Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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schüsse für Brunnen und Frrigationsbauten, ein- 
schließlich von Reservoiren, zeitweiligen Dämmen, 
Irrigationskanälen und ähnliches. Aber außer dieser 
Summe wurde noch sonst eine bedeutende Geld- 
summe für Bewässerungszwecke vorgeschossen. So noch 
mindestens 10 Lakhs in Punjab an einzelne Dörfer 
und 30 Lakhs an Bombay. Was die Wirkung dieser 
Vorschüsse hier angeht, so wird sie nach Meinung 
der Rommission nicht dadurch behindert, daß der 
Zinssatz zu hoch wäre. Er beträgt 6¼ % (1 Anna 
auf die Rupie) für alle Arten der Bewässerung mit 
Ausnahme von Madras und Bombay, wo er augen- 
blicklich nur 5 % beträgt. Dieser Zinssatz ist so 
unter dem täglichen Satz für Zinsen, daß die Be- 
volkerung ihn als äußerst liberal ansieht. Be- 
rechungen haben ergeben, daß auch das Punjab- 
Gouvernement bei einem Zinssatz von 6¼ noch 
einen Gewinn hat, und da die Reichsregierung die 
Mittel für diese Anleihen den Provinzialregierungen 
zu 4%½ vorschießt, während sie selbst nur 3½ 0% 
zu zahlen hat, so hat sie auch einen Gewinn. Wir 
sind der Ansicht, daß derartige Anleihen nicht dazu 
benutzt werden sollten, um dem Staat Einkünfte zu 
verschaffen, sondern stehen auf dem Standpunkt, daß 
der Zinssatz möglichst niedrig gehalten werden sollte, 
und daß deshalb die Zinsrate überall auf 5 % 
berabgesetzt werden sollte. In einzelnen Gegenden 
indessen, wo die Landesmelioration am dringendsten 
erforderlich ist, sollte die Regicerung überhaupt das 
Kapital zinslos zur Verfügung stellen. Was die 
Erhebung der Steuern und Rückzahlung des Kapitals 
anlangt, so sollte möglichst liberal vorgegangen 
werden. Die Zahlungen sollten ohne Zögern immer 
dann suspendiert werden, wenn aus Gründen, die 
außerhalb der Kontrolle des Borgers stehen, seine 
Ernmen mißraten sind, und so die Zahlung für dieses 
Juhr ihn bedrücken würde. Die rückständigen 
Zahlungen sollten dann aber nicht etwa dem folgenden 
Jahre zugeschlagen werden, sondern der Endzahlungs- 
termin sollte um ebensoviel hinausgeschoben werden. 
Die bisher festgesetzten Rückzahlungsperioden waren 
im allgemeinen zu kurz, 10 bis 15 Jahre. Wir sind 
der Meinung. daß man die Wahl des Rückzahlungs- 
termins gütlich in jedem einzelnen Falle mit dem 
Borger ausmachen sollte, und daß man auf ihn 
keinen Druck ausübe, eine zu kurze Periode zu 
wählen.“ 
Auch in den australischen Kolonien hat der Staat 
in weitgehendstem Maße dic landwirtschaftliche Melio- 
ration durch Answendungen für Bewässerung gefördert. 
In New South Wales setzen die Lokalbehörden (Local 
Land Boarcls) die Abgaben fest, welche von dem be- 
treffenden Lande gezahlt werden müssen, aber die Obhe 
der Summe darf nicht 6 % des zur Ausführung der 
Verke nötigen Kapitals überschreiten. Nach den Be- 
stimmungen des Wasserversorgungs= und Drainage- 
gesetzes sind in jedem Einzelfalle Trusts (Genossenschaften) 
gebildet, und gleichzeitig Bestimmungen erlassen worden, 
um den Zinsendienst und die Unterhaltung zu sichern 
und gleichzeitig zur Abtragung der zur Ausführung 
des Werkes geliehenen Kapitalien in einer bestimmten 
Frist von Jahren — gewöhnlich von 28 Jahren. Zu- 
nächst wurde nur ein größeres Werk ausgeführt, und 
zwar am Coopernook, durch welches 6500 Acres fast 
wertlosen Landes der intensiven Bebauung zugängig 
gemacht wurden. Das gange Werk kosteie etwa 
9010 K = 1 L 7sSh 6 d pro Acre. Während der 
letzten Jahre sind neue Trusts gegründet worden. 
