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das hat seinen Grund darin, daß sämmtliche Lebens-
mittel — namentlich Durra und süße Kartoffeln, aber
auch Erdnüsse, Kürbisse, Oel 2c. — auf dem Markt
gehandelt werden, weil nicht jeder Mann baut, was er
braucht, wie es sonst der Fall ist, sondern kauft, was
oft lageweit hergebracht wird. Die Preise sind hoch.
Es wird um Zeug und Kauris gehandelt, die Werthe
sind bei dem großen Angebot gering, und einheimische
Zeuge werden besser bezahlt, als die allerdings
schlechten englischen Stoffe. Die Stadt liegt am
Fuße zweier Berge in einer weiten, steinbedeckten Ebene,
die den Biehheerden der Fullahs keine zu günstigen
Lebensbedingungen gewährt. Namentlich macht in der
Trockenzeit die Wasserversorgung oft Schwierigkeiten.
Am 16. und 17. Dezember nahm die Expedition
in den Fullahsiedelungen Mao Bure und Sombulabo
Quartier, die nach dem Marktflecken Banti handeln.
Lebensmittel gab es hier wenig, und in Sombulabo
wollte man uns trotz höchsten Gebotes (sechs Stücken
Zeug = 48 m) kein Rind verkaufen. Da die Expe-
dition für den nun folgenden dreitägigen Hochgebirgs-
marsch durch das Genderomassiv unter allen Um-
ständen versorgt sein mußte, nahm ich am 18. Dez.
den Dorfältesten aus Sombulabo bis Rumde Jakuba
(den ersten Lagerplatz im Gebirge) mit, wo dann
auch in der That von seinen Leuten zwei Schlacht-
ochsen gestellt wurden, deren Fleisch bis nach Dodo,
wo wir am 20. Dezember einzogen, reichen mußte.
Am 19. hatten wir am Mao Bumedje, dicht unter-
halb der Genderospitze, biwakirt. Gegen 6 Uhr
abends erst traf die Expedition hier ein; elf Stunden
auf steinigen Gebirgspfaden, bergauf, bergab hatten
die Träger in den letzten beiden Tagen durchgehalten.
Trotzdem ich nach Möglichkeit für Alles gesorgt hatte,
Zelte für sämmtliche Leute ausschlug, gaben diese
Genderotage der Gesundheit sämmtlicher Leute einen
harten Stoß. Tagsüber die glühende Sonne, die
die Waldleute nicht gewöhnt sind, nachts die niedrige
Temperatur (bis auf 6° C. sank am 19. Dez. das
Thermometer), die steinigen Wege, die veränderte
Kost (viel Fleisch, keine Pisangs), Alles vereinigt,
ließ die Krankenziffer von jetzt ab bedeutend steigen,
trotz größter Fürsorge.
500 m ging es am 20. Dezember in die Ebene
hinab, in der nun alle Gewässer schon dem Taraba,
also dem Niger, zuflietsen. Von den gefürchteten
Galimheiden, die die Gebirgsstraßen unsicher machen,
hatten wir nichts gesehen, und auch in dem zu Flegels
Zeiten als Räubernest berüchtigten Fullahort Dado
wurden wir freundlich ausgenommen. Die Stadt ist
befestigt, hat an 500 Gehöfte und macht einen wohl-
habenden Eindruck.
In der nun folgenden Ebene bis Konscha treten
die Gebirge weit seitlich zurück, hohes Gras wechselt
mit dornigem Buschwald; die Gegend ist wasserarm
und infolgedessen sehr schwach bevölkert, nur am Mao
Dube fanden wir einige armselige Siedelungen. Es
war glühend heiß, und unsere überall an reichliches
Wasser gewöhnten Träger litten unter Durst. Ich
marschirte deshalb — da Mondschein war — bis
nach Konscha, das wir am 23. Dezember erreichten,
nachts. Am 24. und 25. war Weihnachtsruhe, die
den Trägern sehr nöthig war. Konscha, die nörd-
lichste Stadt des Sultanats Banjo, wird vom Jerima
Abdul Kadri, einem Bruder Lamido Omarus, regiert,
zeigt aber nichts mehr von der früheren Größe und
Herrlichkeit. Menschen und mit ihnen Handel und
Wandel sind nach Banjo und Gasbaka gezogen. Die
Bedeutung des Banjosultanats, das die Expedition
in seiner ganzen Länge von Süden nach Norden
durchzogen hatte, beruht für uns lediglich in dem
Produktenhandel in seinen südlichsten Theilen und
den angrenzenden Heidenländern. Einen großen Theil
des Landes nehmen Gebirge und Flächen ein, auf
denen Heerden schönen Rindviehs weiden. Dieselben
sind aber nicht so zahlreich, wie man bei oberfläch-
licher Schätzung anzunehmen geneigt ist. Für den
Gebrauch in der Kolonie dürfte das Land bis an den
Gendero — wenn die Verbindungen eine Auf-
besserung erfahren — in Betracht kommen.
Die Bevölkerung ist mit Ausnahme von Banjo-
stadt und Gasbaka wenig zahlreich. Immerhin ist
ein Absatz billiger heimischer Industrieartikel — immer
neu anzulegende Straßen und Kassageschäft voraus-
gesetzt — möglich.
Am 26. und 27. Dezember marschirte die Expe-
dition weiter bis Laro, einer Landstadt, deren Lamido
reichsunmittelbar (das heißt unter Yola) war. (Ich
süge hinzu, daß jetzt sämmtliche großen und kleinen
Staatengebilde Adamauas, die nach deutsch-mittel-
alterlicher Art in feudaler Abhängigkeit zu Yola
standen, vertraglich der Regierung verpflichtet sind.)
Der Weg führt dauernd im Thal des Mao Deo
entlang, das gut angebaut ist. Ueberhaupt ist das
eigentliche Adamana, wenn ich den historischen Boden
von Yola mit den ursprünglichen Sitzen von Tibati,
Banjo und Ngaundere und den vielen kleinen selb-
ständigen Staaten im Benue= und Mao Kebbigebiet
so nennen darf, von der aus Fullahs, Kauris, Haussas
und Heiden gemischten Bevölkerung in guter Boden-
kultur gehalten.
Am 28. Dezember machte die Expedition den
letzten Nachtmarsch bis nach Djatau, wo der sarbige
Sergeant Dia mit neun der 4. und fünf Soldaten
der 2. Kompagnie, aus Garua kommend, zur Expe-
dition stieß. Er überbrachte die Nachricht von dem
Angriff des von den Engländern vertriebenen Emirs
Siberu von VYola auf das Lager des Hauptmanns
Cramer v. Clausbruch in Garua, der siegreich abge-
schlagen war und zur Zurücklassung einer Besatzung
geführt hatte, die unter Oberleutnant Radtke die
Expedition erwartete. Hauptmann v. Clausbruch
hatte auf dem Rückmarsch bereits Tschamba passirt und
war von hier nach Ngaundere abgebogen. Oberleutnant
Radtke lag gegen das mächtige Bubanjidda im Felde.
Die beiden letzten Märsche über Jauro Belo und
Durba hatten uns auf die Pfade der Uechtritz-
Passargeschen Expedition vom Jahre 1893/94 ge-
führt, die von Ngaundere kommend nach Westen in
das Tschebtschigebirge zog.