Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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Hälfte. Zu berücksichtigen ist hierbei, daß die 
Ertragsfähigkeit unserer Gesellschaft in der 
Hauptsache von der Verwertung unserer Berg- 
werksgerechtsame, von der Beteiligung an der 
Deutschen Diamantengesellschaft m. b. H. und 
dem Ergebnis der Verkläufe unseres städtischen 
Grundbesitzes abhängig ist. 
Landverkäufe. Bereits im letzten Vierteljahr 
des Berichtsjahres ließen die Landverkäufe in Swakop- 
mund und besonders in Lüderivbucht erheblich nach, 
und ein Wiederaufleben des Geschäfts ist um so weniger 
zu erwarten, als die Verhältnisse im Diamantengebiet 
sich konsolidiert haben und der Verkehr abgeflaut ist. 
Ferner haben sehr viele Känfer in Lüderitzbucht ihre 
Grundstücke zu Spekulationszwecken erworben, und 
dies wird zur Folge haben, daß wir in absehbarer 
Zukunft nur mit einem geringeren Absatz zu rechnen 
haben werden. 
Bergwerksgerechtsame. Die Diamanten- 
förderungsabgaben werden auch weiterhin die Haupt- 
einnahmequelle bleiben, dagegen werden die Schürf- 
gebühren kaum die stattliche Höhe wic im verflossenen 
Jahre erreichen. Die Schürftätigkeit im Gebiete zwischen 
dem Ruiseb und 26. Breitengrad hat nachgelassen; ob 
und inwieweit die Felder abbauwürdig sind, ist noch 
nicht festgestellt. Zweifellos handelt es sich nur um 
ärmere Diamantvorkommen. 
Beteiligung an der D eutschen Diamanten- 
gesellschaft m. b. H. Die in letzter Zeit bei uns 
eingelaufenen Berichte zeigen, daß mit der Möglichkeit 
gerechnet werden muß, daß die Ausbeuteziffern nicht 
dieselbe Stetigkeit behalten, die sie in den ersten 
Monaten des Wirkens dieser Gesellschaft aufwiesen. 
Als Gründe für die niedrigen Ausbeuten werden schlechte 
Witterungsverhältnisse und die Minderwertigkeit der 
gegenwärtig im Abbau befindlichen Felder angegeben. 
Ein Urteil über die künftige Ergiebigkeit der Felder 
der Deutschen Diamantengesellschaft m. b. H. zu fällen, 
ist zurzeit unmöglich, da die Prospektierarbeiten sich 
bisher erst auf einen verhältnismäßig kleinen Teil des 
großen Gebietes erstreckt haben. Es bleibt auch recht 
zweifelhaft, ob die Prospektierungen bei der Eigenart 
des Diamantvorkommens jemals ein so sicheres Bild 
über den Inhalt des Geländes ergeben werden, daß 
an Hand desselben eine auch nur einigermaßen zu- 
treffende Bewertung wird ansgesprochen werden können. 
Vielmehr wird immer damit zu rechnen sein, daß der 
rationelle Abbau wesentliche Abweichungen nach der 
einen oder anderen Seite hin gegen die Feststellungen 
der Prospektoren ergibt. Jedenfalls ist das eine hervor- 
zuheben, daß, sofern nicht die unerwartete Anffindung 
von unterirdischen Lagern eine Verschiebung des Bildes 
hervorruft, die in den seinerzeitigen Angeboten der 
Lüderitzbuchter Interessenten sowie in den Reichstags- 
verhandlungen genannten hohen Wertziffern nach den 
bisherigen Feststellungen in das Reich der Fabel zu 
verweisen sind. Und zwar dürfte dies nicht nur für 
das Besitztum der D Deutschen Diamantengesellschaftm. b. H. 
zutreffend sein, sondern auch für den weitaus größten 
Teil der anderen Gesellschaften, soweit es diesen nicht 
gelungen ist, sich in der ersten Zeit der Schürffreiheit 
vereinzelte Stellen zu sichern, an deren hohem Werte 
nicht zu zweifeln ist. Daß auch im Schutzgebiet selbsft 
eine gewisse Ernüchterung eingetreten ist, dürfte aus 
dem Rückschlag ersichtlich sein, den die Kurse der meisten 
der an der Lüderitzbuchter Börse gehandelten Diamant- 
werte inzwischen erfahren haben. 
