Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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Wertvolle Eisenerze find an der Otavibahn 
gefunden und dienen als Zuschlag. 
Über die Abbaubarkeit anderer Erze in Süd- 
westafrika ist man bisher noch auf Vermutungen 
angewiesen. Auf Kohle und Petroleum wird zur 
Zeit dort gebohrt. Größere Expeditionen für die 
Erkundung der noch unbekannten Bergwerksgebiete 
des Kaokofeldes sind in Vorbereitung. 
In Kamerun sollen jetzt die gefundenen Ol- 
spuren weiter verfolgt werden, besonders da sie 
sich über ein ziemlich weites Gebiet ausdehnen 
und man im benachbarten Lagos, auf ähnliche 
Indikationen hin, reiche Sprudel erschlossen hat. 
Bielerlei Erzvorkommen finden sich im Ossidinge- 
Bezirk. Es ist aber bisher nicht festgestellt, daß eines 
derselben Ausbeute in größerem Umfange liefert. 
Gold kommt in unseren Schutzgebieten an 
vielen Stellen vor. Ausgebeutet wird es zur 
Zeit nur im Sekenke-Revier in Ostafrika, wo das 
Vorkommen hinreichend groß ist, um die Kosten 
einer Stampfbatterie, die zur Zeit dort aufgestellt 
wird, für wohl angewendet anzusehen. 
Die Vorkommen von Gold in Togo scheinen 
nicht unbedeutend, sind aber noch nicht hin- 
reichend erkundet. 
Dagegen macht sich jetzt eine lebhafte Schürf- 
tätigkeit in Neuguinea geltend, wo in der Nähe 
von Adolfhafen mehrere hundert Prospektoren mit 
dem Auswaschen von Alluvialgold beschäftigt sind. 
Glimmer wird im Bezirk Bagamoyo im Nguru- 
gebirge und im Bezirke Morogoro im Uluguru- 
gebirge bergmännisch abgebaut. Das Unter- 
nehmen im Ulugurugebirge zeigt seit 1904 rasch- 
steigende Resultate. Der Export geht ganz nach 
Deutschland, wo der Artikel namentlich für die 
Elektrizitätsindustrie wichtig ist. Auch in Kamerun 
ist Glimmervorkommen konstatiert. 
Der Fortgang all dieser Unternehmungen 
hängt selbstverständlich ab 
1. von der Schaffung der Verkehrswege und 
2. von der Anzahl und der Geschicklichkeit der 
Arbeiter. · 
Verkehrswege sind im Bau und liefern im 
allgemeinen durchaus zufriedenstellende Anfangs- 
erträgnisse, die überall schon den Betrieb decken 
und bei den meisten der Linien heute schon eine 
gewisse Rente in Aussicht stellen. Ein hoch er- 
freuliches Resultat! Ich habe für dieses Jahr 
weitere Eisenbahnlinien nicht angefordert, weil ich 
es für richtig halte, zuerst eine Regelung der 
Reichsfinanzen abzuwarten und dann durch eine 
weitere Erfahrung den gesetzgebenden Körper- 
schaften eine Unterlage zu geben, auf Grund 
deren sie noch mehr als bisher zum Kolonial= 
Eisenbahnbau eine freundliche Haltung einnehmen 
können. Die einzelnen Resultate aufzuführen, 
verbietet die Zeit. 
  
Hinsichtlich der Neger darf gesagt werden, daß 
die Behauptung von der unüberwindlichen Trägheit 
des Negers getrost in das Reich der Fabel zurück- 
verwiesen werden kann. Wer sich für diese Frage 
interessiert, wird auf das Buch Ihres Landsmannes 
Professor Weule „Negerleben in Ostafrika“ verwiesen. 
Heute arbeiten über 60 000 Neger freiwillig in 
Plantagen und an der Bahn, Hunderttausende in 
ihren eigenen Kulturen. Wo dem Neger für seine 
Arbeit ein angemessener Lohn bewilligt werden kann, 
greift er mindestens ebenso gern zu wie der 
Europäer, und von seinen Instinkten ist der nach 
Erwerb und Besitz wohl der ausgesprochenste. 
Unsere Kolonien sind aber dünn bevölkert. 
Kamerun, so groß wie Deutschland, hat 2 Mil- 
lionen Einwohner. Ostafrika, zweimal so groß 
wie Deutschland, hat 5 Millionen Einwohner, 
auf die man für Arbeit zählen kann. Der Rest, 
die Bergbewohner, lassen sich in die Ebene nicht 
verpflanzen. Es ist deshalb dringend notwendig, 
durch Hebung der gesundheitlichen Verhältnisse 
den Neger, welcher in seiner gegenwärtigen Lage 
nicht besonders fruchtbar ist, zu vermehren, ihm 
durch eine angemessene Behandlung Vertrauen 
zu der deutschen Verwaltung zu geben und durch 
Belehrung und Schule seine geistigen Kräfte zu 
wecken, ganz besonders aber ihm Arbeitsmethoden 
anzugewöhnen, welche seine Leistungen vergrößern. 
Das ist in Kürze das Programm der Regierung 
hinsichtlich der Eingeborenen. 
Last not least ist hier zu gedenken der deut- 
schen Beamten, Pflanzer und Kaufleute, denen 
im letzten Grunde diese Fortschritte alle mitein- 
ander zu danken sind. Wie in der Heimat viel 
und hart gearbeitet wird, so geschieht das auch 
in den Kolonien. Vor den Leistungen der Beamten 
kann man allen Respekt haben. Sie befinden sich 
auch in einer gesicherten Lage und dürfen bei den 
verbesserten sanitären Verhältnissen auf eine Rück- 
kehr in die Heimat rechnen. Anders liegt es mit 
den anderen Berufsständen, welche zum Teil die 
Fremde zu ihrer Heimat machen. Diese verlangen 
und haben auch den Anspruch auf unsere warme 
Sympathie und auf das Vertrauen der Heimat. 
Wenn sie auch natürlich Menschen sind wie alle 
anderen, die oft ihren eigenen Vorteil vor den 
der Gesamtheit stellen, so muß doch mit ihrer 
außergewöhnlichen Lage gerechnet werden. Ich 
erbitte auch von Ihnen das Wohlwollen, das 
Verständnis und die Sympathie für diese unsere 
deutschen Vorposten. 
Meine Herren! Am 24. April d. Is. wird 
uns ein Vierteljahrhundert von dem Tage trennen, 
den wir als den Geburtstag des deutschen Kolo- 
nialwesens ansehen müssen. Am 24. April 1884 
erging die telegraphische Weisung des Fürsten 
Bismarck an den Konsul in Kapstadt, Herrn
	        
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