Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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Die dem Eigentümer ferner auferlegte Ver- 
pflichtung, die Farm zu bewirtschaften, habe 
auch kaum je zu Härten geführt, die Vorschrift 
sei nötig gewesen, weil es infolge der niedrigen 
Preise vorgekommen sei, daß Farmen von vorn- 
herein in der Absicht gekauft wurden, sie un- 
bewirtschaftet liegen zu lassen, um aus einer 
späteren allgemeinen Wertsteigerung Gewinn zu 
erzielen. 
Auf Ersuchen des Vorsitzenden, sich über die 
rechtliche Seite der Frage zu äußern, bemerkte 
sodann Herr Geheimrat Meyer-Gerhard: 
Er teile die Ansicht des Herrn Vorsitzenden, 
daß rechtliche Schwierigkeiten nicht entstehen 
würden. Im übrigen wolle er darauf hinweisen, 
daß eine dingliche Sicherheit mit Vorrang vor 
bereits bestehenden Hypotheken für das Melio- 
rationsdarlehn dadurch geschaffen werden könne, 
daß man die zu entrichtenden Annuitäten zu 
öffentlichen Abgaben erkläre. 
Herr Direktor Dr. Tröltsch wies darauf hin, 
daß es schwierig sein dürfte, wenn man ein 
Personalkreditinstitut schaffe, das Geld zur Melio- 
ration, das doch wohl durch Ausgabe von Schuld- 
verschreibungen auf den Inhaber beschafft werden 
solle, zu erhalten. 
Der Vorsitzende bemerkte, er fasse wohl die 
Ausführungen der Herren Sachverständigen richtig 
dahin zusammen, daß Herr Präsident Heiligen- 
stadt für den allgemeinen Kredit freie Genossen- 
schaften und nur für den Kredit für große 
Meliorationen Zwangsgenossenschaften vorschlage, 
Herr Tröltsch dagegen für den gesamten Melio- 
rationsbetrieb Zwangsgenossenschaften, für den 
übrigen Kredit freie Genossenschaften in Vorschlag 
bringe. 
Beide Herren bejahten dies. 
Auf die Bitte des Herrn Dr. Salomonsohn, 
seinen Standpunkt näher zu präzisieren, führte 
Herr Heiligenstadt aus: Er halte auf Grund 
seiner Kenntnisse der hiesigen Verhältnisse und 
seiner allerdings sehr geringen Kenntnisse der 
kolonialen Verhältnisse die Gründung eines Real- 
kreditinstituts nicht für zweckmäßig. Das zu 
gründende Institut müsse aber in etwa vor- 
kommenden Fällen auch den Realkredit, der in 
der reinen Form eines solchen nicht genommen 
werden könne, mit übernehmen, desgleichen den 
Kredit für den kleineren Mcliorationskredit, der 
dann durch die kleinen Genossenschaften ver- 
mittelt werden könnte, während für jede größere 
Melioration eine Zwangsgenossenschaft zu gründen 
wäre. 
Auf eine Frage des Vorsitzenden: 
Das Institut, an dessen Gründung er denke, sei 
im Schutzgebiete, nicht im Mutterlande zu errichten. 
  
Herr Geheimrat Zoepfl (auf Anfrage): es sei 
irreführend, unter dem Ausdruck Personalkredit 
hier, wo es sich um landwirtschaftlichen Kredit 
handele, auch den rein kaufmännischen Kredit 
der Banken zu subsumieren. Dies könne verwirren. 
Die afrikanischen Banken gäben rein kaufmännischen 
Kredit, aber keinen landwirtschaftlichen Betriebs- 
kredit. Für die Befriedigung des Betriebskredits 
der Farmer sei durchaus nicht durch die Banken 
gesorgt. Lediglich die Windhuker Genossenschafts- 
bank befasse sich mit diesem Kreditzweig; die 
Afrikabank in Ausnahmefällen, die Westafrikanische 
und Ostafrikanische Bank gar nicht. Auch die neue 
Handelsbank für Ostafrika werde voraussichtlich 
nur den rein kaufmännischen Kredit pflegen. 
Herr Woermann bemerkte dazu, die Kredite 
der Banken an die Farmer stammten aus der 
Stundung von Warenkaufgeldforderungen. 
Herr Freiherr von Oppenheim: Wenn 
nach dem Vorschlag des Herrn Präsidenten 
Dr. Heiligenstadt der hohe Zinsfuß beibehalten 
werde, so würde damit der Zweck des neu zu 
gründenden Instituts mehr oder weniger para- 
lysiert werden. Herr Heiligenstadt halte den 
hohen Zinsfuß für erforderlich, um untüchtige 
Elemente auszuschalten. Soweit die Farmer 
bereits jetzt im Lande seien, sei die Gefahr un- 
tüchtiger Elemente wohl nicht groß. Bei Neu- 
hinzukommenden habe die Regierung es in der 
Hand, sich Unterlagen für die Solldität zu 
schaffen. 
Herr Woermann: Es sei ihm schwer, dem 
Herrn Sachverständigen auf dem ihm fernliegenden 
Gebiete zu folgen; in einem Punkte stehe er 
jedenfalls zu Herrn Heiligenstadt im Gegensatz: Die 
Formen, die sich hier sehr gut bewährten, stimmten 
nicht ohne weiteres für Südwestafrika; dort finde 
ein reger Wechsel der Bevölkerung statt, da, wie 
ihm Exzellenz bestätigen werde, jeder das Be- 
streben habe, wieder nach Europa zurückzukehren. 
Der Vorsitzende: Er bedauere, Herrn Woer- 
mann nicht zustimmen zu können. Nach seinen 
Erfahrungen hinsichtlich Südafrika und Südwest- 
afrika kehrten wohl vielfach Leute aus Afrika 
wieder nach Europa zurück, wenn es ihnen aber 
irgend möglich wäre, suchten sie dann wieder nach 
Afrika überzusiedeln. Die Anziehungskraft des 
afrikanischen Bodens sei erstaunlich groß. Nur 
aus gesundheitlichen und ähnlichen Rücksichten, 
früher wohl auch wegen der Erziehung der 
Kinder, pflegten nach Afrika Ausgewanderte 
dauernd nach Europa zurückzukehren. 
Herr Präsident Dr. Heiligenstadt: Er 
habe seinen Ausführungen vorauggeschickt, daß er 
persönlich die Verhältnisse Südwestafrikas nicht 
kenne; die Bedenken des Hern Woermann ver-
	        
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