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Antilopen noch seltener und nur in der zweiten
Hälfte der Trockenzeit, wenn sie im Felde keine
Melonen und Wasserwurzeln mehr finden. Die
Vogelfaung der Omaheke erscheint täglich in den
Morgenstunden auf den wasserhaltenden Kalk-
pfannen und belebt deren Umgebung. Der wasser-
suchende Mensch folgt ihrer Flugrichtung. Große,
nach Hunderten und Tausenden zählende Schwärme
von Perlhühnern, verschiedenen Arten Tauben
und Steppenhühnern (in ganz Südafrika falsch
„Wachteln“ genannt) finden sich ein. Von den
kleinen Vögeln fallen besonders tiefschwarz, hell-
gelb und feuerrot gefärbte Finken auf und kleine
grüne Papageien, welche immer einen ohren-
betäubenden Spektakel vollführen.
Alle Tiere erscheinen aber nur von großem
Durst getrieben auf der Pfanne, trinken so schnell
als möglich, um schleunigst wieder zu verschwinden.
Denn an diesen Sammelplätzen der Tierwelt
lauert auch das vier= und zweibeinige Raubzeug.
Die Spuren von Leoparden, Hyänen, Wildkatzen
und Schakalen sind regelmäßig auf der Pfanne
zu sehen. Nachts ertönt dort ein vielstimmiges
Konzert. Auch die noch in der Omaheke in
kleinen Banden streifenden Feldhereros, die zur
Zeit ein Leben wie die Buschleute führen, er-
warten an der Pfanne das Wild, um es mit
dem Wurfkirri oder dem Bogen zu erlegen. Auf
den zum Wasser führenden Wechseln legen sie
Fanggruben an und stellen Schlingen, zu denen
sie neuerdings mit Vorliebe gestohlenen Tele-
graphendraht benutzen. Die Tiere nähern sich
daher mit äußerster Vorsicht, die Vierfüßler nur
unter dem Winde, häufig verhoffend und sichernd.
Tauben und Steppenhühner pflegen erst mehrmals
die Pfanne zu umkreisen.
Die wirtschaftliche Bedeutung der Kalkpfannen
ist wegen ihres meist großen Wasserreichtums nicht
zu unterschätzen. Die Pfannen ermöglichen die
Ausnutzung der ungeheuren Grasflächen der
Omaheke zur Viehzucht, besonders zur Großpvieh=
zucht. Daß sie hierfür besonders geeignet ist,
haben die riesigen Rinderherden der Hereros be-
wiesen. Einige Kapitäne besaßen bis zu 20 000
Stück. Der Ankauf von etwa 150 000 ha durch
die Liebig-Gesellschaft beweist ebenso, daß die
Omaheke und ihre Wasserstellen zur Biehzucht
sehr geeignet erachtet werden. Ein besonderer
Vorzug der Kalkpfannen ist, daß ihre Wasserstellen
häufig offenes und — selten tiefer als 3m —
klares und gesundes Wasser liefern. Kostspielige
Brunnenbauten fallen also fort. Das Wasser
pflegt sich schnell zu ergänzen. Nach den Er-
zählungen der Hereros haben sie vor dem Kriege
und vor der Rinderpest auf manchen Pfannen,
wie Otjimbuku, Okatjire, Ovikokorero, täglich bis
zu 2000 Ochsen getränkt. Von schlechten Regen-
jahren wird der Wassergehalt wenig beeinflußt.
Das ist im letzten Jahre (1908) besonders auf-
gefallen. Während die an Rivieren sitzenden
Farmer über ein bedeutendes Zurückgehen des
Grundwasserspiegels klagen, ist in den Kalklöchern
der Omaheke ein Sinken des Grundwassers kaum
wahrzunehmen.
Der Farmer im Sandfelde wird sich meist
darauf beschränken müssen, seine Wasserstellen zum
Viehtränken auszunutzen. Die Anlage von Feldern
und größeren Gärten bereitet große Schwierig-
keiten, weil die Pfannen in der weiteren Um-
gebung von Kalkgestein und -Geröll und auch in
der Regel von dichtem Dornbusch eingefaßt sind.
Zur Bewässerung des weiter abgelegenen roten
Sandes wären wegen der tiefen Lage der Wasser-
löcher kostspielige Bauten von Wassertürmen,
Wasserhebevorrichtungen und langen Röhren-
leitungen erforderlich. Auf dem mit fettem Humus-
boden bedeckten Grunde einiger Pfannen würden
Gärten in kleinem Maßstabe leicht anzulegen und
zu bewässern sein. Jedoch würden sie in der
Regenzeit häufig wochenlang unter Wasser stehen.
Wo die Kalkhänge genügend mit Erde bedeckt
sind, gedeiht Wein sehr gut, wie Versuche in
Otjosondu bewiesen haben.
Aus dem Kalkgestein der Pfannen läßt sich
leicht ein guter, bindiger Kalk brennen. Das
nötige Brennholz ist fast überall in genügender
Menge vorhanden. Wegen der weiten Transport-
wege können jedoch für die Anfertigung und den
Verkauf von Kalk in größeren Mengen nur die
an der äußersten Südwestgrenze der Omaheke,
in der Nähe der Bahn gelegenen Pfannen in
Betracht kommen.
Der Kalktuff läßt sich sehr leicht bearbeiten
und ist trotz seiner Weichheit gegen Witterungs-
einflüsse widerstandsfähig. In Otjosondu und
Ovikokorero ist er von der Truppe vielfach zum
Hausbau, zu Brunneneinfassungen und Grab-
steinen verarbeitet worden. Angehörige des
Marine-Expeditionskorps erbauten daraus ein
ebenmäßig behauenes Denkmal.
Im Kriege gegen die Hereros haben die
Kalkpfannen als einzige Wasserstellen der Omaheke
eine bedeutsame Rolle gespielt. Um ihren Besitz
fanden die letzten Kämpfe statt. Ihr Verlust
bedeutete für die Hereros den Untergang.