Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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Die weiße Bevölkerung im Bereiche der Ok- 
kupationstruppen wurde aufs äußerste drangsaliert. 
Es ist fraglos, daß man auch von gewaltsamen 
Akten gegen Personen und Eigentum nicht zu- 
rückgeschreckt wäre, um sie gefügig zu machen. 
Die Kopfzahl der Weißen in der bewaffneten 
Macht war aber gänzlich unzureichend für den 
Erkundungsdienst. Die Truppe war einfach auf 
Mitteilungen aus dem Kreise der weißen Ange- 
sessenen angewiesen. 
Für den Nachmittag des 17. September 
hatten die britischen Militärbehörden den 
Missionen und den Pflanzungsgesell- 
schaften eine Beschießung des Hinter- 
landes von Toma angesagt. Die Be- 
schießung sollte mit Lyditgranaten erfolgen. Zu 
dem Zwecke begab sich ein Kreuzer nach dem 
Weberhafen. Von der Rabauler und Herberts- 
höher Seite sollten die anderen australischen 
Kreuzer und der „Montcalm“ die Beschießung 
ausführen. Ein gewisser Kapitän Straßburg, 
welcher die Gegend aus jahrelangem Auf- 
enthalt genau kannte, war auf allen 
britischen Schiffen gewesen und hatte die 
auf den Karten verzeichneten Merkmale 
in der Natur gezeigt. 
Welchen Erfolg das Bombardement gehabt 
haben würde, vermag ich mangels fachmännischer 
Kenntnisse nicht auszuführen. Sicher ist indes, 
daß es auf die Eingeborenen in der Taulil-= 
Niederung eine demoralisierende Wirkung aus- 
geübt haben würde. Und sicher ist, daß die 
übrig gebliebenen 110, meist kaum ausgebildeten 
Polizeimannschaften nicht hätten zusammengehalten 
werden können. Unter den weißen Angehörigen 
der bewaffneten Macht befand sich eine Anzahl 
außerordentlich mutiger und unternehmungs- 
lustiger Personen. Aber fast ein Drittel war 
krank. 
Es war also keine Ehre zu holen, wenn 
ich es auf einen energischen 
britischen Okkupationstruppen und der austra- 
lischen und französischen Flotte ankommen ließ. 
Ein tatsächlicher militärischer Erfolg war 
gleichfalls gänzlich ausgeschlossen. Wir wären 
kurzerhand aufgehoben worden, und ich hätte keine 
Gelegenheit mehr gehabt, durch Verhandlungen 
für den Schutz der deutschen wirtschaftlichen 
Interessen im Schutzgebiet zu wirken. Auf dem 
dritten Platz hätten wir vielleicht, wenn der Rest 
der Truppe nicht abgeschnitten wurde, noch einen 
oder zwei Tage gewinnen können. Es lag mir 
auch viel daran, noch ein Funkentelegramm von der 
Hilfsfunkenstation auf den zweiten Platz, die in der 
Nacht des 16. September abgestimmt werden sollte, 
abzulassen. Aber der Empfangsapparat war un- 
vollkommen und wir hatten überhaupt keinen 
Vorstoß der 
  
Detektor. Das Geben von Telegrammen allein 
hatte für uns keinen Zweck. Und übrigens hätten 
wir S. M. Schiffen außer dem bereits mitgeteilten 
Angriff der australischen Flotte keine neuen De- 
tails melden können, da die Einwirkung der 
britischen Okkupationstruppen auf das Vorland 
uns im Hinterlande jeder zuverlässigen Nachricht 
beraubte. 
Erwogen wurde auch, ob ich mich mit einigen 
wenigen Personen unter der Führung des in- 
zwischen wieder gesundeten Stationsleiters Adel- 
mann in das Innere des Baining-Gebirges be- 
geben sollte. Das wäre aber Flucht gewesen 
und hätte auf den tatsächlichen Gang der Er- 
eignisse keinen Einfluß gehabt. Auch hätten wir 
mit Widersetzlichkeiten der Eingeborenen, von deren 
Lebensmitteln wir abhingen, rechnen müssen. Ob 
wir überdies den Aufenthalt im Gebirge gesund- 
heitlich lange ausgehalten hätten, mag dahingestellt 
bleiben. 
Schließlich darf nicht übersehen werden, daß 
das Schutzgebiet nur so lange einen Wert als 
Stützpunkt für S. M. Schiffe hatte, als wir über 
eine gebrauchsfähige Funkenstation verfügten, und 
daß im übrigen die endgültige Entscheidung über 
die Souveränität unabhängig von unserer schwachen 
Reaktion gegenüber der tatsächlich bereits durch- 
geführten militärischen Besetzung von der Kriegs- 
lage in der Heimat abhängig blieb. 
So entschloß ich mich nach einem nochmaligen 
Besuche bei der bewaffneten Macht, welche zu 
der Zeit in Wunadidir stand, am 17. September zur 
Fortsetzung der Verhandlungen zu reiten. 
Der Rittmeister von Klewitz begleitete mich. 
Mehrere Stunden mußten wir auf die Ankunft des 
britischen Oberkommandierenden, welcher gegen 
schweren Wind von Rabaul kam, warten, so daß 
ich bereits vermutete, man wolle britischerseits 
an dem Ergebnis der Vorbesprechungen nicht 
mehr festhalten. Es gelang mir indes bei den 
weiteren Verhandlungen noch eine Reihe von 
Addendis durchzusetzen. Dann wurden die in 
UÜbersetzung anliegenden „Terms of capitulation 
of German New Guine“ unterzeichnet (s. Anhang). 
Auf dem Dampfer „Siar“ der Neu Guinea Co., 
welcher am 27. August mit dem Administrator 
Täuffert an Bord Rabaul in der Richtung auf 
Holländisch-Neuguinea verließ, hatte ich dem 
Bezirksamt zu Friedrich-Wilhelmshafen Weisung 
gesandt, in meinem Namen zwölf im Busch ge- 
wandte, infanteristisch ausgebildete Personen des 
Beurlaubtenstandes, tunlichst Chargen, zur be- 
waffneten Machteinzuberufen und alsbald, eventuell 
mit dem Regierungsdampfer „Kolonialgesellschaft“, 
nach der Gazelle-Halbinsel zu entsenden. Am 
20. September abends spät erhielt ich in Wuna- 
didir eine Nachricht, daß der Leutnant d. R.
	        
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