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Die im § 131 Abs. 1 des Reichsbeamtengesetzes vorgesehenen Befugnisse stehen gegenüber
den Beamten, welche eine Kaiserliche Bestallung erhalten haben, dem Gouverneur, gegenüber den
richterlichen Beamten dem Oberrichter zu.
Sonstige Vorschriften.
§ 44. Als Reichs= oder heimischer Staatsdienst im Sinne dieses Gesetzes gilt jede im 6r
Nr. 2 Abs. 2 des Reichsbeamtengesetzes aufgeführte Anstellung oder Beschäftigung.
§ 45. Für die Beurteilung der vor Gericht geltend gemachten Ansprüche sind die Ent-
scheidungen der obersten Reichsbehörde über folgende Fragen maßgebend:
1. ob Dienstunfähigkeit, ob und in welchem Grade Erwerbsunfähigkeit vorliegt, sowie ob
die Dienstunfähigkeit oder die Erwerbsunfähigkeit eine dauernde oder vorübergehende ist,
2. ob die Dienstunfähigkeit oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit oder der Tod auf
eine der in den § 31 Abs. 1, § 36 bezeichneten Ursachen zurückzuführen ist,
3. ob die Voraussetzungen der §§ 25, 34 erfüllt sind.
4. ob bei der Entlassung eines auf Widerruf oder Kündigung angestellten Kolonial=
beamten zutreffend der Fall grober Verletzung der Dienstpflichten angenommen ist.
Über die in Nr. 1 bis 4 genannten Fragen entscheidet ein innerhalb der obersten Reichs-
behörde gebildetes, aus drei Mitgliedern bestehendes Kollegium endgültig.
§ 46. Als Zustellung im Sinne dieses Gesetzes gilt jede Bekanntgabe, die in einer für
gerichtliche Zustellungen vorgeschriebenen Form vorgenommen ist. Den vereidigten Verwaltungs-
beamten kommt dabei derselbe Glaube zu wie den Gerichtsvollziehern. Der Zustellung steht die Er-
öffnung zu Protokoll sowie jede sonstige durch einen vereidigten Verwaltungsbeamten bescheinigte
Bekanntgabe gleich.
§ 47. Der Reichskanzler kann bestimmen, daß der Aufenthalt eines Beamten außerhalb
des Schutzgebiets, sofern er unter ähnlichen klimatischen Verhältnissen im Dienste der Schutzgebiets-
verwaltung stattfindet, dem Aufenthalt im Schutzgebiete gleich zu erachten ist.
Besondere Vorschriften für richterliche Beamte.
§ 48. Soweit die Kolonialbeamten zur Ausübung der Gerichtsbarkeit nach § 2 des Schutz-
gebietsgesetzes (Reichs-Gesetzbl. 1900 S. 813) berufen sind, üben sie ihr Amt als unabhängige, nur
dem Gesetz unterworfene Richter aus.
Gegen richterliche Beamte können Ordnungsstrafen nur vom Reichskanzler verhängt werden.
§ 49. Als etatsmäßiger Richter kann in einem Schutzgebiete nux angestellt werden, wer
die Fähigkeit zum Richteramt in einem Bundesstaat erlangt hat.
§ 50. Die etatsmäßigen Richter haben einen Rechtsanspruch auf die Gehaltszulagen und
die anderen etwa im Etat bereitgestellten Zulagen.
Ihr Anspruch ruht, solange gegen sie ein Disziplinarverfahren oder wegen eines Ver-
brechens oder Vergehens ein Hauptverfahren oder eine Voruntersuchung schwebt.
Führt das Verfahren zum Verluste des Amtes, so findet eine Nachzahlung der zurück-
gehaltenen Beträge nicht statt.
§ 51. Auf die etatsmäßigen Richter finden die Vorschriften des § 11 keine Anwendung,
die des § 12 nur dann, wenn das von ihnen verwaltete Amt infolge einer Umbildung der Kolonial=
behörden aufhört.
Besondere Vorschriften für Schutztruppenbeamte.
§ 52. Auf die Schutztruppenbeamten finden die Vorschriften der §§ 14 bis 28, des § 29
Abs. 2, der §§ 30, 31, 32 bis 39, 45, 60 keine Anwendung. Es bleiben die sie betreffenden
Vorschriften des Offizierpensionsgesetzes vom 31. Mai 1906 (Reichs-Gesetzbl. S. 565) und des
Militärhinterbliebenengesetzes vom 17. Mai 1907 (Reichs-Gesetzbl. S. 214) in Kraft.
§* 53. Auf Schutztruppenbeamte, welche ausschließlich unter Militärbefehlshabern stehen,
findet der § 120 des Reichsbeamtengesetzes keine Anwendung; für sie ist entscheidende Disziplinar=
behörde erster Instanz die bei dem Generalkommando des Gardekorps zusammentretende Militär-
disgiplinarkommission.
§ 54. Auf die richterlichen Justizbeamten der Schutztruppen finden die Vorschriften dieses
Gesetzes über zwangsweise Versetzung in den Ruhestand, über Disziplinarbestrafung und über vor-