Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

G 506 20S 
bewohner feierlich verkündet. Das Urteil kann 
auch auf Zweikampf lauten; dieser besteht in 
Faust= und Ringkämpfen, wird aber nicht bis zur 
Tötung eines Gegners ausgefochten. 
Der Hauptberuf der Buschleute ist der als 
Jäger, daneben gibt es nur noch einen Berufs- 
stand: die Waffenschmiede. Diese fertigen sehr 
geschickt Pfeile und Speere an. Neben dem mehr- 
erwähnten Werftältesten tritt als Führer auch ab 
und zu ein Häuptling auf, aber nur im Falle 
eines Kriegszuges. Der Häuptling ist dann auch 
immer noch an die Beschlüsse eines Kriegsrates 
gebunden, dem jeder männliche Kriegsteilnehmer 
angehört. 
So kümmerlich wie die äußere Erscheinung 
der Buschleute ist, so dürftig sind ihre Gewohn- 
heiten und Rechtsanschauungen. Wenn die ärgsten 
Feinde der Namib-Buschleute, die Witboois, noch 
als Stamm existieren würden, wären die Ganin 
und Géinin wohl schon längst aufgerieben. Die 
spärlichen Reste werden jetzt von den der Namib 
benachbarten Farmern und von der Regierung 
zu friedlicher Arbeit herangezogen. Ein echter 
Buschmann nach dem andern geht so in dem 
Eingeborenengemisch von Maltahöhe auf. Die 
Ganin und Géinin der Namib-Wüste werden in 
wenigen Jahren ganz verschwunden sein. 
—.. 
Bahnbilder aus Deutsch-Südwestakrika. 
(Mit vier Abbildungen.) 
Die Bahnstrecke Swakopmund — Jakals- 
water — Karibib ist seit dem 1. April d. Js. 
für den Durchgangsverkehr geschlossen. Die von 
ihr durchzogene Landschaft, großenteils die 
„Namib“, ist im allgemeinen eintönig und reizlos 
und zwar in solchem Maße, daß der Reisende es 
schon als anregende Abwechslung empfindet, wenn 
ihm die hier häufigen Luftspiegelungen eine blanke 
Wasserfläche in der Ferne vortäuschen. Eine 
glänzende Ausnahme bildet die Partie im Khan- 
gebirge. Schroffe, scharfgezackte, riesenhafte Fels- 
massen, von der tiefen Rinne des Khans und 
seiner Seitenarme durchfurcht, geben ein Bild von 
eigenartiger Schönheit. 
Auf der Lüderitzbahn macht die sogenannte 
Dünenstrecke dem Betriebstechniker viel Sorge. 
Vom Meere ans Land gespült, zum Teil auch 
  
dem Wüstenschutt entstammend, wälzen sich jahr- 
aus jahrein längs der Küste des Namalandes 
unabsehbare, erstarrten Meereswogen vergleichbare 
Sandmassen, von dem fast ständig wehenden Süd- 
winde getrieben, in einer hier loseren, dort festeren, 
hier breiteren, dort schmaleren Kette von Wander- 
dünen nach Norden. Durch diese Dünenkene 
läuft die Lüderitzbahn von Kilometer 19 bis 26. 
Sie muß sich ihrer in hartem Kampfe erwehren. 
Namentlich im südwestafrikanischen Sommer ist 
der Andrang des Sandes so groß, daß ständig 
starke Arbeiterkolonnen zu tun haben, um die auf 
die Bahn kommenden Sandmassen zu entfernen. 
Diese Arbeiten nehmen einen solchen Umfang an, 
daß man jetzt zu dem Versuche Übergeht, maschi- 
nell den der Bahn nahe kommenden Sand anzu- 
saugen und auf die See(Nordgseite zu drücken. 
Daneben gehen die Bestrebungen dahin, die Sand- 
massen südlich der Bahn zu stauen. Man hat 
Versuche mit einer Begrünung der Dünen nach 
heimischem Muster gemacht. Sie sind bisher an 
der enormen Regenarmut dieses Landstriches ge- 
scheitert. Einstweilen müssen statt der lebenden 
tote Decken helfen: weite Flächen sind mit Matten, 
andere mit Dung bedeckt. Man ist auch dazu 
geschritten, versuchsweise auf der Seeseite der Bahn 
einen durchgängigen Schutzwall aus den Sand- 
massen selbst zu errichten; an ihm sollen die von 
Süden anwandernden Dünen zur Ruhe kommen. 
Das Hochziehen des Walles geschieht in einfacher 
Weise mittels einer Wand von senkrecht mit 
Zwischenräumen nebeneinander gestellten Bohlen, 
die — wie jedes derartige Hindernis — die 
Sandmassen zur Ablagerung zwingen. Ist der 
Sand etwa bis auf einen Fuß unter die Ober- 
kante der Wand gestiegen, so werden die Bohlen, 
eine nach der andern, mit Wuchtbäumen, die an 
umgelegten Ketten angreifen, leicht und rasch 
hochgezogen, und das Spiel beginnt von neuem. 
Ob es mit diesen und ähnlichen Mitteln ge- 
lingen wird, der Versandung dauernd und ge- 
nügend Herr zu werden, muß die Erfahrung 
lehren. Wenn alles andere versagt, stehen noch 
zwei Radikalmittel zur Verfügung: die Einlegung 
einer Tunnel= oder die einer Hochbahn-Strecke 
auf die ganze Breite des Dünengürtels. Das 
würde allerdings einige Millionen Mark kosten 
und daher nur im wirklichen Notfalle zu recht- 
fertigen sein.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.