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Gartenland mitbepflanzt werden können, auf
dem nicht nur Gemüse und Früchte für den
Hausverbrauch, sondern auch — wie ich das an
vielen Stellen gesehen habe — Tabak für die
farbigen Dienstleute, Mais für Schweine= und
Hühnerzucht, Sämlinge für kleine Schonungen
wachsen. Wenn man die baren Auslagen,
welche eine Familie im Schutzgebiet braucht, auf
etwa 4000 . pro Jahr annimmt, so wird man
bei den hohen Preisen, die dort herrschen, er-
sohen können, welch bedeutenden Zuschuß ein
solcher Eigenbau der Wirtschaft zu leisten imstande
ist. Ebenso wird ein Farmer, der sich um seine
Sache bekümmern kann, leicht pro Jahr zwei
oder mehr Pferde verkaufsreif machen können;
in diese Kategorie gehört auch die Aufnahme
der Straußenzucht an den dazu geeigneten Stellen.
Nachdem ich dies vorausgeschickt habe, kann
ich die im Schutzgebiet herrschende Meinung nur
unterschreiben, daß vorläufig im Grootfonteiner
Gebiet Farmen etwa 3000 ha, im mittleren
Teil, mehr nach Gibeon hin 5000 bis 10 000 ha
und im Süden 20 000 ha umfassen sollen. Da-
bei ist im Süden darauf gerechnet, daß größere
Strecken Landes für Fehljahre in jeder Farm
unbeweidet bleiben. Die außerordentliche Trocken-
heit des Klimas erhält die Futterkräuter auf
den Halmen noch jahrelang nahrhaft, nachdem
die Pflanzen ausgetrocknet sind; ebenso bleibt
der gefallene Samen außerordentlich lange keim-
fähig, so daß nur ein ganz kurzer Regen, wie
wir uns überzeugt haben, genügt, in wenigen
Tagen den ausgedörrten Boden mit einer neuen
Vegetation zu überziehen. Auf diesen Farmen
lann bei einem Anlagekapital von 35000 bis
45 000 ¾ eine gute mittlere Farmwirtschaft ent-
wickelt werden, welche eine Verzinsung der An-
loge und dem Besitzer ein Leben gestattet, ähnlich
dem, wie es sich Leute gleichen Kapitals in der
Heimat zu leisten vermögen.
Dies leitet über auf die Frage der möglichen
Gesamtbefiedlung des Schutzgebietes. Unter
Heranziehung der für die Kapkolonie vorhin mit-
geteilten Zahlen ist vorläufig anzunehmen, daß
etwa 100 000 Weiße in dem für befiedlungsfähig
gehaltenen Teil des Schutzgebietes ihr gutes Fort-
kommen finden können. Diese Zahl schließt na-
türlich die Handwerker= und Professionistenbevölke-
rung ein. Nun rechnet man aber noch mit einer
erheblichen Ausdehnung des Bergbaues. Es ist
ohne weiteres einzusehen, daß, selbst wenn Deutsch-
Südwestafrika eine ähnliche Menschenmenge auf-
nehmen könnte wie die Kapkolonie, wir in dem
Schutzgebiet doch kein Siedlungsland besitzen,
welches einer größeren Abwanderung aus Deutsch-
land, wie wir sie vor 15 und 20 Jahren gesehen
haben, Raum geben würde. Aber die Ziffer ist
immerhin höher, als manche bisher angenommen
haben, und ich glaube, sie ist nicht übertrieben.
Ich komme nun zur Frage der Kleinfiedlung.
Auch hier ist das Kapital meistens unzureichend.
Ein erheblicher Viehzuwachs steht den entstehenden
Verbindlichkeiten bei den Kaufleuten nicht gegen-
über. Für den Absatz von Gartenprodukten sind
weder hinreichende Verkehrswege, noch eine zahl-
reiche weiße konsumkräftige Bevölkerung vor-
handen. Die Betriebe sind deshalb zum großen
Teil kümmerlich. Sie würden vielleicht aussichts-
los sein, wenn es nicht gelungen wäre, in dem
Tabakbau eine gute Kultur zu finden. Die Ver-
waltung hat einen praktischen süddeutschen Tabak-
bauer seit längerem im Schutzgebiet stationiert,
und es gelingt nach und nach, richtige Arten und
vor allen Dingen die richtige Fermentierung ein-
zuführen. Da der Tabak im Lande viel kon-
sumiert wird und auch bei gleichmäßiger Qualität
und nicht zu kleinem Quantum eine gute Auf-
nahme auf dem Weltmarkt findet, so kann er-
freulicherweise das letzte Wort über die Klein-
fiedlungen in Südwestafrika noch nicht gesprochen
werden. Es ist aber möglich, daß eine Anzahl
der jetzt angesetzten kleinbäuerlichen Betriebe auf-
gegeben werden muß. Aber es kann ebenso an-
genommen werden, daß für eine nicht zu große
Anzahl, wenn sie, wie in Klein-Windhuk oder
am Swakop, in der Nähe der Städte oder, wie
in Bethanien, in begnemer Bahnnähe liegen, ge-
sunde Vorbedingungen bestehen. Wenn ich aber
die Schwierigkeiten, die schon bei subventionierten,
in gemäßigtem Klima mit starker weißer Be-
völkerung und bei verhältnismäßig zahlreichen
Verkehrsmitteln hart kämpfenden Bauern bestehen,
mit der Situation vergleiche, in welche ähnliche
Betriebe in Ostafrika kommen müssen, bei denen
all diese günstigen Momente fehlen, dann finde
ich meine Ansicht bestärkt, die dahin geht, daß
für kleinbäuerliche Betriebe unser ostafrikanisches
Schutzgebiet auch in seinen Höhenlagen sehr ge-
ringe Aussichten bietet. Ich schalte aber ein,
daß für mittlere Betriebe, d. h. kleinere Plan-
tagen und Viehzuchtunternehmen, auf Grund des
gesammelten Materials auch für Ostafrika die
Vorbedingungen günstiger erscheinen.
Über die Besiedlungsfähigkeit des tropischen
Okawango-Gebietes sind Erfahrungen noch nicht
gemacht. Schon in Grootfontein ist die Malaria-
ein ziemlich häufiger Gast, und es werden des-
halb dort wohl andere Wirtschaftsmethoden Platz
greifen müssen, bei denen besonders die Arbeiter-
frage ein Hindernis bilden kann.
Viele andere Gegenden des Schutzgebietes
find noch nicht erforscht. Besonders nach der
bis jetzt wasserstellenlosen, dünenartigen, aber mit
dichtem und nahrhaftem Gras bestandenen Kala-