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sammelt; nur eine Kompagnie blieb in Rietmont
zurück. Aus dem Nordbezirk trafen Anfang Sep-
tember als Reserven drei Kompagnien unter
Major Flügge von Windhuk in und bei Gibeon
ein, eine ihnen beigegebene Batterie übernahm
die Sicherung der durch Simon Kopper-Leute ge-
fährdeten Etapp
Da sich Gerüchte vom Wiederaufstande der Hereros
wie ein Lauffeuer im ganzen Lande verbreiteten
und die Bevölkerung ohne starken militärischen
Schutz sich der Willkür der Eingeborenen preis-
gegeben glaubte, so mußte eine zweite, ursprüng-
lich auch für den Süden bestimmte Batterie in
der Gegend von Windhuk zurückbleiben. Auch
wurde in Okahandja und Windhuk je eine Kom-
pagnie aus den zurückgehaltenen Heimsendungs-
mannschaften der Nordtruppen und den bisher
eingetroffenen Ersatzmannschaften gebildet, so daß
beide Orte militärisch wieder stark besetzt waren.
Simon Kopper gegenüber blieben im Raume
Aminuis —Hoachanas — Rietmont — Kowes vier
Kompagnien, ein Zug Maschinengewehre und ein
Zug Gebirgsartillerie unter Hauptmann v. Erckert
verfügbar.
Da die bisherigen Kriegserfahrungen zur Ge-
nüge gezeigt hatten, daß der Feind seine Haupt-
erfolge durch das Abschießen von Patrouillen er-
zielte, so beabsichtigte Oberstleutnant v. Estorff,
die Erkundungen vorzugsweise durch Kundschafter
ausführen zu lassen. Der entscheidende Schlag
gegen Morenga sollte erst dann geführt werden,
wenn ausreichende Kräfte versammelt und das
Zusammenwirken mit der Kap-Polizei verbürgt
waren. Der Versuch, den gewandten und be-
weglichen Gegner einzukesseln, versprach in dem
unendlich klüftereichen Gebirgsgelände kaum einen
sicheren Erfolg. Estorff gedachte daher, ihn durch
eine ununterbrochene Verfolgung mürbe zu machen
und zur Unterwerfung zu zwingen. Zu diesem
Zwecke sollten Verfolgungsabteilungen mit tiefer
Gliederung aufgestellt werden, die durch gegen-
seitige Ablösung die Verfolgung dauernd bis zum
Enderfolge in Fluß zu erhalten hatten. Von
Vorteil war dabei der Umstand, daß der Bau
der Eisenbahn Kubub— Keetmanshoop schon über
Kuibis hinaus in gutem Fortschreiten begriffen
war, und ferner, daß auf der Straße Keetmans-
hoop—Warmbad, die früher eine 95 km lange
Durststrecke enthalten hatte und daher für die
Truppenversorgung von Norden her nicht in
Frage kommen konnte, jetzt an zwei vom Landrat
v. Uslar bezeichneten Stellen reichlich Wasser er-
bohrt war.
Zunächst galt es, dem Räuber ein Eindringen
in das deutsche Gebiet zu verwehren. Der Be-
fehlshaber der Truppen des Südbezirks, Major
Beerecke, erteilte schon am 16. August dem Haupt-
mann Ritter folgende Weisung: „Ihre Aufgabe
ist für jetzt: 1. einen Durchbruch Morengas auf
die Karras= oder Oranje-Berge zu verhindern,
2. zu verhüten, daß dieser in Besitz von Vieh,
besonders von Pferden, Waffen und Munition
kommt. Der erste Schlag gegen ihn muß mit
entscheidender Überlegenheit geführt werden, daher
nicht übereilen."“
Die Farmer wurden gewarnt und brachten
ihr Vieh großenteils in die Nähe der von den
Truppen besetzten Posten in Sicherheit. Auf
Morengas Kopf wurden vom Gouverneur 20 000
Mark gesetzt.
Es kam nunmehr darauf an, Morengas Auf-
enthaltsort mit Sicherheit festzustellen. Am
17. August ergaben Erkundungen, daß er die
Linie Stolzenfels — Nakab —Ukamas noch nicht
überschritten hatte. Privatnachrichten aus Kapstadt
besagten, daß er mit nur 50 Mann bei Nakab,
30 km nördlich des Oranje-Flusses, unmittelbar
an der englischen Grenze sitze. Doch schon am
20. August wurde diese Angabe dahin berichtigt,
daß er sich nach wie vor in der Gamsib-Kluft
(ob auf deutschem oder englischem Gebiet, blieb
fraglich) aufhielte und die Feindseligkeiten noch
nicht eröffnet habe. Seine Anhängerzahl wurde
entgegen den früheren Mitteilungen der Kap-
Regierung nach mehrfachen Meldungen auf nur
50 Köpfe geschätzt. Demnach gebot Hauptmann
Ritter schon jetzt über wesentlich überlegene Kräfte.
Er erhielt daher freie Hand. Auf seinen Vorschlag
erfolgte am 21. August vom stellvertretenden
Gouverneur zunächst eine Anfrage an den als
Unterhändler vielfach bewährten Pater Malinowski,
ob er bereit sei, Morenga gegen Zusicherung seines
Lebens zur Unterwerfung zu bewegen. Malinowski
schien diese Grundlage für eine Verhandlung nicht
ausreichend. An demselben Tage ergab eine Er-
kundung, daß die Gamsib-Kluft auf deutscher
Seite frei vom Feinde war. Morenga schien
nahe der Grenze auf englischem Gebiet zu sitzen,
entweder noch in der Gamsib-Kluft oder, wie
Nachrichten der Kap-Polizei sagten, in der ebenso
unzugänglichen Gegend der Einmündung des
Back-Reviers in den Oranje. Mit Vieh und
Geld sollte er reichlich versehen sein. Die Zahl
seiner Anhänger, einschließlich Weiber und Kinder,
wurde jetzt auf etwa 300 angegeben. Hauptmann
Ritter beabsichtigte deshalb, am 22. August nach-
mittags mit der 3. Kompagnie und dem Zug
Gebirgsartillerie von Ukamas nach der Gamsfib-
Kluft zu rücken und diese zu besetzen, nahm jedoch
von seinem Vorhaben zunächst noch Abstand, als
sich herausstellte, daß an der Grenze bei Nakab
noch viel Farmervieh sich befand, das leicht eine
Beute des beweglichen Feindes werden konnte.
Ein weiterer Aufschub der Verfolgung wurde