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Menschen, sondern auch den seines Vaters oder
Vormunds. Nach Sec. 154 1) wird jeder bestraft,
der die Beschneidung vornimmt oder dabei behilflich
ist, an einer Person, deren Vater oder Vormund
seine Zustimmung zu der Beschneidung nicht er-
teilt hat.
Zauberei.
Weittragender in ihrer Bedeutung sind die Be-
stimmungen des Code über Zauberei und Hexerei,
denn gerade die diesbezüglichen Gebräuche waren
bei den Kaffern eine Quelle gröbsten Mißbrauches
und ein Mittel für die größte Willkür. Zur Er-
klärung der Bedeutung der Bestimmungen des Code
ist des näheren auf den bei den Kaffern herr-
schenden Aberglauben einzugehen.
Maclean widmet dem Grunde und den Folgen
dieses Aberglaubens ein ausführliches Kapitel (S. 88
bis 92), dem ich folgendes entnehme.
Die Kaffern glaubten fest an Zauberei und
nahmen an, daß alle Krankheiten und Widerwärtig-
keiten des Lebens dadurch verursacht würden. Die
Folge davon war einmal, daß sie häufig ihren per-
sönlichen Feindseligkeiten durch Behexungsversuche
ihrer Widersacher Ausdruck gaben. Dies geschah
oft durch Anwendung von Pflanzengiften, was auch
zum Kapitel der Zauberei gerechnet wurde. Die
weitere Folge war, daß die Heilkunde vernachlässigt
wurde, und Hilfe in Zaubermitteln, Opfern und
ähnlichem gesucht wurde, und daß die Eingeborenen
den Urheber des übels in der Person eines
Zauberers herauszufinden suchten. Zu diesem Zwecke
hatten sie ein besonderes Verfahren erfunden. Bevor
dies Verfahren, genannt „Umhlahlo“ ), eingeleitet
wurde, mußte durch die Angehörigen des Kranken
beim Häuptling die Erlaubnis dazu eingeholt werden.
Wurde sie erteilt, so wandte sich der Kraal des
Kranken an einen Priester, der eine Versammlung
der Bewohner aller benachbarten Kraals berief.
In dieser Versammlung bezeichnete dann der Priester
diejenigen, die den Kranken behext haben sollten.
Daß er dabei zuerst seiner persönlichen Feinde ge-
dachte, leuchtet ein. Die Genannten wurden dann
gefoltert, um sie zum Geständnis und zur Angabe
ihrer Zaubermittel zu bringen. Taten sie dies
nicht, so wurden sie meist zu Tode gesoltert. Wollte
das Volk ihnen das Leben erhalten, so mußte der
Priester ihrem Gedächtnisse nachhelfen, bis sie ein
Zaubermittel vorbrachten.
Weigerlen sie sich trotzdem, so wurden sie meist
wegen ihrer Hartnäckigkeit kurzer Hand getötet.
Kam der Verdächtigte mit dem Leben davon, so
mußte er an den Häuptling eine Strafe zahlen, die
der für die Tötung eines Menschen bestimmten
entsprach, und zwar selbst dann, wenn der angeblich
Beherte wieder gesund wurde.
—
1) Dieselbe Strafe wie in Scc. 153. 6 #
2) Maclean übersetzt „Umhlahlo“ mit Smelling
out for witcheraft.
Das „Umhlahlo“ bot wie dem Priester, so auch
dem Häuptling, mit dem der Priester dann im Ein-
verständnis handelte, Gelegenheit, lästige einfluß-
reiche Gegner loszuwerden, indem häufig auf
seinen Befehl die der Zauberei Beschuldigten ge-
tötet wurden. In solchen Fällen nahm dann der
Häuptling meist das ganze Vermögen des Hin-
gerichteten an sich, oft sogar das ganze Besitztum
des Kraals, dem jener angehört hatte.
So bildete für den Häuptling die Handhabung
des „Umhlahlo“ auch eine bequeme Quelle der Be-
reicherung.
Den Gefahren, welche der Zauberei-Aberglauben
mit sich bringt, zu steuern, versucht der Code mit
folgenden Bestimmungen. Er droht jedem eine
Geldstrafe an, )) der eine andere Person als Zauberer
oder Hexe (umtakati) bezeichnet, d. h. ihr den Ge-
brauch nicht natürlicher Mittel zur Erregung von
Krankheiten bei Mensch oder Vieh oder zur Bei-
bringung sonstigen Schadens an Personen oder
Eigentum zuschreibt.
Viel schwerer ist die Strafe, die der Code gegen
Leute verhängt, die berufs= oder gewohnheitsmäßig
Zauberer und Hexen aufspüren, die sogenannten
Hexenfinder (isanusi). Dies wird nach dem vorher
über die Priester und ihr Wirken als Hexenfinder
Gesagten vollkommen gerechtfertigt erscheinen. Die
Hexenfinder werden nach Sec. 172 des Code mit
Kerker bis zu zwei Jahren mit oder ohne Zwangs-
arbeit, oder mit Geldstrafe oder Prügelstrafe oder
mit zwei oder mehreren dieser Strafen kumulativ
bestraft. Um der Zunft der Hexenfinder ihre
Existenzmöglichkeit weiter zu erschweren, werden
nach Sec. 173 auch solche Personen bestraft?), die
einen „Isanusis annehmen, damit er ihnen eine
dritte Person als #mtakatie bezeichnet.
Es würde aber nur eine halbe Maßregel sein,
nur das zu bestrafen, was mit dem „Umhlahlo“" in
unmittelbarem Zusammenhang steht. Es gilt, das
Übel an der Wurzel zu treffen, dem Aberglauben
selbst zu steuern, um dadurch das Bedürfnis zu
beseitigen, ein Verfahren zur Auffindung von
Zauberern anzuwenden. Solange die Eingeborenen
aber glauben, daß Zaubermittel benutzt werden, kann
ihre Furcht davor und ihr Bestreben, den Urheber
ihrer Leiden, die sie der Zauberei zuschreiben, heraus-
zufinden, nicht aufhören. Es müssen deshalb gegen
jeden Maßregeln getroffen werden, der dieser Furcht
Vorschub leistet. Sec. 1743) des Code bestraft
daher jeden, der vorgibt, Kenntnis von Zauberei
und Zaubermitteln zu haben, wenn er einem andern
Rat erteilt, wie er einen Dritten, dessen Vieh oder
1) Scc. 171. Strafe: 40 sh, bei Nichtbezablung
14 Tage Kerker mit oder ohne Zwangsarbeit.
2) Geldstrafe bis zu 5 Pfund und bei Nicht=
bezahlung Kerker bis zu zwei Monaten mit oder ohne
Zwangsarbeit.
3) KRerker bis zu 12 Monaten mit oder obhne
Zwangsarbeit oder Vermögensstrafe.