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Artikel 11.
Sämmtliche in die Linien einzustellenden Dampfer dürfen in ihrer Bauart und Einrichtung,
namentlich in Bezug auf Sicherheit und Bequemlichkeit für die Reisenden sowie hinsichtlich der Verpflegung
den auf denselben Linien laufenden Postdampfern anderer Nationen nicht nachstehen und müssen insbesondere
den nachstehenden Anforderungen entsprechen.
Die Dampfer sollen, abgesehen von den für die Schiffsbesatzung und den zur Aufnahme der Post
und deren etwaigen Begleiter bestimmten Räumlichkeiten, Einrichtungen zur Beförderung von Reisenden
dreier verschiedener Klassen haben.
Die Räume müssen mit allen für die Reisenden nothwendigen Gegenständen ausgerüstet sein. In
den Räumlichkeiten der dritten Klasse sind Schlafeinrichtungen, bestehend aus Matratze und Kopfkissen, in
genügender Anzahl herzurichten. Für einzeln reisende Personen weiblichen Geschlechts sind besondere Ab-
theilungen herzurichten, welche verschließbar sein müssen.
An Bord jedes Dampfers muß sich ein in Deutschland approbirter Arzt befinden.
Hinsichtlich der Eintheilung des Schiffsraums in wasserdichte Abtheilungen, der Ausrüstung mit
Booten, Rettungsgeräthen und Sicherheitsrollen, der Feuerlöscheinrichtungen, der Einrichtung zur Herstellung
von Frischwasser, der Ausstattung mit Krankenräumen und Arzneimitteln müssen die Dampfer den Vor-
schriften des Bundesraths über Auswandererschiffe entsprechen. Soweit danach bezüglich der Prüfung der
Schotteintheilung der See-Berufsgenossenschaft oder deren Organen Befugnisse vorbehalten sind, stehen die-
selben für die Reichs-Postdampfer dem Reichskanzler zu. Der Reichskanzler ist befugt, in allen Fällen die
Vorlage von Schwimmfähigkeitsberechnungen zu verlangen.
5 Die Dampfer müssen die von der Marineverwaltung als erforderlich bezeichneten Schiffspläne an
ord führen.
Rücksichtlich der Zwischenlinie bleibt dem Reichskanzler die Befugniß zur Ermäßigung der in diesem
Artikel gestellten Anforderungen vorbehalten.
Artikel 12.
In die Linien einzustellende neue Dampfer müssen auf deutschen Werften und thunlichst unter
Verwendung deutschen Materials gebaut werden.
Die Pläne für den Bau unterliegen der Genehmigung des Reichskanzlers und sind in drei Exemplaren
einzureichen.
Die Schiffe sind zur höchsten Klasse beim Germanischen Lloyd zu klassifiziren. Die an den Dampfern
vorzunehmenden größeren Instandsetzungen müssen, soweit thunlich, ebenfalls auf deutschen Werften zur
Ausführung gelangen.
Artikel 13.
Der Kohlenbedarf für die Dampfer ist, soweit er in deutschen Häfen oder in dem nach Artikel 1
anzulaufenden niederländischen oder belgischen Hafen eingenommen wird, ausschließlich durch deutsches Er-
zeugniß zu decken. Abweichungen hiervon sind nur mit Genehmigung des Reichskanzlers zulässig. In
denselben Häfen ist der Proviant thunlichst aus deutschen Quellen zu beziehen.
Artikel 14.
Alle in die Fahrt einzustellenden Dampfer müssen vorher durch Sachverständige, welche der Reichs-
kanzler ernennt, geprüft und als den Anforderungen genügend anerkannt sein.
Der Reichskanzler ist berechtigt, diese Prüfung während der Vertragsdauer jederzeit wiederholen
zu lassen und aus Grund des Ergebnisses der Prüfung ein Schiff für ungeeignet zu erklären. In letzterem
Falle ist der Unternehmer verpflichtet, binnen der ihm gestellten Frist das betreffende Schiff zurückzuziehen
und für einen geeigneten Ersatz nach Maßgabe der im Artikel 15 getroffenen Festsetzungen zu sorgen.
Kommt der Unternehmer dieser Verpflichtung nicht nach, so hat derselbe für jeden Tag der verspäteten
Einstellung eines geeigneten Schiffes eine Strase von 300 (dreihundert) Mark zu zahlen.
Die in Deutschland und den betreffenden ausländischen Häfen geltenden gesetzlichen Bestimmungen
über die amtlichen Besichtigungen 2c. der zur Personenbeförderung dienenden Dampfsschiffe hat der Unter-
nehmer unter eigener Verantwortlichkeit und auf seine Kosten zu erfüllen.
Artikel 15.
Im Falle ein auf den Vertragslinien verwendetes Schiff in Verlust geräth, hat der Unternehmer
einen neuen Dampfer zu beschaffen und bis zu dessen Fertigstellung für den ungestörten Fortgang des
Dienstes Sorge zu tragen. Vorübergehend können in solchem Falle sowie bis zur Fertigstellung der nach
Artikel 9 neu zu erbauenden Schiffe an Stelle der letzteren mit Genehmigung des Reichskanzlers auch
Schiffe eingestellt werden, welche nicht allen vertragsmäßigen Bedingungen entsprechen.
Zum Ersatz eines in Verlust gerathenen Schiffes durch einen allen Bedingungen Genüge leistenden
neuen Dampfer wird eine Frist von 18 Monaten gewährt. Erfolgt der Ersatz in dieser Zeit nicht, so hat
der Unternehmer eine Strafe von 300 (dreihundert) Mark für jeden Tag der verspäteten Einstellung des
neuen Schiffes zu zahlen.