Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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Himalajagebiet, zehn Stunden beträgt. Auch in 
der Industrie und selbst in den Städten steigen 
die Arbeitslöhne für ausgebildete Arbeiter selten 
über 12 Rupien für den Monat. 
Außer den von der eingeborenen Bevölkerung 
zur eigenen Lebenshaltung angebauten landwirt- 
schaftlichen Produkten kommen in Indien für den 
Export in Betracht: Baumwolle, Jutefaser, 
Kokospalmenprodukte, Rizinus5l und Samen, 
Opium usw. Daneben wird eine verhältnismäßig 
große Viehzucht, hauptsächlich der Felle wegen, 
betrieben, besonders Ziegen= und Kalbshäute wer- 
den viel exportiert. In den Gebirgsgegenden 
findet man unter europäischer Leitung auch um- 
fangreichen Plantagenbau und hier wird Tec, 
Kaffee, Chinarinde, an der Westküste auch Pfeffer 
erzeugt. Der früher im Norden und an der 
Ostküste betriebene Indigobau hat fast aufgehört, 
und man sucht dort nach geeignetem Ersatz. 
Schon von alters her hat sich die Landwirt- 
schaft in Indien der künstlichen Bewässerung be- 
dient. Die so oft eintretende Dürre macht es 
notwendig, dem Boden künstlich Feuchtigkeit zuzu- 
führen. Neben den vielen Einzelbewässerungs- 
anlagen, durch Heben des Wassers aus Brunnen, 
wofür teils Menschen-, teils Ochsen= und Büffel- 
kraft verwendet wird, sind sowohl seitens privater 
Gesellschaften wie auch seitens der Regierung 
4. große Stauanlagen (Tanks) und Kanäle angelegt, 
von denen aus weite Flächen bewässert werden. 
Man nimmt an, daß zur Zeit in Indien etwa 
:35 Millionen Acres mittels künstlicher Bewässe- 
rung unter Kultur gehalten werden. Die Kosten 
dieser Bewässerungsanlagen, sowohl der seitens 
privater Gesellschaften wie der seitens der Re- 
gierung hergestellten, werden durch Zahlung be- 
stimmter Abgaben gedeckt. Die unternehmenden 
Gesellschaften bzw. die Regierung erzielen hierdurch 
sehr gute Verzinsung des angelegten Kapitals. 
Die Regierung scheint bestrebt, die künstliche Be- 
wässerung durch Anlegen neuer Stauwerke und 
Kanäle weiter auszubauen und dies dürfte dazu 
beitragen, die so oft durch anhaltende Dürre ein- 
tretenden Hungersnöte zu vermindern. Allerdings 
wird hierzu auch wohl eine Aufklärung des 
Volkes nötig sein. Es ist z. B. in einzelnen 
Distrikten, nach denen zur Zeit der Mißernten 
seitens der Regierung Reis gebracht wurde, dieser 
Reis von bestimmten Kastenmitgliedern abgelehnt 
worden. Die fanatischen Gläubigen erlagen lieber 
dem Hungertode, als daß sie Nahrung annahmen, 
welche — entgegen ihrer Religionsvorschrift — 
von Andersgläubigen schon berührt worden war. 
Ein weiteres Mittel zur Hebung der Landes- 
kultur wäre der weitere Ausbau des Eisenbahn- 
netzes. Wenn auch zur Zeit in Indien über 
25.000 englische Meilen Eisenbahnen bereits vor- 
  
handen sind, die sich in den Händen privater 
Gesellschaften befinden, so erschließt dieses Eisen- 
bahnnetz doch noch lange nicht die in Betracht 
kommende weite Fläche. Die Produkte großer 
Bezirke können nur schwer und mit großen Kosten 
an den Weltmarkt gebracht werden. Für den 
Europäer ist der Verkehr auf den Eisenbahnen, 
soweit Hauptlinien in Betracht kommen, in der 
ersten Klasse verhältnismäßig bequnem. Dagegen 
ist in den unteren Klassen, in denen die Ein- 
geborenen fahren, von irgendwelchem Komfort 
keine Rede; allerdings sind die Fahrpreise hierfür 
auch auherordentlich niedrig. Es giöt vier ver- 
schiedene Klassen, und zwar die I., II., die Inter- 
mediatklasse und die III. Klasse. Im Durchschnitt 
kostet in der I. Klasse, nach deutschen Verhältnissen 
umgerechnet, der Kilometer je nach der Art der 
Züge 5 bis 7½ Pfg., in der II. Klasse 2½ bis 
33/4 Pfg., in der Intermediatklasse 114 bis 
1⅞ Pfg. und in der III. Klasse /8 bis 11¼ Pfg. 
Hierzu kommt noch eine Ermäßigung von etwa 
25 Prozent auf Retourbillette. Außerdem tritt 
für Billette auf längere Strecken noch Reduktion 
des Preises oft bis zu 10 Prozent = ein. 
Eine für den Europäer sehr angenehme Einrech- 
tung besteht darin, daß neben den sehr großen 
Abteilen I. Klasse Dienerabteile eingerichtet sind, 
die eine Verbindung mit dem Abteil I. Klasse 
haben und in denen man seinen Diener zum 
Fahrpreise der III. Klasse auch in Schnellzügen 
mitnehmen kann. Auf diese Weise hat man seine 
Bedienung immer bei der Hand. Besondere 
Schlafwagen sind nicht vorhanden. Das Bett 
wird auf dem bequemen Sitz gemacht und zur 
Nachtzeit werden die Kupees nur mit höchstens 
vier Personen belegt. Speisewagen verkehren 
nicht, außer in einem Fall versuchsweise zwischen 
Delhi und Agra. Die Hauptmahlzeiten werden 
in den auf bestimmten Stationen vorhandenen 
Restaurationsräumen, nach vorheriger Bestellung, 
eingenommen; der Zug hält zu diesem Zweck an 
den Stationen etwa eine halbe Stunde. Diese 
Verpflegungsstationen sind für ganze Bahulinien 
an enropäisch geleitete Gesellschaften in Pacht 
gegeben, aber in den meisten Fällen werden die 
Speisen den europäischen Geschmack nicht befrie- 
digen. Auch bezüglich des Unterkommens muß 
der Europäer in Indien, abgesehen von ganz 
vereinzelten Plätzen, wie Bombay und Lucknow, 
seine Ansprüche sehr zurückschrauben. Die in 
vielen Städten befindlichen Hotels „I. Ranges“ 
entsprechen kaum denen III. Ranges nach euro- 
päischem Maßstab. In zahlreichen Orten, selbst 
mit hoher Bevölkerungsziffer, sind auch solche 
Hotels nicht vorhanden. Dort ist man darauf 
angewiesen, entweder in den von der Eisenbahn 
eingerichteten Übernachtungsräumen (Sleeping
	        
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