Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

bestimmter, auf der Durchreise dorthin befindlicher 
französischer Beamter anwesend. Die Expedition des 
Administrateurs Fourneau hatte Ouesso bereits am 
13. Februar verlassen, um in südwestlicher Richtung 
Gabun zu erreichen. Herr Fourneau hat zwei Offi- 
ziere, darunter seinen Bruder, einen Arzt und einen 
Unteroffizier, 200 Träger und 30 Soldaten (Sene- 
galesen) mit sich. Als Zweck seiner Expedition werden 
die Vorarbeiten für eine von Libreville nach Ouesso 
und vielleicht später darüber hinaus nach dem Oubangi 
zu führende Eisenbahn angegeben. 
Von Ouesso schickte ich am 11. d. Mts. die Ex- 
pedition unter dem Assistenten v. Lüdinghausen 
den Ngoko hinauf voran, während ich selbst noch 
einen Tag dort blieb und dann mit dem Agenten 
der Sociétc Anonyme Belge, Herrn van Beers, 
der jene Gegenden genau kennt, am 12. auf dem 
kleinen Schraubendampfer der Socicte Anonyme 
Belge „Katanga“ nachfolgte. Der Ngoko ist durch- 
schnittlich 120 bis 200 m breit, meist ziemlich tief, 
fast ganz ohne Sandbänke und Inseln mit meist 
steinigem Grund, das Fahrwasser ist weit besser als 
das des Sanga; auf der Strecke von Ouesso bis 
hierher liegen nur ganz vereinzelte kleine Dörfer am 
Ufer. Am 13. traf ich mit v. Lüdinghausen 
gleichzeitig bei der Faktorei der Socicté Anonyme 
Belge am rechten Ufer des Ngoko ein und nahm 
daselbst vorläufig Quartier. 
Da Reisen auf derartige Distanzen in Booten 
stromaufwärts heutzutage von größeren Expeditionen 
wohl ziemlich selten ausgeführt werden, so ist es 
vielleicht von Interesse, einige Zahlen über die zu- 
rückgelegten Strecken zu geben. 
Die Entfernung von Bonga bis Ngoko beträgt, 
die Flußkrümmungen mit eingerechnet, etwa 640 Kkm. 
Die Strecke ist in 32 Tagen, einschl. 4 Ruhetagen, 
zurückgelegt worden. Während der 28 Reisetage 
wurde im Ganzen etwa 210 Stunden gerudert, so 
daß im Durchschnitt 2,66 km pro Stunde zurück- 
gelegt sind. Der Gesundheitszustand ließ zu wünschen 
übrig, es starben während der Reise zwei Leute am 
Fieber und einer an Dysenterie, doch waren alle 
drei bereits in Kinshassa krank und von Beginn der 
Reise an arbeitsunfähig. Es kamen außerdem zwölf 
Dysenteriefälle und zwei Fälle von Lungenentzündung 
vor, doch sind alle Leute jetzt völlig wieder her- 
gestellt. Der Gesundheitszustand der Europäer war 
während der ganzen Zeit gut. 
Ich habe gleich am ersten Tage mit den Vor- 
bereitungen zur Anlage einer Station in Ngoko be- 
gonnen, um die Expedition möglichst schnell auf 
deutschem Gebiet unterbringen zu können. Der ge- 
gebene Platz für die Station ist ein Hügel, der sich 
gerade gegenüber den Faktoreien, vom Flusse an- 
steigend, etwa 100 m über den Flußspiegel erhebt 
und auch nach der Wautersschen Karte zweifellos 
auf deutschem Gebiet liegt. Ich mußte ihn auf 
Elefantenpfaden ersteigen, habe jetzt jedoch einen 
breiten, geraden Weg von oben bis zum Flusse durch- 
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geschlagen. Eine Quelle habe ich bisher in der Nähe 
des Gipfels noch nicht gefunden, obwohl viele Anzeichen 
auf das Vorhandensein von Wasser hindeuten, doch 
ist dies ganz unbedenklich, da der Fluß vom Gipfel 
nur etwa 900 m entfernt ist. Ich halte es für 
besonders wichtig, die Station so hoch zu legen, da 
die Gesundheitsverhältnisse hier am Ngoko nach den 
Aussagen der Kaufleute, die durch die zahlreichen 
Krankheitsfälle bestätigt werden, sehr ungünstig sein 
sollen. Der Hügel ist mit dichtem Busch und verein- 
zelten hohen Bäumen bestanden, das Freihauen erfordert 
eine erhebliche Arbeit. Ein ganz vorzüglicher Lehm 
zum Herstellen von Ziegeln ist am Fuß des Hügels 
vorhanden, ebenso gutes Bau= und Tischlerholz in 
hinreichender Menge. Ich hoffe die Expedition in 
kurzer Zeit unter Dach und Fach bringen zu können, 
jedenfalls wird mit aller Macht daran gearbeitet. 
Daß dieser Platz der gegebene für den Sitz der 
neuen Verwaltung ist, glaube ich bestimmt, da hier 
die bequeme Schiffbarkeit des Ngoko für größere 
Boote aufhört und die Faktoreien hier wohl stets 
ihre Hauptdepots haben werden, von denen aus sie 
die vorgeschobenen Posten versorgen, bezw. von wo 
aus das Elfenbein in die Dampfer verladen werden 
wird. Was die Bevölkerung anbetrifft, so sitzen hier 
im Dorf Ngoko und der nächsten Umgegend die 
Misanga, hinter ihnen bis zum Sanga hin die Nzimu 
(wohl identisch mit den Fan Dzem der Wauters- 
schen Karte). Die Misanga waren bis vor einigen 
Monaten mit den NzZimu in Zwietracht und waren 
aus Furcht vor ihnen auf das rechte User des Ngoko 
geflohen, jetzt sind sie wieder zum größten Theil zu- 
rückgekehrt und haben wieder begonnen Farmen zu 
bauen, sie begrüßten mich mit großer Freude, da sie 
im Schutz der Station von Nzimu in Ruhe gelassen 
zu werden hoffen. Bis die sehr ausgedehnten Farmen 
der Misanga Früchte tragen werden, was wohl noch 
4 bis 5 Monate dauern kann, sieht es mit den Ver- 
pflegungsverhältnissen übel aus. Die Misanga selbst 
kaufen ihre Lebensmittel von den einige Stunden 
entfernten Nzimu, die sehr große Anpflanzungen, be- 
sonders von Bananen, haben. Ich lasse den Lebens- 
unterhalt für meine Leute auch bei den Nzimu kanfen, 
was mit einigen Schwierigkeiten verbunden ist, da 
die Nzimu sehr mißtrauisch und ängstlich meinen 
Leuten gegenüber sind, doch hoffe ich, daß sich das 
geben wird. 
Da dieganze Gegend sehr fruchtbar ist und leicht eine 
zahlreiche Bevölkerung ernähren kann, so werden sich 
die Verpflegungsverhältnisse sowohl für die Station 
als auch für die Handelsgesellschaften sicher sehr 
günstig gestalten, nachdem die Misanga sich wicder 
angesiedelt haben. 
Die Lebensmittelpreise hier sind freilich enorm 
hoch, besonders die Fleischpreise, so kostet eine Ziege 
in Waaren etwa 30 Frcs., ein Huhn gegen 2 Frcs. 
Es steht zwar zu hoffen, daß der Fleischbedarf der 
Leute durch die Jagd, die hier recht gut sein soll, 
zum größten Theil gedeckt werden kann, doch ist es
	        
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