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sein. Die Abholzungen am Mori und Mulali
waren dadurch erleichtert, daß sich nur ein ganz
schmaler Waldsaum den Flußufern entlang zieht,
während in dem dahinter gelegenen trockenen
Steppenbusch die Glossina palpalis ihre Daseins-
bedingungen nicht findet. Bemerkenswert ist, daß
die Abholzungen zum Ziele geführt haben, ob-
gleich die großen am Ufer stehenden Bäume ge-
schont wurden; nur die tiefen die Ufer direkt be-
schattenden Zweige wurden ihnen genommen, das
niedrige Buschwerk aber wurde gründlich beseitigt.
Weiterhin ist wichtig, daß auch an Flußstellen,
an welchen seit der letzten Abholzung schon mehr
als ein Jahr verflossen und der Busch bereits
dicht nachgewachsen war, die Glossina palpalis
sich nicht wieder eingestellt hatte. Es scheint, daß
die schwerfällige Vermehrungsart der Glossinen
diese Tiere wenig befähigt, einmal verlorene
Positionen rasch wieder zu gewinnen. Man wird
trotzdem zur Sicherung des erreichten Erfolges
die Flußufer des Mori zeitweise wieder säubern
müssen, zum mindesten so lange, als noch Kranke
in der Umgebung sind, welche zur sofortigen In-
fektion der etwa wiederkehrenden Glossinen Krank-
heitsstoff liefern kömmen. Zur Zeit meiner An-
wesenheit war die erste Nachholzung begonnen.
Die nachfolgenden Säuberungen der Flußufer
bedeuten eine weit geringere Arbeitsaufwendung
als die erste Abholzung. Die Abbildung Nr. 2
zeigt eine erneut abgeholzte Stelle am Morifluß.
Das geschlagene Holz ist noch nicht entfernt. Über
die Abholzungen im Bezirk Schirati hat mir Stabs-
arzt Dr. Breuer die beigedruckte übersichtliche Skizze
gegeben (s. Skizze 1).
In der südlich von der Mori-Mündung ge-
legenen Marabucht besuchte ich die Insel Lukuba,
auf welcher viele Glossinen (palpalis) sich fanden.
Die Insel ist von Nilpferden und Krokodilen be-
wohnt, wir fanden ein Nest mit 18 Krokodileiern.
Die Palpales waren nicht stechlustig, sie setzten sich
wohl an Menschen, besonders an die Eingeborenen
und an das Boot, es wurde aber niemand ge-
stochen (s. Abb. 3). Stabsarzt Dr. Kudicke sprach
seine Ansicht dahin aus, daß am Viktoriasee die
Glossina palpalis häufig an eine bestimmte Nah-
rung (Krokodil, Nilpferd) gewöhnt ist und dann
den Menschen im allgemeinen nicht sticht. Freilich
kann die Palpalis ihre Lebensgewohnheiten auch
ändern; jedenfalls muß man bei den großen
Krankheitsherden im Norden des Sees, auf den
Sese-Inseln und ebenso am Morifluß annehmen,
daß hier zahlreiche Menschen stechende Palpales
vorhanden waren. Die jetzt noch im deutschen
Viktoriasee-Gebiet vorhandenen Brutplätze der
Palpalis widersprechen aber, soweit ich beobachten
konnte, nicht der Annahme Dr. Kudickes. Von
allen jetzt bei den Abholzungen am Biktoriasee
beteiligten Europäern, die ich befragte, war kein
einziger von einer Glossina palpalis gestochen
worden, während umgekehrt am Tanganikasee
mir sämtliche bei den Abholzungen beschäftigten
Europäer antworteten, daß sie einmal oder häufiger
schon von Palpalis gestochen worden seien. Ich
selbst bin, obgleich ich sehr häufig in Palpalis=
gebiete kam, nur einmal, und zwar am Mala-
garasi, also im Gebiet des Tanganika, von einer
Palpalis am kleinen Finger gestochen worden;
ich bemerkte das Tier erst infolge des Stich-
schmerzes; von Morsitans wurde ich häufiger
gestochen.
Am Festlande waren in der Marabucht zur
Zeit meiner Anwesenheit Abholzungen zur Ver-
treibung der Palpalis im Gange; sie hatten ge-
ringen Umfang, da ein großer Teil der Mara-
bucht von Papyrus umsäumt ist, in welchem keine
Glossinen vorkommen; diese Teile bedürfen daher
keiner Sanierung (s. Abb. 4). Die Krokodilinsel
in der Marabucht sollte vorläufig, da sie von
Menschen nicht bewohnt ist, nicht in Angriff ge-
nommen werden.
Auf der Insel Kome habe ich die aus-
gedehnten Abholzungen gesehen, welche 450 Kome-
leute und 200 Wakara, also insgesamt 650 Ein-
geborene, unter der Leitung eines früheren Zahl-
meisteraspiranten, der auf der Insel angesiedelt
ist, an der Süd= und Ostseite der Insel in
zwei Monaten vorgenommen hatten. Die Kosten
dafür betrugen etwa 2000 Rupie. Die gleiche
Strecke war schon früher 10 m breit abgeholzt
und war nun auf 100 bis 120 m vom Ufer ab
verbreitert worden. Zum großen Teil lag das
Holz, worunter sich viele große Bäume befanden,
wüst umher; es sollte, wenn es ganz trocken war,
abgebrannt werden. An einem Teil der Küste
war damit begonnen, die stehengebliebenen Wurzel-
stümpfe der Bäume noch nachträglich auszuroden.
Die Abholzungen auf Kome machten mir, ver-
glichen mit den Abholzungen am Morifluß, den
Eindruck, daß sie allzu gründlich waren, zumal
sie in einer nicht infizierten Gegend, also pro-
phylaktisch ausgeführt wurden. Mancher schöne
Baum hätte, ohne den Erfolg zu gefährden, er-
halten bleiben können; an umfangreichen Stellen,
wo Papyrus das Ufer umsäumte oder wo
lichte Buschsteppe bis zum Ufer reichte, hätte
Arbeit gespart werden können. Ob 100 bis 120 m
Abstand vom Ufersaum frei geschlagen werden
müssen, um die Palpalis zu vertreiben, erscheint
mir ebenfalls zweifelhaft. Palpalis konnten wir
bei unserer Wanderung in dem neu abgeholzten
Uferstreifen auf Kome nicht mehr finden.
Ahnlich radikale Abholzungen sind auch auf
dem Kome gegenüberliegenden Festland bei Nia-
kaliro ausgeführt.