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michtamtlicher Teil
Nachrichten aus den deutschen Schutzgebieten.
(Abdruck der Nachrichten vollständig oder teilweise nur mit Quellenangabe gestattet.)
Deutsch-Ostafrika.
Die deutsch-portuglesische Gren zregulierung zwischen
dem unteren Rowuma und kap Delgado.
Allgemeiner Bericht von dem Grenzkommissar
Hauptnann Schlobach.
Mit einer Karte. )
Wiederholte Grenzstreitigkeiten machten eine
endgültige Regulierung der Südgrenze des Ge-
bietes nötig, welches wir südlich des unteren
Rowuma besitzen. Im Auftrage des Kaiserlichen
Gouvernements verließ ich zu diesem Zwecke am
1. Mai Daressalam; als zweiter Kommissar ging
Herr Dr. Castens mit. Ferner standen mir
noch 1 Gehilfe, 31 Askaris der Schutztruppe
und Polizei, 4 Heliographisten und 41 Wanjam-
wesi (als Stammkolonne) zur Verfügung.
Am 6. Mai wurde das Expeditionslager ein-
gerichtet. Hier stellte sich der portugiesische
Kommissar Kapitän Brito ein, der sich bereits
seit einigen Tagen in Kionga befand. Kapitän
Brito hatte keinen Europäer bei sich, da er sich
auf die nahe gelegene, mit fünf Europäern be-
setzte Militärstation Palmas stützen konnte, von
wo aus ihm die Träger beschafft, verpflegt und
gelöhunt wurden. Der Kommandant von Palmas
erschien mehrere Male während des Verlaufes
der Grenzregulierung beim portugiesischen Kom-
missar. Außerdem stützte sich Kapitän Brito auf
zwei weitere kleine mit farbigem Personal besetzte
Posten an der Grenze bei Kianga und Nakwe-
danga. Die deutsche Kommission war auf das
weit entfernte Nebenamt Mikindani ange-
wiesen.
Die Arbeiteranwerbung in Kionga ging ohne
Schwierigkeiten vonstatten. In wenigen Tagen
stellten sich etwa 80 Leute der aus Wasua-
heli bestehenden Bevölkerung von Kionga ein.
Die Leute machten einen guten Eindruck und haben
diesem nachher auch durchweg entsprochen, denn
*) Die erläuternde Karte ist die südöstlichste Sektion
(Ansatzstück) der Spezialkarte von Deutsch-Ostafrika in
1:300 000 (29 Alatt und 6 Ansatztückel, die im Auf-
trage des Reichs-Kolouialamts vom Kartographischen
Institut Dietrich Reimer (Ernst Vohsen!] hergestellt wird.
Mioher sind 26 Blalt und 5 Ansazstlücke erschienen.
sie zeigten sich stets als bescheidene und tüchtige
Arbeiter. Mit einem Lohne von 8 Rps. pro
Monat und der ihn gebotenen, aus Maiskörnern
bestehenden Nahrung waren sie sehr zufrieden.
Leider konnte ihnen nicht ein einziges Mal der
Genuß von Wildfleisch gewährt werden. Da die
Regenzeit im Süden noch nicht beendet war und
in Anbetracht der schweren Arbeit erhielt jeder
Arbeiter eine wollene Decke. Dieser Maßregel
ist es wohl zu danken, wenn Erkrankungen in
größerem Maßstabe verhütet wurden.
Nach diesen Vorbereitungen konnten die Ar-
beiten an der Grenze am 10. Mai beginnen.
Die Kommission von 1895 hatte durch astrono-
mische Beobachtungen den Parallel 10 40° S
bestimmt und in der Nähe des von Mbwisi nach
Tungi führenden Weges durch einen zementierten
Grenzstein vermerkt. Etwa 3,5 km von hier in
Richtung OSO war ein zweiter Grenzstein an-
gebracht worden, ein dritter etwa 54 km west-
lich am Rowuma in der Breite 10 40°. Der
Mbwisistein war am 9. Dezember 1896 durch
eine gemischte Spezialkommission endgültig 273 m
nach Norden versetzt worden, um den von der
Kommission des Jahres 1895 ermittelten Parallel
10° 40° mit demjenigen der englischen Seekarte
in Ubereinstimmung zu bringen. Die genannten
Grenzsteine wurden aufgefunden.
Eine im Gelände sichtbare Feststellung des
Verlaufes der Grenze durch einen Aushau hatte
die Kommission von 1895 unterlassen. Es galt
nun, diesen Aushau herzustellen und durch
dauerhafte Pfeiler als Grenze kenntlich zu machen.
Dieser Arbeit stellten sich infolge der Vegetation
und eines völligen Mangels an Steinen zum
Pfeilerbau im größten Teile der Grenzzone or-
hebliche Schwierigkeiten entgegen. Östlich vom
Mbwisisteine bis nach dem 6,5 km entfernten,
Ras Lipuu genannten Küstenvorsprunge war
dichter verfilzter Busch auf nacktem, scharfem, meist
meterhoch anstehendem Korallenfels zu durch-
dringen.
Nach Westen hin bewegte sich der Aushau
auf Sandboden zunächst durch hochstämmigen
Steppenwald, später meist durch dicken Busch, im
Hügelgelände östlich des Rowuma durch lichten
hochstämmigen Steppenwald, und dann in der