Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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Räubereien ließen zwar nach, doch war von 
einer Unterwerfung keine Rede. 
Erschien der Rsident vor den Kangu-Dörfern, 
so fanden sich wohl einzelne Häuptlinge und alte 
Männer zur Begrüßung ein und lieferten knappe 
Verpflegung, die Masse aber hockte mit Pfeil und 
Bogen auf den Klippen und lachte sich ins Fäust- 
chen, wenn der Weiße wieder verschwunden war. 
Jedesmal wurden die Heiden aufgefordert, in die 
Ebene zu ziehen, und unseres Schutzes versichert. 
Tatsächlich haben sich aber nur 7 Leute nördlich des 
Lagers Be bei Bahoi angesiedelt. Was will 
dos bei etwa tausend Gehösten in den Kangu- 
Felsen besagen? 
Schlechtes Beispiel verdirbt gute Sitten. So 
fanden denn auch fortgelaufene Sklaven und 
anderes Gesindel dort sicheren Unterschlupf. Häufig 
wurde von Eingeborenen bei Palavern der Ein- 
wurf gemacht: warum geschieht den Kangu-Heiden 
nichts? . 
Die weitere Folge war, daß die umwohnenden 
Stämme einfach nicht mehr wie früher zu den 
jfährlichen Wegearbeiten erschienen. Diese Vor- 
gänge veranlaßten den Residenten, beim Kaiser- 
lichen Gouvernement die Erlaubnis zu einer 
Unternehmung gegen diese unbotmäßigen Stämme 
einzuholen. - 
Am 17. Juni trat ich mit 6 Europern, 
45 Soldaten, einem 6 em Geschütz und 50 Rei- 
Buba-Leuten als Hilfskriegern den Marsch von 
GMarua aus an. Das erste Ziel war der nörd- 
lich des Tengelin-Plateaus gelegene Ram-Berg, 
dessen mit Kangu verwandte Bewohner einige 
Fulbesklaven geraubt hatten und meiner Auf- 
forderung, nach Garua zu kommen, nicht Folge 
leisteten. 
Oberleutnant v. der Planitz ging mit dem 
Leschütz von Gurore Banei vor, während ich 
durch den Bulgu-Paß mich gegen den westlichen 
Teil des Berges wandte. Durch Bulgn-Leute 
hatte ich vergeblich zu unterhandeln persucht. 
Fs gelang mir sogar, ohne Schuß in das Dorf 
zu kommen; noch einmal ließ ich den Heiden 
durch einen Landsmann zurufen, sich zu stellen, 
eber Pfeilschüsse waren die Antwort. Nun wurde 
#as auf dem oberen Berghange gelegene Dorf 
von dem Geschütz unter Feuer genommen. Dann 
Lingen die Abteilungen vor und begannen die 
einzelnen Verstecke zu säubern. Ein besonders 
räciger Kampf spielte sich um die Wasser- 
ab. Diese lag in einer von hohen Steil- 
wänden eingeschlossenen Schlucht, deren Sohle 
mit einem undurchdringlichen Dickicht bewachsen 
war. Wohl an 50 Männer verteidigten die 
Waserstell Durch einen befreundeten Häupt-- 
ling ließ ich sie zur Übergabe auffordern; nicht. 
wiederzugebende Worte waren die Antwort. So 
  
befahl ich denn, vorzugehen. Der bewaffnete 
Führer wurde erschossen, 1 Soldat, 1 Hilfskrieger 
verwundet, 3 Soldaten erhielten Streifschüsse. 
Die Heiden wehrten sich verzweifelt; selbst ihre 
eigenen Weiber wurden mit Pfeilschüssen ver- 
wundet. Als die erste aus dem Versteck gezogen 
wurde, stach sie mit dem Messer wie rasend um 
sich und verwundete einen Hilfskrieger. Erst 
gegen Mittag war die Schlucht in unseren Händen. 
Am späten Nachmittag kehrten die letzten Pa- 
trouillen zurück. 170 Gefangene wurden ein- 
gebracht. Die Nacht verlief ruhig. Alle auf 
dem Berge gelegenen Gehöfte ließ ich abbrennen, 
damit sie nicht wieder bezogen würden. Der 
Lauan Gebake erhielt Auftrag, Berhandlungen 
anzuknüpfen; die Expedition marschierte nach 
Delem weiter. Beim Abmarsch wurde die Nach- 
hut noch einmal angegriffen. 
Von Delem aus sandte ich an die Kangu- 
häuptlinge die Aufforderung, sich mit allen 
Männern einzufinden. Doch bei meinem Ein- 
treffen am 20. Juni war es wieder die alte 
Geschichte. Der Arnado Solaram stellte sich 
mit 40 Leuten, ebenso die Dembo zugehörigen 
Orte Nju und Seri-Baoia. Dagegen erschienen 
von den vielen an dem Pene-Berg gelegenen 
Orten nur 4 alte Leute, welche angaben, ihre 
Dorfgenossen weigerten sich zu kommen. Diesen 
Leuten stellte ich ein Ultimatum und sagte, ich 
werde am nächsten Morgen den Berg umstellen 
und die Hörner blasen lassen. Wer Frieden 
wolle, solle sich bei dem Weißen einfinden, wer 
Krieg wolle, könne auf dem Berge bleiben. 
Am selben Tage traf der aus Deutsch-Binder 
beorderte Oberleutnant Weyse mit 12 Soldaten 
ein. Die Stärke der Expedition betrug nunmehr 
8 Europäer, 57 farbige Soldaten, zusammen 
65 Gewehre und ein Geschütz. Bei dem äußerst 
bedeckten Gelände war eine große Zahl von 
Europäern sehr erwünscht; außerdem hoffte ich 
dadurch unnötiges Blutvergießen zu vermeiden, 
indem diese angewiesen waren, bei jeder Ge- 
legenheit Verhandlungen zu versuchen. 
Am 21. Juni früh wurde der Berg von den 
in vier Abteilungen geteilten Truppen umstellt. 
Bei jeder Abteilung blies ein Hornist. Trotz 
einstündigen Wartens war die Aufforderung er- 
folglos, im Gegenteil riefen uns die Heiden an, 
erst einmal herauf zu kommen. Indem das Ge- 
schütz das Feuer auf die am Berge liegenden 
Gehöfte eröffnete, gab ich das Zeichen zum An- 
griff. Nachdem die Leute bald aus ihren Ge- 
haöften vertrieben waren, drangen die Patrouillen 
in die Höhlen ein. Schwirrende Pfeile und abge 
rollte Felsstücke verrieten die Eingänge zu den Ver- 
stecken. Von Europäern geführt, erklommen die Sol- 
daten die schroffen Felshänge, um dann im Bauchdes
	        
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