W 928 e□O
offizier Staadt, nur einen großen weißen Flock.
Der Grund für die langsam vorangehende Er-
forschung Kameruns war neben der unzugäng-
lichkeit des dichten Urwaldes, der den ganzen
Süden der Kolonie bedeckt, vor allen Dingen die
verschwindend geringe Zahl in topographischen
Aufnahmen vorgebildeter Offiziere und Beamten.
In Erkenntnis dieses Mangels veranlaßte der
damalige Gouverneur v. Puttkamer, daß alle
nach Kamerun ausreisenden Offiziere und später
auch einzelne Beamten schon in der Heimat kurze
praktische Unterweisungen zum Aufnehmen erhalten.
Das Resultat dieser Maßregel war überaus günstig.
Schon nach wenigen Jahren ging beim Reichs-
Kolonialamt eine derartige Fülle umfangreicher
und detaillierter topographischer Arbeiten ein, wie
es bisher in anderen Kolonien beispiellos war,
und so liegen heute 730 Routenaufnahmen und
Vermessungen verschiedenster Art, von 215 Auf-
nehmern herrührend, vor, die im Kartographischen
Institut von D. Reimer (Ernst Vohsen), aus den
Feldbüchern in Kartenform übertragen, eine
Summe von rund 4500 Blättern (46 X 60 cm)
ergeben. Diese Vorarbeiten nahmen viele Jahre
in Anspruch und erforderten eine große Zahl von
Arbeitskräften.
Nachdem sodann durch die zur Vermessung der
Landesgrenzen ausgesandten gemischten Kom-
missionen, deren letzte 1909 zurückkehrte, eine
große Zahl astronomisch oder geodätisch bestimmter
Firpunkte rund um das Schutzgebiet geschaffen
worden war, konnte endlich mit der Konstruktion
der Karte begonnen werden.
Die kritische Untersuchung und Kombination
des umfangreichen Routenmaterials war recht
mühselig, da naturgemäß die Qualität der ein-
zelnen Aufnahmen je nach der Veranlagung der
Aufnehmer sehr verschieden ist.
Alles in allem legen die Routenaufnahmen
ein glänzendes Zeugnis ab für die Tatkraft und
Opferwilligkeit unserer Schutztruppenoffiziere und
Kolonialbeamten. Aber auch die zu wissonschaft-
lichen Arbeiten entsandten Forscher sowie Missionare
und Kaufleute haben sich mit vollem Erfolg an
der Ausgestaltung des Kartenbildes beteiligt.
Noben den Routenaufnahmen kamen in ge-
ringem Umfange Moßgtischblätter, Tachymeter-
messungen, Theodolitzüge und Vermessungen mit
Kompaß und Bandmaß zur Verarbeitung.
Das Fehlen einer großzügigen Landestriangu=
lation machte den Aufbau des ganzen Kartenbildes
sohr umständlich und zeitraubend, und die Aus-
gleichung der geographischen Lage der Ronten-,
Schnitt= und Treffpunkte mußte oft über große
Strecken hin ausgeführt werden. Es ist dies ein
Uvelstand, der leider ganz besonders für Kamerun
noch für lange Zeit bestehen bleiben wird, da
das tropische Klima — Regenzeit und unsichtige
Luft im afrikanischen Sommer — und ausgedehmer
dichter Urwald einer Triangulation ganz unge-
wöhnliche Schwierigkeiten entgegenstellen würden
und die Durchführung einer solchen dementsprechend
abnorme Summen erfordern dürfte, auf deren
Bereitstellung in absehbarer Zeit wohl kaum zu
hoffen ist. Aus gleichen Gründen wird man
auch auf „Flächendeckungen“, d. h. systematisch
durchgeführte lückenlose Meßtischaufnahmen im
größeren Umfange und mit hinreichender Ge-
nauigkeit vorerst noch verzichten müssen, nachdem
der Generalstab sogar in dem für Meßticch-
aufnahmen geradezu geschaffenen Südwestafrika
nach Herausgabe von vier Blättern diese Ver-
messungen wieder eingestellt hat. Die Routen-
aufnahme wird somit noch auf viele Jahre hinaus
als Ersatz für Vermessungen nicht nur ihren Wert
behalten, man wird vielmehr danach zu trachten
haben, ihre Zuverlässigkeit, soweit das Haupt-
wegenetz in Betracht kommt, durch Ausschaltung
der Uhr als Längenmaß und Benntzung des
Bandmaßes wesentlich zu erhöhen.
Die vorerwähnte Verschiedenwertigkeit der
Aufnahmen geographisch wenig oder gar nicht vor-
gobildeter Laien spiegelt sich ganz besonders in
der Auffassung der Geländeformen wieder und
verbot zum großen Bedauern des Baoarbeiters,
zumal ausreichende zuverlässige Höhenmessungen
nicht zu Gebote standen, die Wiedergabe des Ter-
rains in Isohypsen oder auch nur in „Gefühls-
Isohypsen“". Durch eine derartige Terraindarstellung
würde dem Kartenleser eine Genanigkeit vorgetäuscht
werden, die eine Zusammenarbeitung so verschie-
denwertiger Aufnahmen, wie im vorliegenden Falle,
niemals haben kann. So war es denn das einzig
Richtige, das Terrain lediglich durch „Schumme-
rung“ zur Darstellung zu bringen.
In Anbetracht dessen, daß sast alle der Karte
zugrunde liegenden Aufnahmen mit wenigen Aus-
nahmen freiwillige Arbeiten sind, daß sie im Neben-
amt, ohne besondere Kosten zu verursachen und
von Laien, aus Lust und Liebe zur Sache, aus-
geführt sind, kann dem neuerdings wieder laut
gewordenen Wunsch, in den „Begleitworten“ eine
kritische Wertung der Aufnahmen zu geben, nichl
Rechnung getragen werden. Es würde sonst wie-
der der Fall eintreten, daß durch eine derartige
Kritik, wie sie seinerzeit von dem Bearbeiter der
ersten Sektionen der Karte von Deutsch-Ostafrik
geübt worden ist, die gesamte freiwillige Aufnahme
tätigkeit fast ganz zum Stillstand kommt. Auch au
die weiter gewünschte kritische Erörterung der
Karten-Konstruktionselemente muß bei der jetzigen
Fülle des Materials verzichtet werden, da einmal die
„Begleitworte“ der einzelnen Sektionen zu ganzen
Bänden anschwellen würden und anderseits selbst