Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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Versuche mit neuen Kulturen waren zur Zeit 
nicht im Gange. 
In weiteren Kreisen bekannt ist die Ananas- 
konserven-Industrie Singapores. Die Kultur 
der Ananas wird auf der Singaporeinsel von 
den Malayen und größtenteils von chinesischen 
Unternehmern betrieben, die ihr Produkt meist 
auf dem Felde an die Fabriken verkaufen. Auch 
die sieben hier existierenden Ananas-Konserven- 
fabriken sind in den Händen von Chinesen. 
Durch die freundliche Vermittlung der Firma 
Behn Meyer, deren Vertretern ich zu großem 
Danke verpflichtet bin, war es mir möglich, einige 
größere Fabriken zu besichtigen. Die Herstellungs- 
weise der Konserven ist hier ein Mittelding 
zwischen moderner Konservenfabrikation und alter 
chinesischer Betriebsweise. 
Von größerer Bedeutung als diese Industrie 
ist die Sago= und Tapioka-Fabrikation. 
Der Sago stammt von einer Palme, die in der 
näheren Umgebung von Singapore nur in sehr 
geringen Mengen vorkommt. Der Rohsago, das 
aus dem zerstampften Marke der Palmstämme 
mit Hilfe von Wasser ausgeschwemmte Mehl, wird 
in ungereinigtem Zustande von Borneo, den 
Sundainseln usw. auf chinesischen Dschunken, 
neuerdings auch auf Dampfern, nach Singapore 
gebracht. Hier gibt es zahlreiche chinesische Be- 
triebe, in denen der Rohsago durch öfteres Aus- 
waschen und nachfolgendes Erhitzen in flachen 
Pfannen und spätere Trocknung in den Perlsago 
des europäischen Marktes umgewandelt wird. Ob- 
wohl diese Fabriken zum Teil sehr leistungsfähig 
sind, entbehren sie jeglichen europäischen Maschinen- 
betriebes. Die Einrichtung der Fabriken ist da- 
durch verhältnismäßig billig, sie beanspruchen 
aber ein großes Arbeiterpersonal. Die Auf- 
bereitung der Tapioka, des Mehles der Cassava- 
oder Maniokwurzel geht in derselben Weise vor 
sich wie diejenige des Sagos. Die Tapioka 
wurde in den ersten Jahren des Aufblühens der 
Kautschukindustrie in riesigen Mengen als Zwischen- 
kultur in den Heveabeständen angebaut, um die 
Anlagekosten zu verringern und den jungen 
Unternehmungen Einnahmen zu verschaffen. Der 
Anbau ist jedoch in den letzten Jahren sehr 
zurückgegangen, weil sich derselbe im Groß- 
betrieb als nicht lohnend herausgestellt hat und 
weil diese Zwischenkultur den Boden zu sehr be- 
ansprucht. Trotzdem repräsentieren die Ausfuhr- 
werte aus Singapore immer noch beträchtliche 
Summen. Die Besichtigung solcher Fabriken ist 
nicht ganz leicht; ich konnte sie nur dadurch 
möglich machen, daß mir von der Firma Behn 
Meyer ein Chinese als Begleiter und Dolmetscher 
mitgegeben wurde. 
Die mir bei diesen Studien noch verbleibende 
  
Zeit benutzte ich dazu, drei größere Hevea- 
pflanzungen in Johore und Negro-Sembilan auf- 
zusuchen. 
Am 23. Dezember fuhr ich mit dem Dampfer 
„Bülow“ nach Hongkong, wo wir vom 28. bis 
30. Dezember Aufenthalt hatten und an der 
sicheren Peripherie einen Moment der Zeit mit- 
erlebten, in der sich China den Zopf abschnitt. 
An diesem letzteren Tage schifften wir uns auf 
dem Dampfer „Prinz Sigismund“ des Nord- 
deutschen Lloyd nach Rabaul ein. Wir hatten 
in Manila einen Tag Aufenthalt, den ich dazu 
benutzte, einige Fabrikbetriebe in der Stadt, sowie 
die Agrikulturabteilung der Landesverwaltung, 
das Forstdepartement und das Museum zu be- 
suchen. Da ich von einem dort ansässigen be- 
freundeten Schweizer geführt wurde, konnte ich 
in der kurzen Zeit verhältnismäßig viel sehen. 
In dem Agrikultur= und dem ihm angoegliederten 
Forstdepartement sind in leitender Stellung zwei 
Deutsche tätig. Soweit ich in der kurzen Zeit 
eines Rundgangs durch die Räume, in denen 
diese Behörden untergebracht sind, feststellen 
konnte, sind die Betriebe mustergültig und unter 
Aufwand beträchtlicher Kosten, so wie wir es in 
der Kolonialverwaltung gar nicht kennen, ein- 
gerichtet. Als Beispiel sei angeführt: Im Forst- 
departement gibt es eine Abteilung, in der von 
jeder irgendwie auszunutzenden Holzart große 
Mengen von Probestückchen aufbewahrt werden. 
Will nun ein Privatier Auskunft über irgend 
eine Holzsorte haben, so kann er gegen Zahlung 
eines Betrags umgehend eine Probe erhalten, 
sowie die genaueren Angaben über Verbreitung, 
bisherige Nutzung, Brauchbarkeit und alle ein- 
schlägigen Fragen. Die zu diesen Auskünften 
nötigen Listen werden in einem besonderen Bureau 
geführt. 
Die wissenschaftliche Seite der Forstwirtschaft 
ist unter Leitung eines Botanikers vollständig 
von der praktischen Abteilung getrennt. Die 
letztere hat ein besonderes Bureau zur Herstellung 
der im praktischen Betriebe benötigten Karten und 
Zeichnungen zur Verfügung. 
In Rabaul kamen wir am 14. Januar 
an. Gleich die nächsten Tage boten mir Gelegen- 
heit, in einer Unterredung mit dem Gouverneur 
ein Arbeitsprogramm zu besprechen und die Reise- 
pläne festzulegen. 
Die hauptsächlichsten wirtschaftlichen Unter- 
nehmungen im Schutzgebiet konzentrieren sich an 
drei Stellen: der Blanchebucht, Nord-Neu- 
mecklenburg und Friedrich-Wilhelmshafen 
mit der Astrolabebay. Da eine Schiffsver- 
bindung nach den beiden letztgenannten Pflanzungs- 
gebieten zur Zeit nicht bestand, so sollte zunächst 
der nördliche Teil der Gazellehalbinsel in Tages-
	        
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