Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

W 995 20 
Hilu, wo ihm der Häuptling Ban und der Ein- 
geborene Mal die Beteiligung an dem Aufstand 
zusagten. 
Die Ausführung sollte schon nach Abgang des 
letzten Postdampfers „Prinz Sigismund“ erfolgen, 
es trat jedoch eine Verschiebung ein, da das Dorf 
Jabob erklärte, sich erst mit genügenden Feld- 
früchten versehen zu müssen. Dies war um jene 
Zeit nicht möglich, da sehr starke See zwischen 
der Insel und dem Festlande stand. 
Der Anschlag wurde nun auf die Nacht nach 
dem Abgange des Dampfers „Coblenz“ vertagt. 
Der Dampfertag wurde als besonders günstig 
angesehen, weil da die Weißen an Bord Bier 
getrunken hätten und fest schliefen. 
Der erste Angriff sollte auf das Amtsgebäude 
des Bezirksamts erfolgen, um sich der Gewehre 
zu versichern. Die Wache sollte mit Pfeil und 
Bogen erschossen werden. Dann wollte man in 
verschiedenen Abteilungen gegen die Europäer 
vorgehen, zunächst gegen den Bezirksamtmann, 
dann die übrigen Beamten, zuletzt gegen die Be- 
amten der Neuguinea-Compagnie. Nach dem Ge- 
lingen des Planes in Friedrich-Wilhelms- 
  
hafen sollten die Weißen auf Beliao ermordet 
werden, am Schlusse die Missionare. 
Die gewonnenen Beliao= und Gragätleute 
kamen nächtlich in der Festlandspflanzung der 
Jabobleute zusammen. Benutzt wurde ein großes 
Kanu aus Beliao. 
Auf die Frage, wieso ihm so genaue Einzel- 
heiten bekannt geworden seien, erwiderte der 
Tultul Tagari: 
Die drei Verschworenen aus meinem Dorfe 
haben, wenn sie von den nächtlichen Beratungen 
zurückkamen, alles ganz genau erzählt. Sie 
wollten uns dadurch für den Plan gewinnen. Da 
wir anderen auf der Weigerung beharrten, nannten 
sie uns Weiber. 
Zum Zeichen der Verschwörung wurde „Buai“ 
gemacht, d. h. Betelnuß gegessen. Die Nuß ging 
von Beliao über Panutibun nach Gragät, 
Jabob, Bili-Bili und Hilu. 
Die Verschwörung wurde aufgegeben, als be- 
kannt wurde, daß der Bezirksamtmann in Gragät 
eine ernste Mahnung (strong talkt) an Malai von 
Panutibun gerichtet und so umfangreiche Wachen 
ausgestellt hatte. 
Aus fremden Kolonien und Droduktionsgebieten. 
Eingeborenenpolitih und Eingeborenenrecht in 
der Goldhüste und in Uigerien.) 
Von Lr. jur. et phil. Amis.“) 
J. 
Überblick über die Geschichte, die Verwaltungsorgani- 
sation und die wirtschaftlichen VBerhältnisse der Gold- 
küste und Nigeriens. 
Unter den britischen Besitzungen an der afrika- 
nischen Westküste verdienen die Goldküste und Nigerien 
seitens des deutschen Kolonialpolitikers ein besonderes 
Interesse: beide Länder sind deutschen Schutzggebieten 
benachbart, beide haben in vielerlei Beziehung gleiche 
wirtschaftliche Verhältnisse wie Kamerun und Togo, 
* ) Unter Eingeborenenrecht wird in der vorliegen- 
den Arbeit gemäß der in dem Artikel „Zur Techno- 
logie im Kolonialrecht“, Bl. I. ogl. Rechtswissenschaft 
und Volkswirtschaftslehre, 4. Jahrgang, S. 130 ff., ge- 
gebenen Begriffsbestimmung alles auf die Eingebore- 
nen anzuwendende Recht verstanden, das Recht, nach 
dem die gesamten Rechtsverhältnisse der Eingeborenen 
entschieden werden. 
*Mom Verfasser gleichzeitig in der „Kolonialen 
Rundschau“ veröffentlicht. 
  
in beiden liegt ebenso wie in den genannten deutschen 
Schutzgebieten für das Mutterland das Schwergewicht 
der künftigen Entwicklung in der Verwertung der ein- 
geborenen Bevölkerung. Dazu kommt, daß die Haupt- 
städte beider, Accra und Lagos, vor allem aber Lagos, 
an der afritanischen Westküste für den Neger der 
Küstenstädte als Land seiner Sehnsucht eine Rolle 
spielen und deshalb und dank der vielen familiären 
und wirtschaftlichen Beziehungen auf das Denken und 
Empfinden der Bewohner der deutschen Küstenorte 
vielfach schon jetzt einen erheblichen Einfluß ausüben. 
Es ist daher wohl der Mühe wert, zu untersuchen, 
wie die Engländer, dieses so viel ältere Kolonialvolk 
mit den soviel reicheren Erfahrungen, die Stellung der 
Eingeborenen in den genannten Ländern zu regeln 
gewußt haben. Muß doch aus dieser Untersuchung 
sich mancher wertvolle Vergleich, mancher Ansblick in 
die Zukunft für die weitere Ausgestaltung des Ein- 
geborenen-Rechts in den deutschen Schutzgebieten her- 
leiten lassen. 
Die Goldküste und Nigerien umfassen, was den 
Zeitpunkt des Erwerbs, die wirtschaftlichen und die 
ursprünglichen politischen Verhältnisse anbetrifft, ein 
jedes für sich die verschiedenartigsten Gebiete. Diese 
Verschiedenartigkeit der einzelnen Teile ist auf die 
Gestaltung des Eingeborenen-Rechts von größter Be- 
dentung gewesen. Nur wenn man diesen Umstand be-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.