Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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unseren Kolonien vorliegen, und mit deren An- 
bau schon ausreichende Erfahrungen gemacht sind. 
Diese Erkenntnis hat offenbar schon frühzeitig 
dazu geführt, Gerbstoffgewächse aus anderen 
Ländern nach unseren Kolonien zu verpflanzen. 
Anfangs handelte es sich meist nur um kleinere 
Versuche; erst in letzter Zeit haben diese größere 
Dimensionen angenommen. 
1. Gerberakazien. 
Die größte Ausdehnung haben bis jetzt die 
Anbauversuche mit den australischen Gerber- 
akazien erlangt. Diese Kultur empfahl sich zu- 
nächst für gewisse Teile Ostafrikas besonders, 
weil sie sich in anderen Ländern unter ähnlichen 
klimatischen Bedingungen vorzüglich bewährt hat 
und man bereits größere Erfahrung darin besitzt 
als bei irgend einem anderen in Kultur genom- 
menen Gerbstoffgewächs. 
Die Kultur der australischen Gerberakazien 
(Wattle), worunter eine ganze Anzahl nahe ver- 
wandter Arten, besonders A. decurrens und 
mollissima (Black wattle), A. pyenantha und 
pennin ervis (Golden-wattle), sowie A. deal- 
bata und saligna (Silber-wattle), verstanden 
werden muß, hat sich naturgemäß am ersten in 
ihrem Heimatlande entwickelt. Merkwürdigerweise 
ist sie aber gerade dort nicht zur größten Aus- 
dehnung und Vollkommenheit gelangt, sondern 
in einem Lande mit wesentlich anderen Pro- 
duktionsbedingungen, nämlich in Südafrika, und 
zwar vorwiegend in Natal. Man scheint in 
Australien den Fehler begangen zu haben, bei 
der Einführung der Kultur systemlos zu ver- 
fahren. Es wurden meist Vollsaaten über große 
Ländereien angelegt, wobei häufig falscher Samen 
benutzt wurde; den jungen Kulturen ward nicht 
die erforderliche Pflege zuteil. So kam es, daß 
viele Unternehmungen nicht reussierten. Erst in 
neuerer Zeit scheint man zu einer rationelleren 
MWirtschaft übergegangen zu sein und die Wattle- 
kultur macht wieder Fortschritte.“) 
In Natal dagegen hat man beim Wattleanbau 
von vornherein zielbewußter gewirtschaftet; man 
beschränkte sich bald ganz auf die Kultur der am 
geeignetsten befundenen Acacia mollissima, und 
infolgedessen sind die anderen Arten in diesem 
Lande heute zur völligen Bedeutungslosigkeit her- 
abgesunken. 
Vereinzelt, nicht in größerem Umfange finden 
wir die Kultur der Acacia decurrens in 
*) Siehe „Tropenpflanzer“ 1907, Heft 11, S. 260, 
aus der Finanzgchronik Melbournes; desgl. G. M. Satton 
a. a. O. 
  
Vorderindien,'") desgleichen auf Hawaii. Hier 
hat dieselbe Ursache zu ihrer Entstehung geführt 
wie in Natal, nämlich die außerordentliche Nach- 
frage nach Gerbmaterialien vor etwa zwei Jahr- 
zehnten. 
Die Pflanzungen blieben aber später liegen, 
weil man sich lohnenderen Kulturen zuwandte.“) 
Wir haben hier Beispiele dafür, daß der Black- 
wattle auch im tropischen Klima auf sehr ver- 
schiedenen Böden gedeiht.““) 
Daß sich die Gerberakazienwirtschaft in Natal 
zu solcher Blüte entwickelt hat, ist den günstigen 
natürlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen 
zu verdanken, die sich daselbst dieser Kultur dar- 
boten. Die ausgedehnten, meist nur welligen 
oder schwachhügeligen Grasflächen des Hochlandes 
mit seinen gleichartigen, für das Gedeihen des 
Baumes günstigen Klima= und Bodenverhält- 
nissen gestatteten die Anwendung der Arbeit er- 
sparenden Pflugkultur, und die ausgezeichneten 
Verkehrsverhältnisse des Landes ermöglichten die 
Ausnutzung relativ großer Gebiete für den be- 
sagten Zweck. Diesen Vorteilen gegenüber konnte 
der Nachteil der höheren Bodenpreise sowie der 
weniger günstigen Arbeiterverhältnisse nicht allzu 
schwer in die Wagschale fallen. Heute ist aller- 
dings durch das Sinken des Marktpreises der 
Rinde der weiteren Ausdehnung der Akazien- 
kultur eine gewisse Schranke gezogen. Es soll 
über 250 km hinaus von der Küste landeinwärts 
schon keine genügende Rentabilität mehr vor- 
handen sein. Angeblich steht jedoch wieder eine 
Preiserhöhung bevor, die, wenn sie längere 
Zeit anhält, in Natal wie in anderen Ländern 
auf den Gerberakazienanbau fördernd wirken wird. 
Die erste Anlage eines Blackwattle-Bestandes 
geschieht allgemein durch Saat und zweckmäßig in 
Verbindung mit Zwischenkultur von Mais, einer 
Körnerfrucht, für die es im Bereiche des Verkehrs 
nirgends an Absatzgelegenheit fehlt. Die am 
meisten gebräuchlichen Methoden der Reihen= bzw. 
Plätzesaat sind schon mehrfach beschrieben, und 
ich kann deshalb auf die diesbezügliche Literatur 
*) So erwähnt Stuhlmann in seinem ostindischen 
Reisebericht („Tropenpflanzer" 1900, S.596) das massen- 
hafte Vorkommen von Acacia decurrens in den Bergen 
am Godavari, wohin sie vor vielen Jahren gebracht 
wurde, seitdem ohne besondere Pflege üppig gedeiht 
und jetzt sozusagen ein unausrottbares Unkraut bildet. 
*) Nach einem Berichte der Hawati Agricultural 
Experiment Station (Bulletin Nr. 11 1906): The Black 
Wattle (A. decurrens) in Hawai von J. und G. Smith 
ist der Blackwattle auf Hawai jetzt überall vereinzelt 
vorhanden: größere Bestände wurden dagegen nur am 
Tantalus-Berg angelegt, sie haben sich daselbst auf 
sehr ungleichartigen Böden gut entwickelt, ja sie kamen 
sogar auf felsigem Boden noch einigermaßen fort.
	        
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