Auch im Staate Viktoria finden sich viele staatliche 
Bewässerungswerke, teils von Wassergenossenschaften 
ausgeführt, die durch Vorschüsse und Zuschüsse von 
  
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der Regierung unterstützt werden. Die bedeutenderen 
Irrigationswerke, oder diejenigen, welche mit den 
Hauptflüssen in Verbindung stehen, sind durch den 
Staat unternommen worden. Diese sind unter dem 
Namen Nationalwerke bekannt, d. h. sie sind Werke 
von solcher Bedeutung und beziehen sich auf eine so 
große Fläche Landes, daß es für unumgänglich not- 
wendig gehalten wird, sie staatlich herzustellen und 
unter staatlicher Kontrolle zu belassen. Um sie als 
Nationalwerke zu erklären, muß ein Parlamentsakt 
vorliegen. Die Wasserwerke, welche unter der Re- 
gierungskontrolle stehen, hatten 895 518 L gekostet. 
Im Zusammenhang mit den großen Frrigations- 
werken, welche noch im Bau sind, hat man berechnet, 
daß die Kosten für das den Anliegern gewährte 
Wasser rund etwa 1 sh pro acre foot ausmachen. 
Außer den Nationalwerken zu Frrigationszwecken 
gibt es noch vier Trusts mit einer Gesamtfläche 
von 147.000 Acres, welche ihre Wassermenge zum 
Teil durch Pumpwerke erhalten. Trotz der großen 
Kosten, welche die Pumpstationen erfordern, sind doch 
die Vorteile, welche sie gewähren, so groß, daß sie die 
jährlichen Ausgaben rechtfertigen. Ursprünglich waren 
31 össentliche Wassergenossenschaften (Pablic water 
trusts) im Staate gebildet worden. Von diesen 
sind indes nur noch 21 für Irrigationszwecke tätig. 
Die Vorschüsse betragen 1 031 964 L, die Zuschüsse 
24 470 . Das bewässerungsfähige Land ist 2 373 180 
Acre groß, davon sind bewässert 157 523. Auch in 
Oucensland und Westaustralien finden sich einige staat- 
liche Bewässerungsanlagen. In Neuseceland ist in den 
letzten Jahren viel für die Bewässerungsverhältnisse, 
besonders für die zur Viehweide geeigneten Ebenen 
von Staatswegen getan worden. Nach dem Tear 
Book of Jew Senland war die Summe der Auf- 
wendungen bereits vor einigen Jahren auf 217000 L 
augewachsen. 
Wie sehr die englische Kolonialverwaltung 
auch in kleineren Kronkolonien die künstliche Be- 
wüsserung sich angelegen sein läßt und den daraus ent- 
stehenden indirekten Nutzen schätzt, ergibt sich aus dem 
Vorgehen und den Erfolgen in Ceylon, über welche 
der Gouverneur in seinem Berichte The Progress of 
the Colony ot Cerlon 1901—1907, (olombo 190““ fol- 
gende Angaben macht: 
„"4173313 L der öffentlichen Schuld sind für 
Wassererschließungszwecke ausgenommen worden. Die 
Ausgaben für Frrigationsarbeiten beliefen sich in der 
Zeit von 1870 bis 1904 auf 12 555 804 Rup., die 
direkte Einnahme auf 993 954 Rup. Bei diesen 
Zahlen darf nicht vergessen werden, daß bei Beginn 
der Irrigationsarbeiten man von der Erwägung 
ausging, daß diese Werke sich allein durch die Stei- 
gerung der Reissteuern (padd#-tu#c) bezahlt machen 
würden. Wenn man also die Frage nach Gewinn 
und Verlust bei ihnen stellt, so muß man der eben 
angegebenen Zahl noch die Erträgnisse aus der 
Reissteuer, welche jährlich bis 1892, als diese Steuer 
ausgehoben wurde, 1000000 Rup. einbrachte, in Rech- 
nung stollen. Seit der geit hat sich die wirtschaftliche 
Lage der Bewässerungswerke allerdings durchaus ge- 
ündert. Man muß aber auch noch folgendes be- 
trachten: Nach dem Bericht einer Kommission im 
Jahre 1869 ging jührlich Rindvieh im Werte 
von 60 000 K wegen Dürre und ungenügender 
Weide zu Grunde; wennman nur annimmt, daß die 
Hälfte der Summe durch die wohltlätigen Wirkungen 
der Jrrigation gerettet worden ist, so würde (die Rupie 
zu 1 sh 6 d gerechnet) die Summe, welche während 
20 Jahren gerettet wurde, aus 8.000 000 Rup. zu be- 
rechnen sein. Zählt man diese 8000 000 Rup. zu den
	        
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