Im neuen Geschäftsjahre haben wir auch mit der 
Grundsteuer auf den uns noch verbliebenen Landbesitz 
zu rechnen. Diese Steuerlast wird sich mit ihrer ganzen 
Schwere fühlbar machen, falls es uns nicht gelingen 
  
sollte, eine Abänderung der bestehenden Bestimmungen 
über die Erhebung der Grundsteuer dahingehend zu 
erwirken, daß für die Städte ein gestaffelter Zonen— 
tarif für die Berechnung der Grundsteuer eingeführt 
wird, oder die MWeichbilder von Swakopmund und 
Lüderitzbucht entsprechend der wirklichen Ausdehnung 
und Entwicklung dieser Städte festgesetzt werden. Für 
Lüderitzbucht hat übrigens eine amtliche Festsetzung 
der Weichbildaren zen bisher überhaupt noch nicht end- 
gültig stattgefunden. 
Einen breiten Raum in der öffentlichen Diskussion 
nahmen im abgelaufenen Geschäftsjahre die beiden 
Verträge ein, welche zwischen dem Herrn Staats- 
sekretär des Reichs-Nolonialamts und unserer Gesell- 
schaft sowie unserer Tochtergesellschaft, der Deutschen 
Diamantengesellschaft m. b. H., am 7. Mai 1910 zu- 
stande gekommen sind. 
Um unseren Anteilseignern über das durch diese 
Verträge Erreichte und Preisgegebene ein Bild zu ver- 
schaffen, muß hier auf die Eutstehungsgeschichte der 
Verträge und ihren Inhalt kurz eingegangen werden. 
Durch die Verfügung des Herrn Staatssekretärs 
des Reichs-RKolonialamts vom 22. September 19°0 in 
Verbindung mit dem zwischen ihm und unserer Gesell- 
schaft am 28. Januar 190)9 getroffenen Abkommen war 
uns bzw. der Deutschen Diamantengesellschaft m. b. H. 
das sog. „Sperrgebiet“") zur ausschließlichen Auf- 
suchung und Gewinnung von Diamanten bis zum 
1. April 1911 vorbehalten. 
Der bevorstehende Ablauf dieser Sperrfrist ließ es 
den Verwaltungsorganen unserer Gesellschaft und der 
Deutschen Diamantengesellschaft m. b. H. wünschens- 
wert erscheinen, mit dem Reichs-Rolonialamt über eine 
Verlängerung der Frist in Verhandlungen zu treten. 
zumal aus dem Schutgebiet Berichte bei uns eintrafen, 
die erkennen ließen, daß die Aufschließung des Sperr— 
gebietes bis zum 1. April 1911, wenn überhaupt, so 
doch nur mit großen Kosten und Schwierigkeiten moöglich 
sein würde. 
Ein weiterer Anlaß zum Eintritt in Verhandlungen 
mit dem Reichs-Kolonialamt war dadurch gegeben. 
daß durch Entscheidung der Kaiserlichen Bergbehörde 
in Lüderitzbucht vom 6. Juli 1909 die von uns bean- 
tragte Umwandlung der durch unsere Gesellschaft im 
Sperrgebiet belegten Edelmineralschürffelder in Berg- 
baufelder abgelehnt worden war, was uns zu einem 
Prozeß gegen den Fiskus nötigte, der in erster Instanz 
zu unseren Ungunsten ausfiel und dessen endgülnige 
Erledigung bis zur Beendigung der Sperrfrist keines- 
fallo hätte erwartet werden können. 
Die hierdurch hervorgerufene große Unsicherbeit, 
die den wünschenswerten Fortgang der Aufschlußarbeiten 
im Sperrgebiet in unerfreulichster Weise hemmte, wurde 
vermehrt, als die Nachricht bei uns eintraf,. daß auf 
Anordnung des Kaiserlichen Gonverneurs von Deurch- 
Südwestafrika die Ausgahlung der von uns beanspruchten 
Bergwerksabgaben aus dem Gebiet vom 26. Grad 
südlicher Breite bis zum Ruiseb mit der Begründung 
abgelehnt sei, daß uns in dem bezeichneten Gebiet 
irgendwelche Bergwerksgerechtsame nicht zuständen. 
Zu alledem kam schließlich noch hinzu, daß die 
anßerordentlich schweren Lasten, welche der Gesellschaft 
durch die Einführung der Staats= und Gemeindesteuern 
in den Städten Swakopmund und Lüderinzbucht er- 
*) d. h. das Gebiet unserer Gesellschaft, welches 
im Norden durch den 26. Grad südlicher Breite. im 
Süden durch das nördliche Ufer des Oranje- Flusses. 
im Westen durch den Atlantischen Ozcan und im Osten 
durch eine 100 km vom Meeresufer entfernte und mit 
letzterem parallel laufende Linie begrenzt wird.
	        
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