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Nunmehr hat auch ein Arzt, welcher in Hamburg
und in Berlin — hier unter persönlicher Leitung
des Geheimraths Koch — sich mit den neuesten Er-
gebnissen der ärztlichen Wissenschaft über die Pest
vertraut gemacht hat, der Oberarzt Dr. Bluemchen
von der Schutztruppe für Südwestafrika, mit einem
kompleten bakteriologischen Laboratorium, mit den
nöthigen Versuchsthieren 2c. die Ausreise nach dem
Schutzgebiete angetreten. Er ist beauftragt worden,
die hygienischen Verhältnisse an den Küstenplätzen
bezüglich der Pestgefahr zu untersuchen, den Ver-
waltungsbehörden Bericht zu erstatten und an der
Abwehr der Seuche mitzuarbeiten.
begetationsverhältnisse in Swakopmund.
Vor ungefähr einem Jahre wurde von dem
Regierungsbaumeister Ortloff damit begonnen, Ver-
suche anzustellen, ob in dem Küstenstriche bei Swa-
kopmund, der im Gegensatz zu dem Innern des
Schutzgebietes bekanntlich einen unfruchtbaren Charakter
hat, nicht doch etwas Vegetation zu schaffen wäre.
Ueber das, was in dieser Zeit erreicht ist, berichtet
der Genannte, wie foldgt:
Durch die Sonnenstrahlen werden hier am Tage
die Sandkörner stark erhitzt, sie können aber die
Wärme nicht in sich aufspeichern, sondern geben sie
nach Sonnenuntergang schnell wieder an die Luft
ab. Deshalb findet auch beim Eintritt der Nacht
cine starke Thaubildung statt. Die Feuchtigkeit hat
jedoch nur wenig Zeit, in die Erde selbst einzu-
dringen, da schon beim ersten Sonnenstrahl eine Ver-
dunstung des gesammelten Wassers stattfindet. Es
können daher bei so wenig günstigen Lebens-
bedingungen hier auch nur solche Pflanzen gedeihen,
die mit kärglicher Nahrung zufrieden sind, plötzliche
Temperaturschwankungen zu ertragen vermögen und
gegen große Wasserverluste infolge von Ausschwitzung
genügend geschützt sind.
Die beiden einzigen hier vorgefundenen und wild
wachsenden Pflanzen lassen diese Lebensfähigkeiten in
interessanter Weise erkennen. Der Bau der Pflanzen-
organe dieser Salzpflanzen oder Halophyten zeigt
deutlich, wie dieselben sich ihrem Standorte angepaßt
haben. Bei Arthraerna Leibnitziae ist dies geschehen
durch eine Art Schutzmittel gegen zu schnelle Ver-
dunstung, indem eine derartig starke Reduktion der
Blattflächen stattgefunden hat, daß scheinbar nur die
Blattstiele übrig geblieben sind. Die zweite der
Pflanzen hat sich dadurch lebensfähiger gemacht, daß
die dem Winde ausgesetzte Blattseite eine bastartige
Schutzdecke erhalten hat.
Eine Untersuchung des mittelfeinen Sandes hinter
dem Strande ließ denselben als zum größtem Theile
aus unlöslichem Quarz und Glimmer bestehend er-
lennen, dem aber in sehr reichlicher Menge das
weitere Verwitterungsprodukt des Granits, Feldspath,
beigemengt war. Nährsalze waren demnach in
Menge vorhanden, es müßten nur Stickstoffe und
Wasser zugeführt werden, um Leben erstehen zu
lassen. Stickstoffe waren reichlich vorhanden in den
hiesigen Esels= und Pferdekraalen, Wasser wurde
durch die Wasserleitung erschlossen. Ein kleiner
Versuchsgarten wurde bei meinem Wohnhause an-
gelegt, indem zuerst durch Anpflanzen der im Swakop
vorkommenden wilden Tabaksträucher etwas Schutz
gegen die starken Seewinde geschaffen wurde. Ein
Drittel des im Swakop befindlichen Schlickes, ein
Drittel Eselsdung und ein Drittel des vorhandenen
Sandes bildeten das Bett dieser Sträucher. Die-
selben gediehen sehr gut, nur wurde eine Ver-
änderung in der Blattform bei ihnen festgestellt, in-
dem die großen breiten, aber ziemlich dünnen Blätter,
wie der wilde Tabak sie an seinem ursprünglichen
Standort entfernt von der See zeigte, sich um-
wandelten in solche von geringerer Größe, aber
größerer Dicke. Vielleicht auch eine Anpassung an
den neuen Standort, der dem salzhaltigen Seewinde
näher lag.
Im Schutze dieser Sträucher, die nicht allein
den Seewind, sondern auch zum großen Theil die
sengenden Sonnenstrahlen abhielten, wurde nun ver-
sucht, Eichen, Kiefern, Wachholder und Eukalyptus-
arten anzupflanzen, die ich als kleine Bäumchen von
rund 0,5 m Höhe aus Kapstadt eingeführt hatte.
Der Versuch mißlang, wie vermuthet wird, weil die
Athmungsorgane der Pflanzen durch das nieder-
fallende Salz des Seewindes zugestopft wurden.
Nicht besser erging es jungen Dattelpalmen, aus
Las Palmas bezogen, sowie Weinstecklingen und
Feigen aus Klein Windhoek. Nun wurde die An-
zucht aus Samen versucht. Im Frühbeet wurden
Dattelpalmen und Port Jackson (Acacia Cyanophylla)
gesät, und nachdem die jungen Pflänzchen kräftig
genug erschienen, ausgepflanzt. Diesmal war der
Versuch von Erfolg gekrönt. Die Palmen im Freien
zeigen schon das dritte Blatt, von Port Jackson sind
einige Exemplare als Sträucher gezogen, 1,80 m
hoch und 0,6 m breit, andere, zu Bäumen bestimmt,
2,.20 m hoch bei 3 cm Stammstärke. Bei diesen
letzteren wurde ein tägliches Wachsen von 1,5 cm
beobachtet.
Zur Erzeugung von Rasenflächen hat sich aus
Europa bezogener Grassamen als unbrauchbar er-
wiesen, dagegen wurden mit Lolium perenne (engl.
Raygras) aus Kapstadt gute Erfolge erzielt. An
Blumen gedeihen besonders Levkojen, Löwenmaul,
Reseda, Skabiosen, Lobelien, Petunien, Primeln und
dergleichen mehr. Recht lohnend sind die Versuche
zum Anbau von Gemüse gewesen. Die ersten
Pflänzchen wurden im Frühbeet aus Samen gezogen
und ausgepflanzt. Zuletzt gediehen schon ebenso gut
solche im Freien, aus Samen gezogen. Im Versuchs-
garten wachsen Blumenkohl, Roth-, Weiß= und Wirsing-
kohl, Kohlrabi, Salat, Gurken, Kartoffeln und Cham-
pignons. Geerntet kann zweimal im Jahre werden,
die Kartoffeln brachten durchschnittlich den achtfachen
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