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Die Bestrebungen des Komitees gehen nun
dahin, in Zukunft die in Deutsch-Ostafrika be-
nötigte Baumwollsaat in der Kolonie selbst zu
gewinnen. Auf diese Weise würde nicht nur ein
größerer Teil der bisher für den Saatbezug aus
Agypten aufgewendeten Kosten erspart werden,
sondern es besteht auch begründete Hoffnung, daß
es allmählich gelingen wird, für die verschiedenen
in der Kolonie herrschenden Kulturbedingungen
besonders geeignete Baumwollvarietäten heran-
zuzlüchten. Die Vertretung des Komitees in
Daressalam hat sich in dieser Angelegenheit mit
dem Biologisch = Landwirtschaftlichen Institut
Amani in Verbindung gesetzt und im Einver-
nehmen mit diesem für den Saatbezug aus der
Kolonie folgende Grundlagen geschaffen:
Zunächst würden die der Saatzucht dienenden
Pflanzungen oder Teile von solchen einer Kon-
trolle durch die Sachverständigen des Komitees
oder des Biologisch-Landwirtschaftlichen Instituts
Amani unterliegen. Es ist hierbei namentlich
auf den Wuchs der Pflanzen, Varietätenreinheit,
Abwesenheit von Schädlingen und, sobald die-
selben vorhanden, auf die Qualität der Wolle
Gewicht zu legen. Die sogenannte „Hindi-Baum-
wolle“, die auch auf Feldern, auf den direkt aus
Agypten bezogene Saat verwendet wurde, stellen-
weise in beträchtlichen Mengen vorkommt und
als durchaus minderwertig zu betrachten ist, ist
auf den zur Saatzucht bestimmten Feldern mög-
lichst bald zu entfernen. Da diese Varietät be-
reits beim Beginn der Blütezeit auch von Ein-
geborenen nach kurzer Anleitung leicht und mit
Sicherheit zu erkennen ist, würden die Reisen
der Sachverständigen womöglich mit dem Beginn
der Blüteperiode zu beginnen haben. Durch
möglichst frühzeitige Entfernung der „Hindi-
Pflanzen“ würde auch die Bildung von Hybriden
zwischen diesen und den guten ägyptischen Va-
rietäten verhindert werden.
Von denjenigen Pflanzungen, die nach Ansicht
der Sachverständigen in der Lage sind, Saatgut
zu züchten, würde sich das Kolonial-Wirtschaftliche
Komitee voraussichtlich verpflichten, alle gute Saat
zum Preise von 5¼ Rup. — 7 7“ pro Zentner
in Säcken frei Ginstation zu erwerben.
Die Pflanzungen hätten sich außerdem zu
verpflichten, daß bei der Ernte mit der größten
Sorgfalt verfahren wird, indem nur erstklassige
Baumwolle für das Saatgut eingesammelt werden
darf. Die von den für die Saatzucht bestimmten
Feldern geerntete Saat muß von der anderen
Baumwollsaat getrennt gehalten werden.
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In den näördlichen Bezirken der Kolonie wird
die Baumwollkultur mehr als Zwischenkultur
mit anderen Kulturen betrieben, und zwar vor-
wiegend mit Kautschuk und Sisalagaven. Die
bisher vorliegenden Ergebnisse sind recht zufrieden-
stellend. So hat die Firma Trautmann & Weiß-
flog, die im Jahre 1908 auf ihren Pflanzungen
Mombo und Ndungu etwa 200 ha mit Baum-
wolle als Zwischenkultur bepflanzt hat, hiervon
pro Hektar 3¾ Zentner Baumwolle geerntet und
beabsichtigt im laufenden Jahr eine mindestens
gleich große Fläche mit Baumwolle zu bestellen.
Die Baumwollpflanzungen von Barry & Taube
und des Ansiedlers v. Lewinski ergaben als
Zwischenkultur sogar bis zu 6 Zentner entkörnte
Baumwolle pro Hektar.
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Der Resident für den Bukoba= Bezirk,
Hauptmann v. Stuemer, beabsichtigt im Ein-
verständnis mit dem Kaiserlichen Gouvernement
in seinem Bezirk die Baumwollkultur einzuführen
und hat vom Gouvernement die übersendung
größerer Saatmengen erbeten. Die Saat soll
den Sultanen Mutahangarua von Kisiba, Muntu
von Kiantuara, Kahigi von Kianja und Kassussura
von Ussuwi zur Verteilung an ihre Untertanen
zur Verfügung gestellt werden; bei der ziemlich
dichten Bevölkerung des Bukoba-Bezirkes und bei
dem großen Einfluß der einzelnen Sultane auf
ihre Untertanen darf erwartet werden, daß in
diesem Bezirk die Baumwollkultur eine große
Ausdehnung nehmen wird, sobald erst einmal
die Kulturbedingungen festgelegt sind.
Der Bezirk Bukoba, westlich des Viktoriasees,
mit seiner Höhenlage von über 1200 m fl. M.
wird vermutlich ähnliche Kulturbedingungen für
die Baumwollkultur besitzen wie die britische
Kolonie Uganda im Norden des BDiktoriasees.
Dort wird vornehmlich amerikanische Upland-
Baumwolle gepflanzt, und zwar mit sehr günstigen
Ergebnissen. Nach dem Bericht der British
Cotton Growing Asscciation vom März 1909
haben die Eingeborenen von Uganda den Baum-
wollbau bereitwillig aufgenommen. Die Jahres-
produktion 1906 betrug 500 Ballen, 1907
2000 Ballen, und für 1908 wird mit einer
Ernte von 5000 Ballen gerechnet. Die Qualität
der Baumwolle wird als ausgezeichnet geschildert,
und die erzielten Preise beliefen sich auf ½ bis
1 Penny über amerikanisch middling.
Es handelt sich nun zunächst darum, durch
kleinere systematische Kulturversuche die richtige
Pflanzzeit für die verschiedenen Gebiete des
Bukoba-Bezirkes festzustellen. Das Komitee hat
zu diesem Zweck seine Vertretung in Daressalam
beauftragt, ein Quantum ägyptischer Saat, und
zwar Abassi und Mitafifi, nach Bukoba zu senden,
sowie aus Uganda ein Quantum dort gezogener