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dieser Erpressungen wanderten ganze Stämme in
den dichten Busch, ja sogar über die Grenze.
Ein weiterer Grund für die Vernichtung besteht
in der Art der Kautschukbäume selbst. Wenn die
Kautschukbestände am Amazonas (Hevea brasi-
liensis) so lange ergiebig gewesen sind und es
noch lange sein werden, so hat dies seinen Grund
darin, daß der Seringuero weiß, daß er sich mit
dem Umschlagen des Baumes unnütze Mühe macht,
denn ein geschlagener Baum wird ihm wenig
Kautschuk geben. Er weiß, daß er hohe Erträge
erzielt, wenn er längere Zeit täglich anzapft.
Anders ist es bei den afrikanischen Kautschuk-
bäumen: Kickxia elastica und Landolphien ver-
schiedener Art. Die Kickxia elastica gibt
bei einer Anzapfung fast alles, was sie an
Kautschuk hat und ist dann für Monate, ja
für ein Jahr und mehr nicht mehr anzapf-
bar. Man kann sie hierbei bis in die äußersten
Astspitzen mit Erfolg anzapfen. Diese Arbeit ist
natürlich viel beguemer, wenn man den Baum
fällt. Vei Landolphien erzielt man die höchsten
Erträge, wenn man sie über dem Boden abhaut,
die Rinde schält, im Wasser verrotten läßt und
dann den Kautschuk ausstampft und auswäscht.
Sollte der Neger sich selbst überlassen, sich viel
mehr Arbeit machen, mit Leitern auf den Baum-
klettern und sich mit einem viel geringeren Er-
trage begnügen? — Wer dies von ihm verlangt,
der kennt den Neger nicht.
Es kommt noch hinzu, das Kickxiga gegen
Verwundungen sehr empfindlich ist, während Heveas
ein außerordentliches Regenerationsvermögen be-
sitzt. Man kann eine Kickxia auch totzapfen,
wie von vielen Reisenden und Beamten aus den
Kautschukdistrikten berichtet wird. Wer will hier
die Grenze ziehen, zumal sich der Schaden erst
viele Monate später zeigt?
Totzapfen ist aber noch viel schlimmer, als
Umschlagen; denn im ersteren Falle geht der
ganze Baum ein, während beim Umschlagen der
Stock wieder Triebe macht, die eventuell später
wieder zapfbar werden.
Die Verhältnisse in den Kautschukbezirken haben
sich in den letzten Jahren wesentlich dadurch
geändert, daß die betreffenden Bezirke (Lomie,
Dume, Akoafim, Dendeng) in Verwaltung genommen
und energisch gegen den Raubbau angekämpft
wurde; da sich das Interesse der Händler und
Kaufleute auf immer weniger ausgedehnte Gebiete
konzentriert, sind heute polizeiliche und sonstige
Maßnahmen leichter durchführbar, und werden von
den Bezirksleitern dringend erbeten. Anderseits
sind sowohl die Kaufleute, als auch die Ein-
geborenen allmählich zur Uberzeugung gelangt,
daß man bei stetem Wandern auch einmal ans
Ende kommt. Es sollte deshalb kein Mittel un-
versucht bleiben, das auch nur einigermaßen eine
Wahrscheinlichkeit auf Erfolg hat, den Raubbau
zu beseitigen, oder doch wenigstens zu verringern.
Mir scheinen die folgenden anwendbar:
1. Beschaffung von Zapfmessern bester Kon-
struktion und deren Verteilung an die Einge-
borenen.
2. Belehrung der Eingeborenen und Verteilung
von Reproduktionen von Photographien richtiger
Zapfweise.
Zapfmesser guter Konstruktion sind fast nirgends
im Gebrauch. Das in Abbildung 1 und 2 an-
liegende Dreikantmesser, sowie der Meißel zum
Aufstecken auf eine Stange sind in der Hand
eines Negers wahre Mordinstrumente. Die Firma
Schlieper in Remscheid bringt neuerdings ein
Messer in den Handel, das die übrigen Kickxia-
Zapfmesser an Brauchbarkeit weit übertrifft. (Siehe
anliegende Abbildung Nr. 3). Die Firma hat
dieses Zapfmesser zu folgenden Preisen angeboten:
10 Stck. 2,00.pro S4l.
100 1,900
1000 = 1,80.
Preis bei Abnahme von
U V
—
2
V u
—
=
—
= 2 *
Es würde hier zu weit führen, die Vorteile dieses
Instrumentes gegenüber anderen Instrumenten
genauer auseinanderzusetzen. (Ich verweise auf
mein Gutachten zu J. Nr. 9245/09). Mein Vor-
schlag würde nun dahin gehen, dieses Zapfmesser
in vorläufig etwa 1500 Exemplaren zu beschaffen
und den Stationen in den Kautschukbezirken zu
überweisen; hierfür kämen Ebolova, Joko, Dume
und Lomie in Betracht. Da auf den Neger eine
Prämie nur in Gestalt von gemünztem Silber
Eindruck macht und er gegen jede Leistung des
Europäers, für die er nichts zu zahlen braucht
mißtrauisch ist, so würde es nach meiner Ansicht
verfehlt sein, wenn man diese Instrumente kosten-
los an die Eingeborenen verteilen würde. Man
muß den Leuten einen Preis dafür abverlangen
und wenn es nur ein Finger einer Banane ist;
den für ein Messer zu zahlenden Betrag festzu-
setzen ist Sache der einzelnen Verwaltungsstellen.
Es ist natürlich, daß jeder Beamte, besonders
aber derjenige, dessen Beruf es ist, Kautschukkul-
turen zu betreiben, jede Gelegenheit, die sich ihm
bietet, dazu benutzen wird, um die Eingeborenen
in der Kautschukzapfmethode und in der Auf-
bereitung der Kautschukmilch zu belehren.
Für den Beamten, der fast ausschließlich keine
der Eingeborenen-Sprachen spricht, ist es aber