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auch die Geschwürkranken hier baden, so ist es
leicht verständlich, daß mit dem abgespülten Eiter
ahlreiche infektiöse Keime in das Wasser ge—
ngen und für die Gesunden eine große Gefahr
ilden, weil sich bei Leuten mit kleinen Wunden
und Schrunden aus diesen Keimen leicht spezifische
Geschwüre entwickeln können. Vor allem besteht
die Gefahr der lbertragt A « i
— gung von Augenkrankheiten
Ei Abgesehen von der nach Jap verpflanzten
bitte, „Mongols“ in den Bais zu halten, sind
ie Sitten beider so nahe gelegener Inseln sonst
völlg verschieden. Von der Anlage des Dorfes,
dem Baufil der Wohn= und Klubhäuser an, von
ninl nallde bis zu den Einzelheiten der Familien=
W*“ "en ich fast überall diametrale Unterschiede.
38 er Umstand, daß die große Kluft, welche
1 Jap Freie und Hörige trennt, in Palau fehlt,
gibt dem ganzen Volksleben hier etwas viel
Freieres und Frischeres. Die Leute werden ihres
Lebens viel mehr froh, während in Jap alles
unter dem dumpfen Drucke einer — wenigstens
nach außen — prüden und starren Sitte steht.
Auch die völlig verschiedene Stellung der Frau
spielt hier mit. Während in Palau die Frauen
dem Manne gleich stehen und sich zu Klubs zu-
sammenschließen, die sogar Männer bestrafen
können, spielt die Frau in Jap eine ganz unter-
geordnete Rolle. Sie ist hier ein demütiges
Arbeitstier, wenn sie ihren Jugendreiz und ihre
Schönheit verloren hat. Wenn in Jap Frauen
und Männer zusammenkommen, sitzen sie durch
einen großen Zwischenraum nach Geschlechtern
getrennt, die Frauen mit niedergeschlagenen
Angen. Jedes freie Wort, jeder Scherz ist streng
verpönt. In Palau dagegen sitzt alles lachend
und blandernd durcheinander, gerade die Frauen
sad es hier, welche die Männer oft mit recht
erben Scherzen necken.
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u
Der „Ngardot“-See und die Sage seiner
Entstehung.
S An der Nordostseite der Hauptinsel von Palau,
aobelthaop, einige Kilometer vom Meere ent-
fernt, liegt in einem Talkessel der Ngardolsee,
eine Süßwasseransammlung von beträchtlicher
vorse. Genauere Messungen über die Größen-
verhältaisse des Sees konnte ich nicht anstellen,
doch schätze ich seine Länge auf 800 bis 1000 m,
ie größte Breite auf 300 bis 400, die größte
Beele auf 5 bis 6 m. Mit seinen zahlreichen
ruchten und den dicht bewaldeten, ansteigenden,
von unzähligen Wildtauben und Enten bewohnten
fern gewährt der See einen idyllisch schönen
Anblick. Zwei kleine Flüsse entspringen aus ihm,
von denen der eine mit verschiedenen kleinen
Wasserfällen nach Südosten, der andere nach
Nordwesten abfließt. Die Ufer des Sees sind
namentlich am ganzen Nordende mit dichtem
Röhricht und Binsen bewachsen; diese Binsen
liefern den Frauen von Mologejok das geschätzteste
Material zu ihren Grasschürzen. Der Grund des
Sees ist an einigen Stellen morastig, an anderen
fest und steinig, hier von grauschwarzer Farbe.
Groß ist der Fischreichtum; besonders zahlreich
sind schwarzbraun, gefärbte über einen Meter
lange Aale. Die Höhen rings um den See
bilden ein Hauptjagdrevier auf Tauben für die
Leute von Mologejok. Uberall sieht man kleine
mit grünen Büschen vom „Agoiß"-Baum bedeckte
Hütten. Die Früchte dieses Baumes sind die
Lieblingsnahrung der Tauben. Auf dem Dache
der Hütten sitzen zahlreiche zahme Tauben, die
ihre wilden Genossen anlocken. Sehr geschickt
wissen dann die Eingeborenen die Vögel mit
Blasrohren zu erlegen.
Über die Entstehung des Sees erxistiert in
Mologejok eine poesievolle Sage. Einst lag da,
wo jetzt der Ngardoksee blau zwischen den Bergen
schimmert, ein großes „Ammessêsi“, ein Tarofeld,
das einer Frau mit Namen Diraörak aus dem
Dorfe Plisan gehörte. Das Dorf Plisan ist schon
lange ausgestorben; nicht einmal Ruinen oder
verfallene Wege zeigen wie bei anderen solchen
Dörfern die Stelle an, wo es einst gestanden
hat. Diraurak ging eines Tages mit ihrer kleinen
Tochter über die Berge nach Ngardok, um
„Gugau“ (Taro) zu holen. Fleißig stachen sie
die nahrhafte Wurzel aus dem Sumpf und
häuften sie in Kokosblattaschen. Als sie sich nun
auf den Heimweg machten, sprach Diraurak zu
ihrer Tochter: „Nimm diese Körbe und folge mir.
Kehre dich aber nicht um nach dem Felde, wenn
du auf dem Berge angekommen bist.“ Die
Tochter versprach es; als sie aber, mit ihrer
schweren Last auf dem Kopfe, oben angekommen
war, wo man auf der einen Seite das unendliche
Meer und auf der anderen den See sieht, da
vergaß sie das Verbot der Mutter. Sie blieb
stehen und kehrte sich um nach dem Tarofeld,
das tief unten zwischen den Bergen lag. Da
sanken plötzlich die großen grünen Blätter tiefer
und immer tiefer und waren schließlich ganz im
Wasser verschwunden. An der Stelle aber, wo
das reiche „Gugan“-Feld gelegen hatte, wogte
eine weite, klare Wasserfläche. So kam es, daß die
reiche Frau Diraurak durch den Ungehorsam ihrer
Tochter ihren ganzen Besitz verlor und verarmte.
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