Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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sein. Die Abholzungen am Mori und Mulali 
waren dadurch erleichtert, daß sich nur ein ganz 
schmaler Waldsaum den Flußufern entlang zieht, 
während in dem dahinter gelegenen trockenen 
Steppenbusch die Glossina palpalis ihre Daseins- 
bedingungen nicht findet. Bemerkenswert ist, daß 
die Abholzungen zum Ziele geführt haben, ob- 
gleich die großen am Ufer stehenden Bäume ge- 
schont wurden; nur die tiefen die Ufer direkt be- 
schattenden Zweige wurden ihnen genommen, das 
niedrige Buschwerk aber wurde gründlich beseitigt. 
Weiterhin ist wichtig, daß auch an Flußstellen, 
an welchen seit der letzten Abholzung schon mehr 
als ein Jahr verflossen und der Busch bereits 
dicht nachgewachsen war, die Glossina palpalis 
sich nicht wieder eingestellt hatte. Es scheint, daß 
die schwerfällige Vermehrungsart der Glossinen 
diese Tiere wenig befähigt, einmal verlorene 
Positionen rasch wieder zu gewinnen. Man wird 
trotzdem zur Sicherung des erreichten Erfolges 
die Flußufer des Mori zeitweise wieder säubern 
müssen, zum mindesten so lange, als noch Kranke 
in der Umgebung sind, welche zur sofortigen In- 
fektion der etwa wiederkehrenden Glossinen Krank- 
heitsstoff liefern kömmen. Zur Zeit meiner An- 
wesenheit war die erste Nachholzung begonnen. 
Die nachfolgenden Säuberungen der Flußufer 
bedeuten eine weit geringere Arbeitsaufwendung 
als die erste Abholzung. Die Abbildung Nr. 2 
zeigt eine erneut abgeholzte Stelle am Morifluß. 
Das geschlagene Holz ist noch nicht entfernt. Über 
die Abholzungen im Bezirk Schirati hat mir Stabs- 
arzt Dr. Breuer die beigedruckte übersichtliche Skizze 
gegeben (s. Skizze 1). 
In der südlich von der Mori-Mündung ge- 
legenen Marabucht besuchte ich die Insel Lukuba, 
auf welcher viele Glossinen (palpalis) sich fanden. 
Die Insel ist von Nilpferden und Krokodilen be- 
wohnt, wir fanden ein Nest mit 18 Krokodileiern. 
Die Palpales waren nicht stechlustig, sie setzten sich 
wohl an Menschen, besonders an die Eingeborenen 
und an das Boot, es wurde aber niemand ge- 
stochen (s. Abb. 3). Stabsarzt Dr. Kudicke sprach 
seine Ansicht dahin aus, daß am Viktoriasee die 
Glossina palpalis häufig an eine bestimmte Nah- 
rung (Krokodil, Nilpferd) gewöhnt ist und dann 
den Menschen im allgemeinen nicht sticht. Freilich 
kann die Palpalis ihre Lebensgewohnheiten auch 
ändern; jedenfalls muß man bei den großen 
Krankheitsherden im Norden des Sees, auf den 
Sese-Inseln und ebenso am Morifluß annehmen, 
daß hier zahlreiche Menschen stechende Palpales 
vorhanden waren. Die jetzt noch im deutschen 
Viktoriasee-Gebiet vorhandenen Brutplätze der 
Palpalis widersprechen aber, soweit ich beobachten 
konnte, nicht der Annahme Dr. Kudickes. Von 
allen jetzt bei den Abholzungen am Biktoriasee 
  
beteiligten Europäern, die ich befragte, war kein 
einziger von einer Glossina palpalis gestochen 
worden, während umgekehrt am Tanganikasee 
mir sämtliche bei den Abholzungen beschäftigten 
Europäer antworteten, daß sie einmal oder häufiger 
schon von Palpalis gestochen worden seien. Ich 
selbst bin, obgleich ich sehr häufig in Palpalis= 
gebiete kam, nur einmal, und zwar am Mala- 
garasi, also im Gebiet des Tanganika, von einer 
Palpalis am kleinen Finger gestochen worden; 
ich bemerkte das Tier erst infolge des Stich- 
schmerzes; von Morsitans wurde ich häufiger 
gestochen. 
Am Festlande waren in der Marabucht zur 
Zeit meiner Anwesenheit Abholzungen zur Ver- 
treibung der Palpalis im Gange; sie hatten ge- 
ringen Umfang, da ein großer Teil der Mara- 
bucht von Papyrus umsäumt ist, in welchem keine 
Glossinen vorkommen; diese Teile bedürfen daher 
keiner Sanierung (s. Abb. 4). Die Krokodilinsel 
in der Marabucht sollte vorläufig, da sie von 
Menschen nicht bewohnt ist, nicht in Angriff ge- 
nommen werden. 
Auf der Insel Kome habe ich die aus- 
gedehnten Abholzungen gesehen, welche 450 Kome- 
leute und 200 Wakara, also insgesamt 650 Ein- 
geborene, unter der Leitung eines früheren Zahl- 
meisteraspiranten, der auf der Insel angesiedelt 
ist, an der Süd= und Ostseite der Insel in 
zwei Monaten vorgenommen hatten. Die Kosten 
dafür betrugen etwa 2000 Rupie. Die gleiche 
Strecke war schon früher 10 m breit abgeholzt 
und war nun auf 100 bis 120 m vom Ufer ab 
verbreitert worden. Zum großen Teil lag das 
Holz, worunter sich viele große Bäume befanden, 
wüst umher; es sollte, wenn es ganz trocken war, 
abgebrannt werden. An einem Teil der Küste 
war damit begonnen, die stehengebliebenen Wurzel- 
stümpfe der Bäume noch nachträglich auszuroden. 
Die Abholzungen auf Kome machten mir, ver- 
glichen mit den Abholzungen am Morifluß, den 
Eindruck, daß sie allzu gründlich waren, zumal 
sie in einer nicht infizierten Gegend, also pro- 
phylaktisch ausgeführt wurden. Mancher schöne 
Baum hätte, ohne den Erfolg zu gefährden, er- 
halten bleiben können; an umfangreichen Stellen, 
wo Papyrus das Ufer umsäumte oder wo 
lichte Buschsteppe bis zum Ufer reichte, hätte 
Arbeit gespart werden können. Ob 100 bis 120 m 
Abstand vom Ufersaum frei geschlagen werden 
müssen, um die Palpalis zu vertreiben, erscheint 
mir ebenfalls zweifelhaft. Palpalis konnten wir 
bei unserer Wanderung in dem neu abgeholzten 
Uferstreifen auf Kome nicht mehr finden. 
Ahnlich radikale Abholzungen sind auch auf 
dem Kome gegenüberliegenden Festland bei Nia- 
kaliro ausgeführt.
	        
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