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vor, unter Schwarzen sogar einige vereinzelte
Pockenfälle. Die Baufirma ist bestrebt, jeden
neu hinzutretenden Arbeiter zu impfen. Der
früher in Kilossa stationierte Bahnarzt ist seit
Ende Februar in Dodoma, die beiden anderen
Arzte sitzen in Morogoro und Kidete. Das
Lazarett der Vorstreckkolonne wurde von Gulwe
nach Msagali (Kilometer 182,7) verlegt und in
Humwa ein neues Schwarzenlazarett gebaut.
In jedem Arbeiterlager wurden für Darmkranke
besondere Aborte angelegt.
Die gleich mit Beginn des Jannar sehr heftig
einsetzende Regenperiode hat sich in den ersten
Monaten mit Unterbrechungen auf die ganze
Neubaustrecke ausgedehnt, während im April nur
streckenweis größere Regenmengen niedergingen,
die zum Teil an den Erdarbeiten großen Schaden
anrichteten und das eine Widerlager der Mu-
kondok-Brücke bei Kilometer 90 + 260 zum
Einsturz brachten. In Kinsagai herrschte infolge-
dessen große Moskitoplage.
Der provisorische Betrieb wurde ziemlich
regelmäßig eingehalten. Außer den nötigen
Schotterzügen verkehrten je ein Personen-, Wasser-
und Vorstreckzug, letzterer zum Teil nur jeden
zweiten Tag.
Der Automobilbetrieb ist nach verschiedenen
Wiedereinrichtungsversuchen Mitte April völlig
aufgegeben worden.
In den Berichtsmonaten sind verschiedene
Unfälle vorgekommen, die einen bedeutenden
Materialschaden jedoch nicht verursachten. Leider
sind bei der — wahrscheinlich wegen Damm-
senkung infolge starken Regens am 18. Januar
erfolgten — Entgleisung eines gemischten Zuges
bei Kondoa ein Europäer sowie ein Negerweib
erheblich verletzt, am 8. April bei der — aus
bisher unaufsgeklärter Ursache erfolgten — Ent-
gleisung eines Oberbauleerzuges bei Weiche Kilo-
meter 83 ein Lokomotivführer und ein farbiger
Heizer getötet worden.
Auf der am 1. Februar von der Ostafri-
kanischen Eisenbahngesellschaft übernommenen Teil-
strecke Morogoro —Kilossa fand in der Nacht
vom 18. zum 19. April infolge wolkenbruchartigen
Regens und Austretens des Morogoro-Baches
ein Dammbruch bei Kilometer 209,090 statt und
am 28. April eine Leerzugentgleisung infolge
schlechter Gleisanlage und Versagens der Kuppelung,
ohne jedoch erheblichen Schaden anzurichten.
Am 28. Februar wurde die Bauabteilung I
in Morogoro aufgelöst. Die Rückstände werden
von Daressalam aus erledigt.
Entdechung einer großen Höhle in den
Motumbi-Bergen.“)
Einem Schreiben des Missionars Ambros
Mayer von der katholischen Mission Nambiligja
in den Matumbi-Bergen (Bezirk Kilwa) an den
Geheimen Bergrat Bornhardt entnehmen wir
folgende interessante Mitteilungen:
„Im August 1909 entdeckte Polizeiwachtmeister
Weckauf von der Bezirksnebenstelle Kibata im
Berge Nangoma, eine Stunde südwestlich von
Nandembo, eine riesige Höhle, welche bisher allen
das Land bereisenden Weißen, auch der Schutz-
truppe während des Aufstandes 1905/06, un-
bekannt geblieben war. In der Höhle konnten
sich Tausende von Aufständischen mit Weibern,
Kindern und genügenden Vorräten sicher verstecken,
ohne von den rechts und links vorüberziehenden
Truppen aufgestöbert zu werden. Während des
Marsches vom Mbingarücken nach Nandembo war
Weckauf rechts vom Wege ein Hügel aufgefallen,
der im Gegensatz zu den mit Busch bestandenen
oder gänzlich abrasierten anderen Kuppen und
Hängen eine hervorragende Bewaldung zeigte.
Um das Holz auf seine Verwendbarkeit als Bau-
holz zu untersuchen, bestieg Weckauf den Abfall
des Hügels, unbekümmert um die Bemühungen
der Eingeborenen, die ihn von weiterem Vor-
dringen abzuhalten suchten, aber auch ohne
Ahnung von dem Grunde, weshalb er von seinem
Vorhaben abstehen sollte, bis er bei Tiefersteigen
in einen dichtbewaldeten und üppig bestandenen
Kessel vor der Mündung einer gewaltigen Höhle
stand. Durch herbeigerufene Askari ließ Weckauf,
um etwaiges Raubzeug aufzuscheuchen, vorerst
eine Salve in die Höhle feuern, und drang dann
bis zum Ausgang vor.
Ende Februar konnte ich Weckauf zu einer
wiederholten Besichtigung und Untersuchung be-
gleiten. Je mehr man sich dem Oöhlenberg
Nangoma nähert, desto mehr tritt der unberührte
Hochwald, eigentlich nur eine Parzelle, hervor.
Die Eingeborenen haben diese offenbar nur des-
halb geschont, um den Zugang zur Höhle zu ver-
decken; tatsächlich dürfte die Höhle nicht einmal
allen Matumbi-Leuten bekannt gewesen sein;
wenigstens wurde sie vor allen Europäern streng
geheim gehalten aus leicht erklärlichem Interesse,
wie auch die Auffindung und Zugänglichmachung
der Höhle für die Matumbi mehr bedeutet als
eine empfindliche Niederlage, insofern als dadurch
ein sicheres Versteck brachgelegt ist.
*) Es handelt sich um eine Schlauchhöhle im
Kalkgebirge mit Einsturgtrichter am oberen Ende, die
durch Wasserwirkung entstanden ist. In welche Zeit
ihre Entstehung zu verlegen ist, dafür fehlt es an allen
Anhaltspunkten.