Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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Menschen, sondern auch den seines Vaters oder 
Vormunds. Nach Sec. 154 1) wird jeder bestraft, 
der die Beschneidung vornimmt oder dabei behilflich 
ist, an einer Person, deren Vater oder Vormund 
seine Zustimmung zu der Beschneidung nicht er- 
teilt hat. 
Zauberei. 
Weittragender in ihrer Bedeutung sind die Be- 
stimmungen des Code über Zauberei und Hexerei, 
denn gerade die diesbezüglichen Gebräuche waren 
bei den Kaffern eine Quelle gröbsten Mißbrauches 
und ein Mittel für die größte Willkür. Zur Er- 
klärung der Bedeutung der Bestimmungen des Code 
ist des näheren auf den bei den Kaffern herr- 
schenden Aberglauben einzugehen. 
Maclean widmet dem Grunde und den Folgen 
dieses Aberglaubens ein ausführliches Kapitel (S. 88 
bis 92), dem ich folgendes entnehme. 
Die Kaffern glaubten fest an Zauberei und 
nahmen an, daß alle Krankheiten und Widerwärtig- 
keiten des Lebens dadurch verursacht würden. Die 
Folge davon war einmal, daß sie häufig ihren per- 
sönlichen Feindseligkeiten durch Behexungsversuche 
ihrer Widersacher Ausdruck gaben. Dies geschah 
oft durch Anwendung von Pflanzengiften, was auch 
zum Kapitel der Zauberei gerechnet wurde. Die 
weitere Folge war, daß die Heilkunde vernachlässigt 
wurde, und Hilfe in Zaubermitteln, Opfern und 
ähnlichem gesucht wurde, und daß die Eingeborenen 
den Urheber des übels in der Person eines 
Zauberers herauszufinden suchten. Zu diesem Zwecke 
hatten sie ein besonderes Verfahren erfunden. Bevor 
dies Verfahren, genannt „Umhlahlo“ ), eingeleitet 
wurde, mußte durch die Angehörigen des Kranken 
beim Häuptling die Erlaubnis dazu eingeholt werden. 
Wurde sie erteilt, so wandte sich der Kraal des 
Kranken an einen Priester, der eine Versammlung 
der Bewohner aller benachbarten Kraals berief. 
In dieser Versammlung bezeichnete dann der Priester 
diejenigen, die den Kranken behext haben sollten. 
Daß er dabei zuerst seiner persönlichen Feinde ge- 
dachte, leuchtet ein. Die Genannten wurden dann 
gefoltert, um sie zum Geständnis und zur Angabe 
ihrer Zaubermittel zu bringen. Taten sie dies 
nicht, so wurden sie meist zu Tode gesoltert. Wollte 
das Volk ihnen das Leben erhalten, so mußte der 
Priester ihrem Gedächtnisse nachhelfen, bis sie ein 
Zaubermittel vorbrachten. 
Weigerlen sie sich trotzdem, so wurden sie meist 
wegen ihrer Hartnäckigkeit kurzer Hand getötet. 
Kam der Verdächtigte mit dem Leben davon, so 
mußte er an den Häuptling eine Strafe zahlen, die 
der für die Tötung eines Menschen bestimmten 
entsprach, und zwar selbst dann, wenn der angeblich 
Beherte wieder gesund wurde. 
— 
  
  
1) Dieselbe Strafe wie in Scc. 153. 6 # 
2) Maclean übersetzt „Umhlahlo“ mit Smelling 
out for witcheraft. 
  
Das „Umhlahlo“ bot wie dem Priester, so auch 
dem Häuptling, mit dem der Priester dann im Ein- 
verständnis handelte, Gelegenheit, lästige einfluß- 
reiche Gegner loszuwerden, indem häufig auf 
seinen Befehl die der Zauberei Beschuldigten ge- 
tötet wurden. In solchen Fällen nahm dann der 
Häuptling meist das ganze Vermögen des Hin- 
gerichteten an sich, oft sogar das ganze Besitztum 
des Kraals, dem jener angehört hatte. 
So bildete für den Häuptling die Handhabung 
des „Umhlahlo“ auch eine bequeme Quelle der Be- 
reicherung. 
Den Gefahren, welche der Zauberei-Aberglauben 
mit sich bringt, zu steuern, versucht der Code mit 
folgenden Bestimmungen. Er droht jedem eine 
Geldstrafe an, )) der eine andere Person als Zauberer 
oder Hexe (umtakati) bezeichnet, d. h. ihr den Ge- 
brauch nicht natürlicher Mittel zur Erregung von 
Krankheiten bei Mensch oder Vieh oder zur Bei- 
bringung sonstigen Schadens an Personen oder 
Eigentum zuschreibt. 
Viel schwerer ist die Strafe, die der Code gegen 
Leute verhängt, die berufs= oder gewohnheitsmäßig 
Zauberer und Hexen aufspüren, die sogenannten 
Hexenfinder (isanusi). Dies wird nach dem vorher 
über die Priester und ihr Wirken als Hexenfinder 
Gesagten vollkommen gerechtfertigt erscheinen. Die 
Hexenfinder werden nach Sec. 172 des Code mit 
Kerker bis zu zwei Jahren mit oder ohne Zwangs- 
arbeit, oder mit Geldstrafe oder Prügelstrafe oder 
mit zwei oder mehreren dieser Strafen kumulativ 
bestraft. Um der Zunft der Hexenfinder ihre 
Existenzmöglichkeit weiter zu erschweren, werden 
nach Sec. 173 auch solche Personen bestraft?), die 
einen „Isanusis annehmen, damit er ihnen eine 
dritte Person als #mtakatie bezeichnet. 
Es würde aber nur eine halbe Maßregel sein, 
nur das zu bestrafen, was mit dem „Umhlahlo“" in 
unmittelbarem Zusammenhang steht. Es gilt, das 
Übel an der Wurzel zu treffen, dem Aberglauben 
selbst zu steuern, um dadurch das Bedürfnis zu 
beseitigen, ein Verfahren zur Auffindung von 
Zauberern anzuwenden. Solange die Eingeborenen 
aber glauben, daß Zaubermittel benutzt werden, kann 
ihre Furcht davor und ihr Bestreben, den Urheber 
ihrer Leiden, die sie der Zauberei zuschreiben, heraus- 
zufinden, nicht aufhören. Es müssen deshalb gegen 
jeden Maßregeln getroffen werden, der dieser Furcht 
Vorschub leistet. Sec. 1743) des Code bestraft 
daher jeden, der vorgibt, Kenntnis von Zauberei 
und Zaubermitteln zu haben, wenn er einem andern 
Rat erteilt, wie er einen Dritten, dessen Vieh oder 
  
  
1) Scc. 171. Strafe: 40 sh, bei Nichtbezablung 
14 Tage Kerker mit oder ohne Zwangsarbeit. 
2) Geldstrafe bis zu 5 Pfund und bei Nicht= 
bezahlung Kerker bis zu zwei Monaten mit oder ohne 
Zwangsarbeit. 
3) KRerker bis zu 12 Monaten mit oder obhne 
Zwangsarbeit oder Vermögensstrafe.
	        
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