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siert: Alle Bezirke sind in Impfkreise eingeteilt.
Dem Sanitätspersonal sind Mittel bereitgestellt,
aus denen es die Kosten für durchschnittlich drei
Monate dauernde Impfreisen bestreiten kann,
und es ist Vorsorge getroffen, daß diese Mittel
im Falle eines Pockenausbruchs entsprechend
erhöht werden, um eine längere Reisedauer zu
ermöglichen. Solange nicht ein derartiger Fall
Ausnahmen notwendig macht, ist eine bestimmte
Reihenfolge in der Bereisung der Impfkreise
derart vorgeschrieben, daß jeder im Verlauf von
fünf Jahren einmal besucht wird. Dadurch wird
erstrebt, daß wenigstens ein bestimmter Prozent-
satz der Bevölkerung gleichmäßig Impfschutz erhält,
wenn auch die Durchimpfung der gesamten Ein-
geborenen noch nicht erreicht werden kann. Leider
hat dies Prinzip in den beiden letzten Jahren
in den Bezirken am Tanganzjika nicht durchgeführt
werden können, wo die Bekämpfung der Schlaf-
krankheit das Sanilätspersonal gänzlich in
Anspruch nimmt.
Eine ständige Lymphbereitung ist in Dares-
salam zur Versorgung der Küstenbezirke, in
Mpapua, jetzt verlegt nach Kilimatinde, zur
Versorgung der Bezirke an der Baustrecke der
Zentralbahn seit September 1908 eingerichtet;
ebenso in Iringa und Neu-Langenburg seit
Anfang 1909 zur Versorgung der Südbezirke.
Nach einigen, durch äußere Umstände veranlaßten
Unterbrechungen, wird der Nordwesten des Schutz-
gebietes seit den letzten Monaten von Tabora
und Bukoba aus mit Lymphe versorgt, während
im Nordosten Moschi für sich allein sorgt.
Gelegentliche Lymphbereitung hat auf fast allen
Sanitätsdienststellen stattgefunden, namentlich als
sich in den beiden letzten Jahren die Pocken fast
über das ganze Schutzgebiet ausbreiteten.
Die Erfahrungen, die beim Impfgeschäft und
bei der Lymphbereitung gemacht worden sind,
können zwar hier nicht durch exakte Versuchs-
reihen belegt werden; dazu hat sich bei den
mannigfachen Anforderungen des hiesigen Sanitäts-
dienstes bisher fast nie die erforderliche Zeit ge-
winnen lassen. Aber aus den eingelaufenen
Berichten lassen sich folgende Ergebnisse zusammen-
stellen:
Als Imupftiere sind vorzugsweise Kälber
benutzt, in einem Fall auch mit Erfolg Hammel
und in einem anderen Ziegen. Diese Tiere
werden zum Teil aus dem Gouvernementsvieh
gestellt, zum Teil von Farmern ermietet (Höchst-
satz 5 Rupie = 6,66 J/0). Sie nachher zu
schlachten, hat sich noch nicht als nötig erwiesen,
zumal Tiertuberkulose nicht vorkommt. Kaninchen
waren an den meisten Stationen nicht zu erhalten;
nur in Daressalam ist von ihnen neben meist
negativen Erfolgen zuweilen brauchbare Lymphe
gewonnen worden.
Als Ausgangsmaterial dient Kälberlymphe.
Diese wird immer noch aus Europa bezogen (in
letzter Zeit in vorzüglicher Beschaffenheit vom
Hamburger Staatsimpfinstitut), um stets einwand-
freie Vaccinestämme zur Hand zu haben. Neuer-
dings ist es in zwei Fällen gelungen, afrikanische
Variola in Vaccina und in einem Fall in Ovine
umzuzüchten. Von diesen Stämmen abgesehen,
über deren Virulenzdauer noch keine Erfahrungen
vorliegen, hat es sich allgemein gezeigt, daß ein
ständiger Wechsel von Vaccine auf Menschen,
von Humane auf Kälber die besten Resultate
nach Menge und Wirksamkeit der Lymphe ergibt.
Die verschiedenen Methoden der Beschickung
des Impffeldes haben keinen Einfluß auf die
Erzeugung großer Lymphmengen ergeben, ebenso-
wenig die Höhenlage der Station, die Jahres-
zeit und die Behandlung der Kälber im Weide-
gang, im Stall oder gar mit Stoffüberzügen be-
kleidet. Für die Verarbeitung der Lymphe hat
sich das von Professor Voigt zusammengestellte
Impfbesteck vorzüglich bewährt; in Daressalam
ist neuerdings eine Lymphmühle nach Chalybaeus
in Gebrauch genommen. Zur Keimverminderung
und Verdünnung wird nur Glyzerin im Ver-
hältnis von 3: 1 Rohstoff verwendet. Zur
Abfüllung sind sterilisierte Kapillaren am meisten
benutzt. Ob die Hitze beim Zuschmelzen der
Kapillaren die Lymphe durch chemische Ver-
änderung des Glhyzerins schädigt, erscheint noch
nicht sicher nachgewiesen, andrerseits ist der Ver-
schluß mit Schellack und dergleichen, weil leicht
abbröckelnd, mehrfach beanstandet worden. In
letzter Zeit wurde die Abfüllung in sterile Glas-
röhren zu 0,5 bis 4 cem versucht; sie erscheint
überall da vorzuziehen, wo genügend Impflinge
an einem Tage zusammenzubringen sind, denn in
einem einmal geöffneten und angebrauchten Ge-
fäß verdirbt die Lymphe anscheinend sehr schnell.
Die im Schutzgebiet hergestellte Lymphe
verliert nach allen Berichten auch bei kühler
Aufbewahrung ihre Wirksamkeit viel schneller, als
die aus Europa bezogene, oft schon innerhalb
eines Monats von 100 v. H. auf 30 v. H. und
darunter. Eine zureichende Erklärung fehlt. Für
die Praxis hat sich jedoch die Forderung ergeben,
nur zwei bis drei Wochen alte Lymphe zu ver-
wenden und die übrige zu vernichten, wenn sie
in dieser Frist nicht verwertet werden kann.
Infolgedessen stellt sich die Zahl der im Schutz-
gebiet bereiteten Portionen Lymphe etwa doppelt
so hoch, als die unten angegebene Zahl der mir
ihr ausgeführten Impfungen.
Nur durch die Erzeugung der Lymphe im
Schutzgebiet ist es möglich gewesen, die Zahl der