In der Note vom 20. November d. Is. hat die Regierung des Unabhängigen Kongostaats beziglich
der an ihre Beamten und Offiziere für ausgebrachtes Elfeubein zu zahlenden Prämien erklärt, daß diese
nicht bestehen und in Zukunft auch nicht bezahlt werden sollen. " « ,.
« In meiner Antwort vom 25, desselben Monats hat die Kaiserliche Regierung von diesem Ver-
sprechen Akt genommen, gleichzeitig aber der Voraussetzung Ausdruck gegeben, daß sich dasselbe nicht nur
auf Elfenbein, sondern auf alie Produkte, insbesondere auf Gummi, beziehen soll. *“ . .
In der Note vom 3. Dezember d. Is. glaubt die Regierung des Unabhängigen Kongostaats sich
dagegen verwahren zu sollen, daß die Zahlung derartiger Handelsprämien an ihre Beamten mit ihren
internationalen Verpflichtungen in Widerspruch stehe, und fügt hinzu, daß solche Prämien nicht bestehen.
Die in der Note vom 20. v. Mts. enthaltene — dort nur für Elfenbein ausgesprochene — Zusage, daß
auch in Zukunft derartige Prämien nicht gezahlt werden sollen, wird in der jüngsten Note vom 3. d. Mts.
bezüglich der anderen Produkte und des Gummis nicht wiederholt, vielmehr durch die ausgesprochene Ver-
wahrung der Vorbehalt, wenn auch in verschleierter Form, gemacht, daß die Regierung des Unabhängigen
Kongostaats in der Einführung solcher Prämien unbeschränkt sei. 4
Diesen Standpunkt vermag die Kaiserliche Regierung nicht anzuerkennen; sie kann auch ihr Be-
fremden nicht verhehlen, daß die Regierung des Unabhängigen Kongostaats den Anschein erweckt, Zusagen
zurücknehmen zu wollen, die sie kurz vorher gemacht hat. .
Die Kaiserliche Regierung ist der Ansicht, daß die Freiheit des Handels, wie sie durch die Kongo-
akte gewährleistet ist, durch die Zahlung von Prämien für den Erwerb von Landeserzeugnissen an die
gleichzeitig mit öffentlichen Funktionen ausgestatteten Beamten und Offiziere der selbst Handel treibenden
Regierung in hohem Maße beeinträchtigt wird. Es liegt auf der Hand, daß von einem freien Wettbewerb
nicht die Rede sein kann, wenn auf der einen Seite einfache Kaufleute mit den Eingeborenen Handel
treiben und auf der anderen Seite den letzteren als Handeltreibende Beamte und Offiiere gegenüberstehen,
die in ihrer Eigenschaft als Vertreter der Regierung Gewalt über jene zu üben haben und oft Herren
über Leben und Tod sind.
« Die Kaiserliche Regierung würde es lebhaft bedauern, wenn die Regierung des Unabhängigen
Kongostaats sich zu den vorstehenden Grundsätzen nicht bekennen sollte. Ob dies geschieht oder nicht, ist
wesentlich eine Frage, die die Regierung des Unabhängigen Kongostaats mit Rücksicht auf ihr Ansehen
und auf ihr Verhältniß zu den Regierungen civilisirter Staaten zu treffen hat. Die Kaiserliche Regierung
aber hat das überaus praktische Interesse, in keiner Weise mehr durch Zahlung solcher Prämien die eigenen
Angehörigen geschädigt zu sehen. Deshalb muß die Kaiserliche Regierung noch vor vollständiger Erledigung
des ganzen Streitfalles unbedingt verlangen, daß die Regierung des Unabhängigen Kongostaats ihr unum-
wunden und ohne jeden Vorbehalt die Zusage macht, daß auch in Zukunft die mehrgenannten Prämien
ebenso wenig für Gummi und andere Landesprodukte als für Elfenbein an Beamte und Offiziere des
Kongostaates werden gezahlt werden.
*) Aergleiche Nr. 3.