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regen Verkehrs halte ich die Umgebung von Ngoa
für eine Stationsanlage nicht geeignet. Bei Ngoa
ging ich über den Ntem und marschierte über
Mabang, Misele in fünf Tagen nach Ambam.
In Misele, einen Tagemarsch von Ambam ent-
fernt, ist eine Faktorei der Afrikanischen Kompapnie.
Sind die Wege in der Ntem-Niederung über-
haupt nicht gut zu nennen, so begann auf dem
nördlichen Ufer von Jebebak bis zwei Marschtage
vor Ambam ein Marsch nur durch Sumpf und
Wasser, bedingt durch die niedrige Lage und die
unzähligen kleinen Flüsse, die alle hier dem Ntem
zufließen. In den wenigen und auch nicht allzu-
großen Ortschaften gab es zahllose Moskitos. Von
einem späteren Ausbau dieses Weges wird wohl
abgesehen werden und eine Verlegung stattfinden
müssen.
Am 12. Juni traf ich in Ambam ein, um
die nach hier bestellte Post in Empfang zu nehmen.
Um auch das Ntum-Gebiet südlich des Ntem
an der spanischen Grenze und die im sog. großen
Kampobogen wohnenden Essamangun (Samagunde)
kennen zu lernen, trat ich am 19. Juni den
Marsch von neuem an. Uüber die Ortschaft Mjin
erreichte ich in vier Stunden den Ntem. Nach
dem Übersetzen marschierte ich anderthalb Tage
südwestlich und erreichte dann die Straße Akonanji
— Belun — N goa.
Fand ich auf meinem Marsche Ngon —
Mabang — Ambam sehr schlechten Weg, so war
hier auf dem südlichen Ufer das Gegenteil der
Fall. Durch ein stark bevölkertes Gebiet, in dem
der Urwald durch Anlage von Farmen fast voll-
ständig verschwunden ist, führt ein guter, fast
überall breit ausgeschlagener Weg bis einen halben
Tagemarsch vor Ngoa, wo wieder sumpfiges
Buschland beginnt. Zum Teil führt dieser Weg
stundenlang fast direkt am Ntem entlang.
Die Ortschaft Belun, welche gegenüber
Abumasok gelegen hat, wurde verlassen und
nur noch als mit Buschwerk bestandener Dorf-
platz angetroffen. Belun ist schon seit über zwei
Jahren verlassen.
Ngoa erreichte ich am 27. Juni. Da ich
genaue Erkundigungen über die Verhältnisse im
großen Kampobogen einziehen mußte, denn es
wurde viel von der Frechheit und Raublust der
dort ansässigen Essamangun erzählt, machte ich
einen Ruhetag. Hier wurde mir gesagt, daß die
Essamangun Schwierigkeiten machen würden, denn
sie hätten schon damit geprahlt, daß bei ihnen
kein „Gobina“ (bei diesen Leuten ist jeder Re-
gierungsbeamte „Gobina“, d. h. Governor) durchs
Gebiet zu ziehen wagen dürfe. Dennoch machte ich
mich am 29. Juni nach dort auf den Weg.
Von Ngoa marschierte ich in westlicher Rich-
tung. Alle Dörfer, durch die ich kam, fand ich
verlassen. In dem Orte Nsiangu bezog ich Lager.
Nach einiger Zeit stellten sich einige Männer ein,
aber das richtige Vertrauen hatten sie nicht. Am
30. Inni morgens ging es weiter. Nach zwei-
einhalbstündigem Marsche erreichte ich die Ort-
schaft Alan. Von hier aus war es schon schwer
einen Führer nach der zwei Stunden weiter
gelegenen Landschaft Njassa zu bekommen. Nach
Passieren eines Busches erreichte ich das erste
Dorf von Njassa. In diesem ersten Orte war
alles auf und davon. Vor einem Hause stand
noch ein Zündhütchengewehr, das einer in der
Eile anscheinend vergessen hatte, denn es war
fertig zum Abschießen. In dem nächsten Dorfe
sprang gerade ein Kerl mit Gewehr aus seinem
Hause heraus und rief mir zu, ich solle halten
und zurückgehen, sonst würde geschossen. Ich
nahm die Sache immer noch nicht so ernst, son-
dern ging, meine Routenaufnahmen machend, in
aller Ruhe weiter und ließ durch den Dolmetscher
den Leuten zurufen, daß ich keine feindlichen
Absichten hätte, doch wurde mir erwidert, es
würde niemand durch ihr Gebiet gelassen, ich solle
zurückgehen. An ein Zurückgehen war natürlich
gar nicht zu denken, denn dann wäre meine Kolonne
erst recht beschossen worden. Als ich in das dritte
Dorf kam, gelang es, einen Mann, der gerade
mit einer Hand voll Speeren aus dem Palaver-
haus trat, festzunehmen. Dieser mußte nun den
Dolmetscher unterstützen, den Leuten zuzurufen,
nicht zu schießen. So durchzog ich ein Dorf
nach dem andern, auf beiden Seiten hinter den
Häuserreihen und den Bananenbüschen von Hun-
derten von Männern mit schußfertigen Gewehren
verfolgt. Als ich das neunte Dorf erreichte, erfuhr
ich von meinem unfreiwilligen Führer, daß dieses
das Häupliingsdorf sei. Hier machte ich halit,
und sandte diesen Mann mit den Speeren, um
den Häuptling zu rufen. In wenigen Minuten
war das Dorf umstellt. Ich ließ nochmals zum
Frieden ermahnen und stellte mich ohne Waffen
auf den Dorfplatz. Dies schien zu wirken, nach
und nach wurden die Gewehre zur Seite gestellt,
und die mutigsten oder frechsten kamen ins Dorf.
Nach längeren Unterhandlungen kam der Häupt-
ling. Ob er es wirklich war, weiß ich bis heute
noch nicht. Den richtigen Grund der feindlichen
Haltung konnte ich nicht erfahren. Auf jeden
Fall ist es die Art der Essamangun, allen durch-
ziehenden Kolonnen gegenüberzutreten; sie ahmen
darin ihre Stammesbrüder auf spanischem Gebiet
nach. Denn die Spanier können, heißt es, bis
heute nicht sehr weit über Bata hinaus, ohne von
den dort bis fast an die Küste sitzenden Essamangun
belästigt zu werden. Meine Lage war sehr erust:
wäre es zum Schießen gekommen, ich wäre mit
meiner Kolonne, die durch 10 Soldaten zu wenig