Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

Distriktskommissaren festgesetzt. Mehr wie 40 Stunden 
pro Monat darf die in Arbeit umgewandelte Steuer 
nicht betragen. Unter gewissen Verhältnissen kann 
die Steuer vom Generalgouverneur erlassen werden. 
Die Steuern dürfen nicht mehr von sogenannten 
Capitas oder Schildwachen, die mit besseren Feuer- 
wafsen ausgerüstet sind, eingetrieben werden. 
Bei Steuerverweigerung kann Zwangsarbeit auf- 
erlegt werden, welche sich jedoch im allgemeinen nicht 
über einen Monat erstrecken soll und nur in be- 
sonderen Fällen eine Dauer von drei Monaten 
erreichen darf. 
Für Weiße, welche den Eingeborenen gegenüber 
die Steuergesetzgebung in mißbräuchlicher Weise an- 
wenden, find besondere Strafen angedroht. 
Der Bericht der Generalsekretäre weist hierzu 
auf die Untunlichkeit hin, von den Schwarzen gegen- 
wärtig die Zahlung der Steuer in Geld zu verlangen, 
da letzteres noch nicht vorhanden sei (S. 178, 179). 
Je nach den verschiedenen Volksstämmen und 
deren Veranlagung zur Arbeit müsse auch die 
Steuerveranlagung eine verschiedene sein. 
S. 183 ff. werden die Gründe angeführt, warum 
die Steuern nicht unter allen Umständen persönlich 
sein müssen, sondern bisweilen auch kollektiver Natur 
sein können, wie dies in dem 3. Dekrete (S. 236) 
festgesetzt wird. 
Ein viertes Dekret behandelt die Erlaubnis, 
Waffen zu tragen und zu besitzen (S. 241). 
Ein welteres Dekret (S. 244) sieht die Ein- 
richtung von Staatsmagazinen mit Waren für die 
Eingeborenen vor. 
Der Bericht beschäftigt sich (S. 189 ff.) mit dem 
Problem des Transports und stellt fest, daß das 
Tgersstem z. B. nicht habe abgeschafft werden 
nen. 
Hlerbei wird ein interessantes Bild über die 
Ausnutzung der Wasserläufe als Verbindungswege 
oder Verkehrsstraßen entworfen und hervorgehoben, 
daß auf allen schiffbaren Flußteilstrecken Dampfer 
verschiedener Größe verkehrten. Im oberen Kongo 
gäbe es tatsächlich nur noch drei große Straßen, auf 
denen die Lasten augenblicklich noch durch Träger 
befördert werden müßten, nämlich von Buta nach 
dem Nil, von Kasongo nach dem Tanganika und 
von Pania (Kasai) nach Lualabo. 
Sobald wie möglich soll indessen das Träger- 
sostem ganz beseitigt werden. , 
Nach weiterer Darstellung des Berichts haben 
die sschweren Automobil-Transportwagen sich nicht 
bewährt. Man ist jetzt bei dem Typ eines Kraft- 
wagens stehen geblieben, der beladen ein Gewicht 
r o e nict übersteigt. Fünf dergleichen 
rden 
* emnächst von Antwerpen nach Buta 
Die Eisenbahnstrecke Stanleyville—Ponthierdille 
von 127 km werde im Laufe des Monats Juni 
dem Verkehr übergeben werden. Auf dem Strom 
oberhalb Ponthierville verkehrten bereils zwel Dampfer, 
493 
  
so daß sich von Stanleyville nach dem Süden dem- 
nächst ein Verkehrsweg, teils zu Lande, tells auf dem 
Wasser, von 442 km eröffne. Zu dem nächsten 
Eisenbahn-Verbindungsstück Sendwe—Buli selen die 
Vorarbeiten bereits begonnen. Hinter diesem Ver- 
bindungsstück biete sich ein schiffbarer Wasserweg von 
etwa 600 km. · , 
Zwei Studienkommissionen suchten an Ort und 
Stelle nach dem beften Tracé für eine Bahnlinie 
zwischen dem unteren Kongo und Katanga. - 
Ein sechstes Dekret handelt von dem sogenannten 
Häuptlingssystem. Die Häupklinge sollen ein Mittel- 
glied zwischen den Staatsbehörden und den Ein- 
geborenen bilden. Die letzteren dürfen ohne Erlaub- 
nis ihres respektiven Häuptlings in einer anderen 
Häuptlingsschaft sich nicht niederlassen. —- 
Auch in diesem Dekrete, das den Häuptlingen 
vielerlei Befugnisse und Arbeit zuweist, sind be- 
sondere Strafbestimmungen vorgesehen. 
Weitere Dekrete betreffen Verdingungskontrakte, 
Heranziehung von Arbeitern zu Arbeiten von all- 
gemeiner Nütilichkeit (S. 254), die Einrichtung von 
vier neuen Gerichten erster Instanz (S. 256) sowie 
ihre Kompetenz und die Kompetenz der Territorial= 
gerichte, welche über Eingeborene und über geringere 
Verbrechen und Vergehen von Weißen entscheiden. 
Durch ein Dekret, das zwischen polizeilichen und 
militärischen „Bewegungen“ genaue Grenzen zieht, 
wird derjenige Beamte mit Freiheitsstrafe bis zu 
fünf Jahren bestraft, der unberechtigt eine polizei- 
liche oder militärische Bewegung angeordnet, oder 
im Laufe einer solchen unberechtigten Gebrauch von 
Waffen gemacht, oder die Leitung einer derartigen 
Bewegung einem Schwarzen anvertraut hat (S. 263). 
Weitere Dekrete betreffen Vergehen gegen die 
öffentliche Ordnung, Ausprägung von Kleingeld im 
Betrage von einer Million, die Einsetzung von drei 
Inspektoren, denen obliegt, darüber zu wachen, daß 
die Rechte der Eingeborenen nicht verletzt werden, 
Besteuerung der Aktiengesellschaften, die, soweit es 
sich um kongolesische handelt mit 2 v. H. ihres 
Nettogewinns herangezogen werden, während fremde 
Gesellschaften, die im Kongo nur eine Zweignieder- 
lassung besitzen, vom Reingewinn der ebenda ge- 
machten Geschäfte 1 v. H. zu entrichten haben. 
Nach Maßgabe elnes anderweiten Dekrets können 
katholische Missionare zu standesamtlichen Funk- 
tionen (bürgerliche Eheschließung) delegiert werden. 
Ein Dekret setzt das Reifealter der vom Staate 
bevormundeten einhelmischen Unmündigen auf 21 Jahre 
herab, ein anderes richtet Handwerkerschulen ein. 
Ein ebensolches handelt von den staatlich bewirt- 
schafteten Besitzungen und Bergwerken, die die 
„Nationaldomäne“ bildeten. Gewisse Überschüsse 
des Relnertrages dieser Nationaldomäne — ins- 
besondere nach Abzug der Kosten von Wieder- 
aussorstungen — werden zu je ¼ zur Tilgung der 
bei dem belgischen Staate gemachten Anleihen und 
zur Bildung eines Reservefonds verwendet. Ein
	        
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