Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

— 317 
Nunmehr hat auch ein Arzt, welcher in Hamburg 
und in Berlin — hier unter persönlicher Leitung 
des Geheimraths Koch — sich mit den neuesten Er- 
gebnissen der ärztlichen Wissenschaft über die Pest 
vertraut gemacht hat, der Oberarzt Dr. Bluemchen 
von der Schutztruppe für Südwestafrika, mit einem 
kompleten bakteriologischen Laboratorium, mit den 
nöthigen Versuchsthieren 2c. die Ausreise nach dem 
Schutzgebiete angetreten. Er ist beauftragt worden, 
die hygienischen Verhältnisse an den Küstenplätzen 
bezüglich der Pestgefahr zu untersuchen, den Ver- 
waltungsbehörden Bericht zu erstatten und an der 
Abwehr der Seuche mitzuarbeiten. 
  
begetationsverhältnisse in Swakopmund. 
Vor ungefähr einem Jahre wurde von dem 
Regierungsbaumeister Ortloff damit begonnen, Ver- 
suche anzustellen, ob in dem Küstenstriche bei Swa- 
kopmund, der im Gegensatz zu dem Innern des 
Schutzgebietes bekanntlich einen unfruchtbaren Charakter 
hat, nicht doch etwas Vegetation zu schaffen wäre. 
Ueber das, was in dieser Zeit erreicht ist, berichtet 
der Genannte, wie foldgt: 
Durch die Sonnenstrahlen werden hier am Tage 
die Sandkörner stark erhitzt, sie können aber die 
Wärme nicht in sich aufspeichern, sondern geben sie 
nach Sonnenuntergang schnell wieder an die Luft 
ab. Deshalb findet auch beim Eintritt der Nacht 
cine starke Thaubildung statt. Die Feuchtigkeit hat 
jedoch nur wenig Zeit, in die Erde selbst einzu- 
dringen, da schon beim ersten Sonnenstrahl eine Ver- 
dunstung des gesammelten Wassers stattfindet. Es 
können daher bei so wenig günstigen Lebens- 
bedingungen hier auch nur solche Pflanzen gedeihen, 
die mit kärglicher Nahrung zufrieden sind, plötzliche 
Temperaturschwankungen zu ertragen vermögen und 
gegen große Wasserverluste infolge von Ausschwitzung 
genügend geschützt sind. 
Die beiden einzigen hier vorgefundenen und wild 
wachsenden Pflanzen lassen diese Lebensfähigkeiten in 
interessanter Weise erkennen. Der Bau der Pflanzen- 
organe dieser Salzpflanzen oder Halophyten zeigt 
deutlich, wie dieselben sich ihrem Standorte angepaßt 
haben. Bei Arthraerna Leibnitziae ist dies geschehen 
durch eine Art Schutzmittel gegen zu schnelle Ver- 
dunstung, indem eine derartig starke Reduktion der 
Blattflächen stattgefunden hat, daß scheinbar nur die 
Blattstiele übrig geblieben sind. Die zweite der 
Pflanzen hat sich dadurch lebensfähiger gemacht, daß 
die dem Winde ausgesetzte Blattseite eine bastartige 
Schutzdecke erhalten hat. 
Eine Untersuchung des mittelfeinen Sandes hinter 
dem Strande ließ denselben als zum größtem Theile 
aus unlöslichem Quarz und Glimmer bestehend er- 
lennen, dem aber in sehr reichlicher Menge das 
weitere Verwitterungsprodukt des Granits, Feldspath, 
beigemengt war. Nährsalze waren demnach in 
  
Menge vorhanden, es müßten nur Stickstoffe und 
Wasser zugeführt werden, um Leben erstehen zu 
lassen. Stickstoffe waren reichlich vorhanden in den 
hiesigen Esels= und Pferdekraalen, Wasser wurde 
durch die Wasserleitung erschlossen. Ein kleiner 
Versuchsgarten wurde bei meinem Wohnhause an- 
gelegt, indem zuerst durch Anpflanzen der im Swakop 
vorkommenden wilden Tabaksträucher etwas Schutz 
gegen die starken Seewinde geschaffen wurde. Ein 
Drittel des im Swakop befindlichen Schlickes, ein 
Drittel Eselsdung und ein Drittel des vorhandenen 
Sandes bildeten das Bett dieser Sträucher. Die- 
selben gediehen sehr gut, nur wurde eine Ver- 
änderung in der Blattform bei ihnen festgestellt, in- 
dem die großen breiten, aber ziemlich dünnen Blätter, 
wie der wilde Tabak sie an seinem ursprünglichen 
Standort entfernt von der See zeigte, sich um- 
wandelten in solche von geringerer Größe, aber 
größerer Dicke. Vielleicht auch eine Anpassung an 
den neuen Standort, der dem salzhaltigen Seewinde 
näher lag. 
Im Schutze dieser Sträucher, die nicht allein 
den Seewind, sondern auch zum großen Theil die 
sengenden Sonnenstrahlen abhielten, wurde nun ver- 
sucht, Eichen, Kiefern, Wachholder und Eukalyptus- 
arten anzupflanzen, die ich als kleine Bäumchen von 
rund 0,5 m Höhe aus Kapstadt eingeführt hatte. 
Der Versuch mißlang, wie vermuthet wird, weil die 
Athmungsorgane der Pflanzen durch das nieder- 
fallende Salz des Seewindes zugestopft wurden. 
Nicht besser erging es jungen Dattelpalmen, aus 
Las Palmas bezogen, sowie Weinstecklingen und 
Feigen aus Klein Windhoek. Nun wurde die An- 
zucht aus Samen versucht. Im Frühbeet wurden 
Dattelpalmen und Port Jackson (Acacia Cyanophylla) 
gesät, und nachdem die jungen Pflänzchen kräftig 
genug erschienen, ausgepflanzt. Diesmal war der 
Versuch von Erfolg gekrönt. Die Palmen im Freien 
zeigen schon das dritte Blatt, von Port Jackson sind 
einige Exemplare als Sträucher gezogen, 1,80 m 
hoch und 0,6 m breit, andere, zu Bäumen bestimmt, 
2,.20 m hoch bei 3 cm Stammstärke. Bei diesen 
letzteren wurde ein tägliches Wachsen von 1,5 cm 
beobachtet. 
Zur Erzeugung von Rasenflächen hat sich aus 
Europa bezogener Grassamen als unbrauchbar er- 
wiesen, dagegen wurden mit Lolium perenne (engl. 
Raygras) aus Kapstadt gute Erfolge erzielt. An 
Blumen gedeihen besonders Levkojen, Löwenmaul, 
Reseda, Skabiosen, Lobelien, Petunien, Primeln und 
dergleichen mehr. Recht lohnend sind die Versuche 
zum Anbau von Gemüse gewesen. Die ersten 
Pflänzchen wurden im Frühbeet aus Samen gezogen 
und ausgepflanzt. Zuletzt gediehen schon ebenso gut 
solche im Freien, aus Samen gezogen. Im Versuchs- 
garten wachsen Blumenkohl, Roth-, Weiß= und Wirsing- 
kohl, Kohlrabi, Salat, Gurken, Kartoffeln und Cham- 
pignons. Geerntet kann zweimal im Jahre werden, 
die Kartoffeln brachten durchschnittlich den achtfachen 
3
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.