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3. Schreiben des Unterstaatssekretärs im Auswärtigen Amt an den Botschafter der Vereinigten
Staaten in Berlin.
Berlin, den 15. September 1914.
Die Kaiserliche Regierung hat aus der geschätzten Note Seiner Exzellenz des Botschafters
der Vereinigten Staaten von Amerika, Herrn Gerard, vom 31. v. Mts. — F. O. Nr. 442 — zu
ihrem Bedauern ersehen, daß die Amerikanische Regierung es ablehnt, entsprechend dem Ersuchen
der Kaiserlichen Regierung Schritte wegen Neutralisierung der in der freien Handelszone liegenden
afrikanischen Kolonien bei den beteiligten kriegführenden Mächten zu unternehmen. Diese ablehnende
Haltung wird damit begründet, daß die Regierung der Vereinigten Staaten von Anmerika nicht als
Signatarmacht der Kongoakte zu betrachten sei. Die Kaiserliche Regierung bedauert, nach eingehender
Prüfung der Angelegenheit hierin einen stichhaltigen Grund zur Ablehnung des deutschen Ersuchens
nicht erblicken zu können.
Nachdem es die Amerikanische Regierung in dankenswerter Weise übernommen hat, die
deutschen Interessen bei denjenigen Mächten wahrzunehmen, mit denen sich das Deutsche Reich zur
Zeit im Kriegszustande befindet, erscheint es nur natürlich, daß die Kaiserliche Regierung zwecks
Vertretung irgendwelcher Wünsche die amerikanische Vermittlung nachsucht. Selbstverständlich bleibt
es dabei dem Ermessen der Amerikanischen Regierung überlassen, inwieweit sie im einzelnen Falle
den deutschen Anträgen Nachdruck verleihen oder sie lediglich, ohne selbst irgendwie Stellung dazu
zu nehmen, den kriegführenden Mächten zur Kenntnis bringen will. Die Kaiserliche Regierung ist
jedoch der Ansicht, daß die Ablehnung eines von deutscher Seite gestellten Ersuchens nur dann
gerechtfertigt sein dürfte, wenn solche Anträge mit der Neutralität der Amerikanischen Regierung oder
mit den Grundsätzen von Recht und Billigkeit in Widerspruch stehen.
Die Kaiserliche Regierung glaubte sich nach der Art des von ihr gestellten Ersuchens und
nach dem Verhalten des Vertreters der Vereinigten Staaten von Amerika auf der Konferenz von
Berlin 1884/85 der Hoffnung hingeben zu dürfen, daß dem deutscherseits gestellten Ersuchen seitens
der Amerikanischen Regierung volle Sympathie entgegengebracht werden würde, da es eine un-
nötige und zugleich der Kulturgemeinschaft der weißen Rasse schädliche Verschärfung
des Kriegszustandes hintanzuhalten bezweckte. Die Frage, ob die Regierung der Vereinigten
Staaten von Amerika selbst die Kongoakte vom 26. Februar 1885 ratifiziert hat, kommt dabei nach
Ansicht der Kaiserlichen Regierung überhaupt nicht in Betracht. Ausschlaggebend dürfte vielmehr
lediglich der Umstand sein, daß das Deutsche Reich, von dem die Vermittlung der Amerikanischen
Regierung erbeten wird, Signatarmacht der Kongoakte ist.
Die Kaiserliche Regierung glaubt sich der Erwartung hingeben zu dürfen, daß auch die
Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika sich bei einer nochmaligen Prüfung der Sachlage
der Auffassung der Kaiserlichen Regierung nicht verschließen wird.
Der Unterzeichnete beehrt sich deshalb unter Bezugnahme auf seine Note vom 23. August d. Is.
erneut die gütige Vermittlung Seiner Exzellenz des Botschafters der Vereinigten Staaten von Amerika,
Herrn Gerard, mit der Bitte in Anspruch zu nehmen, durch die Amerikanische Regierung das Ein-
verständnis der übrigen kriegführenden Mächte zur Neutralisierung ihrer in der Freihandelszone
liegenden afrikanischen Kolonien nach Maßgabe der Kongoakte vom 26. Februar 1885 herbei-
führen zu wollen.
Deer Unterzeichnete benutzt diesen Anlaß usw.
(gez.) Zimmermann.
Seiner Exzellenz dem Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika Herrn Gerard.
4. Schreiben des Botschafters der Vereinigten Staaten in Berlin an den Unterstaatssekretär
im Auswärtigen Amt.
(Ubersetzung.)
Embassy of the United States of America. Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika.
Berlin, September 26, 1914. Berlin, den 26. September 1914.
The Undersigned Ambassador of the United Der unterzeichnete Botschafter der Vereinigten
States of America has the honor to inkorm Staaten von Amerika hat die Ehre, dem Wirk-
Actunl Privy) Councillor Mr. Zimmermann, lichen Geheimen Rat Herrn Zimmermann, Kaiser-
Imperial Under Secretary of State for Foreign lichem Unterstaatssekretär für Auswärtige Angele-
Affairs, Iin reply to the esteemed Note dated genheiten, in Beantwortung der geschätzten Note