Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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wirkung des Agricultural-Departement beschlossen 
worden: Die Zahl der Inspektoren und Unter- 
inspektoren soll vermehrt werden. Ferner will 
man auf Grund der Erfahrungen der letzten 
beiden Jahre statt der großen Zahl der Ge- 
legenheits-Moawins, die eigentlich nur für die 
Zeit der Wurmbekämpfung engagiert waren, einen 
kleineren, aber dafür gründlich ausgebildeten 
Stab von Dauerarbeitern verwenden. Abschieds- 
erteilungen und Versetzungen von Beamten, die 
bei der Wurmbekämpfung tätig find, sowie von 
Ortsvorstehern und Scheiks sollen in der Zeit 
vom 3. Juni bis 15. August nicht erfolgen. 
Die „Moulids“ (Muledfeste) von Tautah und 
Dessuk sollen während dieser Zeit nicht abgehalten 
werden, auch sollen in Unter-Agypten keine Aus- 
hebungen stattfinden. „Kutabs“ (Schulen) sollen 
in der Zeit vom 15. Juni bis 15. August ge- 
schlossen werden, um so Arbeiter zu gewinnen. 
Die Omda, welche sich auszeichnen, sollen Be- 
lohnungen erhalten. Freitags in der Moschee 
nach dem Gebet und allabendlich im Hause des 
Omda sollen Unterweisungen über den Baumwoll- 
wurm stattfinden. Nach dem Verschwinden des 
Baumwollwurms fürchtete man, daß der Boll- 
wurm der späten und geschwächten Ernte großen 
Schaden zufügen würde. Der Bollwurm blieb 
jedoch aus, bis die Ernte gepflückt war. 
Ein Buch über die Baumwollpest mit Fragen 
und Antworten zum Gebrauch in den „Kutabs“ 
wurde herausgegeben, um so die Bevölkerung 
mit der Pest bekannt zu machen und ihren Aber- 
glauben zu zerstören. 
Baumwoll= und Bollwurm-Kom- 
mission. Infolge der schweren und plötzlichen 
Heimsuchung durch den Baumwollwurm im 
Jahre 1911 wurden zahlreiche Ratschläge für 
Insektenvertreibung befolgt, die meist von Nicht- 
sachverständigen kamen. Man vergaß aber, daß 
die Hauptursache der Ausbreitung der Pest in 
der Apathie der Bevölkerung (namentlich beim 
Erscheinen der ersten Eiernester des Wurmes) liegt. 
Die Regierung setzte zur Regelung der An- 
gelegenheit eine Kommission ein, welche die Frage 
der Vernichtung und besseren Kontrolle über 
Baumwoll= und Bollwurm bearbeiten sollte. 
Es sollten Versuche gemacht und die Erfahrungen 
über ähnliche Pesten in andern Ländern studiert 
werden. Das gesamte Material sollte in einer 
Denkschrift niedergelegt und diese an sämtliche 
Landwirtschafts-Departements und wissenschaft- 
lichen Gesellschaften der Welt geschickt werden. — 
Ferner wurden Versuche zur Einführung des 
Parasiten des Baumwollwurmes (Prodenia litura) 
unternommen, mit dem in Indien und in andern 
Gegenden der Baumwollwurm in Schach gehalten 
wird. 
  
Be= und Entwässerung. Es ist die Be- 
obachtung gemacht worden, daß die Baumwoll= 
pflanze fast stets zu stark bewässert wird. Eine 
zu starke Bewässerung kann leicht zur über- 
sättigung des Bodens und zum Ersticken der 
Wurzeln führen. Die Notwendigkeit der unter- 
irdischen Entwässerung (Drainage) hat sich den 
sorgsamen Pflanzern von selbst aufgedrängt. Es 
bleibt jetzt nur zu erforschen, in welcher Tiefe sie 
in dem Boden angelegt werden soll. Das Ver- 
messungs-Amt hat in dieser Richtung bereits 
Forschungen gemacht. Im Jahre 1912 will das 
Agricultural-Departement in Verbindung mit dem 
Survey-Departement die Wirkungen der Drainage 
auf Erzeugung und Wachstum der Baumwoll- 
pflanze gemeinsam studieren. 
Mit Baumwolle angebaute Flächen 
1911. Das 1910 mit Baumwollpflanzungen be- 
stellte Land betrug 1 642 610 Feddan, 1911 da- 
gegen 1 711 228 Feddan, es sind also im letzten 
Jahre 68 618 Feddan mehr bebaut. — Eine 
weit größere Fläche in Unter-Agypten wurde mit 
besseren Sorten bepflanzt. 
Die British Cotton Growing Assoeei- 
ation und das Sekretariat der Inter- 
nationalen Vereinigung von Baumwoll- 
spinnern entsandten Vertreter zur Prüfung der 
Fragen der Verfälschung des Mit-Afifi und der 
vermuteten Verringerung des Ertrages pro Feddan. 
Veröffentlichungen des Departements 
of Agriculture. 1911 hat das Amt 22 Denk- 
schriften über landwirtschaftliche Fragen, haupt- 
sächlich über die Baumwollernte versandt. Eine, 
welche die Baumwollpflanzung behandelte, wurde 
jedem kleinen Pflanzer bei Kauf eines Sackes 
Baumwollsamen beigelegt, eine andere über die 
Baumwollpest wurde in den Ortschaften öffentlich 
verlesen. Monatliche Mitteilungen über die 
Baumwollernte waren dazu bestimmt, künstliche 
Schwankungen von den Märkten entfernt zu 
halten. 
Baumwollmarkt. Die Preise waren etwas 
schlechter als 1910. Dies kam infolge der großen 
Ernte in Amerika. Die Preise für einheimische 
Baumwolle haben sich jedoch kürzlich erholt, da 
die amerikanische Baumwolle schlechter ist als die 
ägyptische und sie nicht ersetzen kann. 
Stand der ägyptischen Baumwollernte im 
August 1912.") 
In Unterägypten haben die Baumwollpflanzen 
dank der günstigen Witterung im August be- 
*) Vgl. „D. Kol. Bl.“ 1912, S. 811. 
 
	        
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