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Deutschen Reich verschaffen könnten; ferner schieden
die kleinsten Siedler und diejenigen Personen aus,
welche kleine Wirtschaften nur nebenbei betreiben.
In Betracht kämen lediglich die mittleren Siedler
und zwar in gleicher Weise die Pflanzungssiedler
wie die viehzüchtenden Siedler. Diese Siedler,
die durchgängig mit verhältnismäßig geringen
Mitteln ins Land kämen, erhielten das völlig
rohe, sogenannte unverwertete Kronland von der
Rogierung pachtweise, seien aber berechtigt, sobald
ein bestimmter Teil urbar gemacht sei, es zu
Eigemum zu erwerben; auch Teile des gepachteten
Landes könnten, immer im Verhältnis zu dem
Umfsang, in dem die Urbarmachung erfolgt sei,
von dem Pächter gekauft werden. Der Kauf-
preis, der gleich beim Abschluß des Pachtvertrages
voreinbart werde, sei niedrig, zwischen 1 und
10 Rupien für das Hektar. Dagegen seien für
die Urbarmachung erhebliche Aufwendungen er-
forderlich. Zu der Zeit, als er im Schutzgebiet
gewesen sei, habe man die Kosten für Urbar-
machung eines Hektars einer Siedlungspflanzung
auf 75 bis weit über 100 Rupien veranschlagt.
Die viehgüchtenden Siedler müßten, vor allem im
Interesse der Seuchenbekämpfung, ihre Weiden
oinzäunen (einfenzen), was ebenfalls beträchtliche
Mittel erfordere.
Nur einem Teile der Siedler sei es infolge
besonderen Fleißes oder durch die Unterstützung
von Verwandten gelungen, das Eigentum an
dem gepachteten Lande zu erwerben. Dagegen
sei das Gros der Siedler noch immer Pächter;
sie vor allem forderten jetzt eine Organisierung
des Kreditwesens.
Da wegen des Pachisystems reiner Grund-
kredit nicht in Frage komme, sei man in den
Verhandlungen des Landesverbaudes auf die
Ausbildung eines Erntekredits verfallen. Da sich
hiergegen zunächst starke Bedenken rechtlicher
Natur erhöben, hätten sich die Erörterungen bis-
lang vorwiegend nach dieser Richtung hin be-
wegt, ohne daß man aber zu einem Ergebnis
gekommen sei. Die wirtschaftliche Seite der
Crntekredite sei bisher gegenüber den rechtlichen
Bedenken weniger geprüft worden.
In nenerer Zeit mache sich unter den Siedlern
auch eine Bewegung nach genossenschaftlichem Zu-
sammenschluß geltend, die, Zeitungsnachrichten
zufolge, in einigen Bezirken bereits praktische Ge-
staltungen zu zeitigen schiene.
Der Vorsitzende: Es stehe außer Zweifel,
daß die Siedler in Deumsch-Ostafrika teilweise mit
großem Fleiß gearbeitet hätten. Bei seiner
Dienstreise habe er vor allem die Siedler am
Kilimandscharo und Meru als nüchterne und
sparsame Leute kennen gelernt. Grundstücks-
verkäufe hätten wohl inzwischen doch schon in
etwas größerem Umfange stattgefunden.
Man werde zu unterscheiden haben, wie den
Siedlern, die bereits Eigentum an ihren Farmen
erlangt hätten, Kredit verschafft werden könne,
und wie den Siedlern, die bislang nur Pächter
seien, geholfen werden könne. Was die Grund-
stückseigentümer beträfe, so sei an erster Stelle
zu prüfen, ob für sie das, was bezüglich Süd-
westafrika gesagt worden sei, zutreffe. Zunächst
freilich müsse hierzu ein Bericht des Gouverneurs
eingesordert werden, der sich darüber ausspräche,
ob ein Bedürfnis, diesen Kredit zu organisieren,
vorhanden sei.
Oerr Präsident Dr. Heiligenstadt bat um
Auskunft, ob eine Abrechnung zwischen der Re-
gierung und den Siedlern erfolge, wenn der
Siedler einen Teil des Landes kultiviert habe,
dann aber das ganze Land der Regierung zu-
rückgäbe.
Herr Geheimrat Haber: Zu seiner Zeit seien
die Pachtverträge auf 25 Jahre geschlossen worden;
der Siedler habe darin die Verpflichtung über-
nohmen müssen, jährlich einen bestimmten Teil
des Landes urbar zu machen. Es sei wohl vor-
gekommen, daß Siedler, besonders Buren, mit
der Urbarmachung des Landes überhaupt nicht
begonnen hätten und daß das ganze Land un-
bearbeitet an den Fiskus zurückgefallen sei; da-
gegen habe sich der Fall, daß ein Siedler einen
Teil des Landes urbar gemacht habe und dann
das ganze Land gleichwohl wieder an die Re-
gierung zurückgefallen sei, wohl kaum ereignet.
Oerr Senator Strandes: Die Verhältnisse
lägen für eine Kreditorganisation in Deutsch-
Ostafrika infolge des ungesunden Klimas wesent-
lich schlechter als für Südwestafrika, zumal da
wegen des Pachtsystems nur Personalkredit über-
haupt Bedeutung erlangen könne. Dadurch, daß
die Siedler zur Erhaltung ihrer Gesundheit von
Zeit zu Zeit eines längeren Europaaufenthaltes
bedürften, würden die ganzen Finanzverhältnisse
stark erschüttert. Er sähe zunächst nur einen
Weg, um überhaupt etwas zu erreichen, nämlich
den, auf genossenschaftlicher Basis vorzugehen,
weil sich bei genossenschaftlicher Organisation die
Siedler gegenseitig überwachen würden. Aber
auch hier böte sich mancherlei Schwierigkeit und
es sei ihm sehr zweifelhaft, ob ein großer Erfolg
dabei erzielt werden könne.
Durch die Einführung des Erntekredits könne
den Siedlern etwas geholfen werden. Eine um-
fängliche Organisation sei zur Einführung dieses
Kredits wohl nicht nötig. Über die juristischen
Schwierigkeiten könne man wohl hinwegkommen.