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frist Kaufrechte auf insgesamt 350 000 ha, d. h.
auf eine Fläche etwa in der Größe des Groß—
herzogtums Sachsen, einräumen lassen. Sie
hat dann durch ihre Sachverständigen an Ort
und Stelle die Lage untersuchen lassen. Diese
Untersuchung ist dahin ausgefallen, daß die Ge—
sellschaft 300 000 ha des genannten Areals fest
gekauft und bezahlt hat, daß sie mit großen
Mitteln an die Erbauung von Gebäuden, Ein—
führung von geeignetem Zuchtvieh, Einstellung
von weißen und farbigen Hilfskräften gegangen
ist. Das ist ein Beweis dafür, daß Leute,
welchen die Erfahrungen der ganzen Welt zur
Verfügung gestanden haben, für die Fortsetzung
und Ausdehnung ihrer Geschäfte nicht etwa
Argentinien und Südamerika, sondern Deutsch-
Südwestafrika gewählt haben, in der Überzeugung,
daß sie dort mindestens so gut und billig pro-
duzieren und fabrizieren können, wie in jenen
Ländern, wo durch dichtere Besiedlung der
Boden knapp und teurer wird und einer natür-
lichen Ausbreitung des BWiehzuchtgeschäfts ge-
wisse Schranken entgegengesetzt werden. Die
Tätigkeit der Gesellschaft beruht also zunächst
darauf, einen möglichst guten Großviehbestand
in der Kolonie heranziehen zu helfen. Denn
da es ihr natürliches Ziel ist, Schlächtereien und
Fleisch= und Knochenverwertungswerke anlegen
zu können, so glaubt fie, diesem Ziele nicht besser
näher zu kommen, als wenn sie selbst möglichst
viel eigenes Vieh züchtet, um möglichst bald in
einen regelmäßigen Betrieb zu kommen. Ein
solcher nur ist möglich, wenn regelmäßig zu be-
stimmten, nicht zu hohen Preisen eine hin-
reichende Stückzahl Rindvieh aufgekauft werden
kann. Da die Anlage gleich von vornherein in
größerem Umfange gemacht werden muß, so ist
etwa 20 000 Stück Rindvieh Jahreslieferung zu-
nächst als Vorbedingung aufgestellt worden. Im
Schutzgebiet glaubt man, dahin nicht sehr bald
kommen zu können. Ich bin anderer Ansicht.
Ich glaube, daß diese Möglichkeit schon ver-
hältnismäßig bald eintreten kann, wenn keine
unvorhergesehenen Unglücksfälle kommen. Der
gesamte Rindviehbestand des Landes beträgt
heute mindestens 85 000 Stück. Die Importe
von Zuchtvieh dauern an; dabei war der Ver-
mehrungsquotient im letzten Jahre 40 v. H. Man
wird demnach annehmen können, daß in drei,
spätestens vier Jahren das von der Gesellschaft
für notwendig erachtete Quantum regelmäßig
herangeschafft werden kann.
Was die Preise anbetrifft, so werden jetzt
noch 120 bis 150 . für ein erwachsenes Stück
Rindvieh verlangt. Der Weltmarktpreis, d. h. der
Preis, zu dem, in Konkurrenz mit dem La Plata,
in Südwestafrika geschlachtet werden kann, bewegt
sich zwischen 70 und 80 ./. Die Farmer find
aber alle einig, daß bei einer etwas weiter vor-
geschrittenen Wirtschaft ein dreijähriges Rind zu
diesem Preise noch mit Nutzen produziert werden
kann. Freilich rechnet die Farmerschaft in Südwest
darauf, daß die Heimat ihrer auch insofern nicht ver-
gessen werde, als sie ihr gegenüber solche der
Einfuhr fremder Fleischprodukte entgegenstehenden
Beschränkungen fallen läßt, welche sie ohne Gefahr
für den heimischen Viehstand und ohne Verletzung
der Zollverträge entbehren kann.
Ein ähnliches Fleischunternehmen in geringerem
Umfange hat die South-West-Africa-Co. für den
Norden in die Hand genommen; es wird noch
dadurch besonders begünstigt, daß im Grootfon-
teiner Bezirk Mais in großen Quantitäten bereits
jetzt gezogen wird und als Kraftfutter ver-
fügbar ist.
Gute Fortschritte macht auch die Pferdezucht,
besonders die der Privaten.
Als ganz besonders aussichtsreich haben wir
in der Kapkolonie die Straußenzucht kennen ge-
lernt. Es werden dort, wie bereits bemerkt,
etwa 360 000 Strauße gehalten. Das Produkt,
welches 9/10 des Weltmarktes versorgt, hat einen
Ausfuhrwert von etwa 20 Millionen Mark jährlich.
Für eine erfolgreiche Zucht sind jedoch hier Be-
dingungen zu erfüllen, welche, zur Zeit wenigstens,
im Schutzgebiet nur an wenigen Stellen vor-
handen sind. Die Zucht erfordert ein erhebliches
Kapital, weil die Ländereien eingezäunt werden
müssen. Eine Farm mäßigen Umfanges kostet
etwa 24 000 M“ an Einzäunungsmaterial und
Arbeit. Sie erfordert die Bewässerungsmöglichkeit
für gewisse Flächen, da eine gute Federnqualität
ohne die als Kraftfutter dienende Luzerne nicht
erreicht werden kann, ferner ein Maß von Auf-
sicht und Sorgfalt, welches ein um seine erste
Einrichtung besorgter oder sonst wirtschaftlich
kämpfender Farmer nicht erübrigen kann.
Ich möchte hier eine generelle Bemerkung
einschalten. Ich habe bisher von den für den
Betrieb einer Familienfarm erforderlichen Flächen
nicht gesprochen. Ich komme darauf zurück. Ich
glaube, daß diejenigen Ausmaße, die heute für
notwendig gehalten werden, späterhin zurückgehen
können. Muß auch für die Kalkulation heute
der Betrieb im wesentlichen bis zu dem mittleren
Norden hinauf auf Viehzucht aufgebaut werden,
so wird doch auch in Südwestafrika, ebenso wie
in der Heimat, nach und nach eine intensivere Be-
wirtschaftung einsetzen. Dazu gehört eben, daß
der Farmer zunächst eine größere Bewegungs-
freiheit in seiner Zeit und seinen Mitteln erwirbt,
daß daher zunächst die ersten Grundlagen gelegt
sein müssen. Dann aber wird nahezu überall
in der Nähe der Tränkstellen ein mäßiges Stück