Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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1915 auf einen englischen Dampfer, der und wohl- 
behalten nach Fernando Poo brachte, wo wir von 
Pater Voß und den dortigen spanischen Patres gast- 
freundlich aufgenommen wurden.“ 
In Erwartung des weiteren Vormarsches der 
Engländer auf dem Hochplateau standen unsere 
Truppen nahe Dschang in steter Fühlung mit dem 
Gegner. Gegenüber Ossidinge verharrte weiter- 
hin die Abteilung Sommerfeld bei Widekum. 
Am 10. Januar traten unerwartet die Eng- 
länder in größter Eile den Rückmarsch 
nach Nkongsamba an. Von hier begann der 
Rücktrausport von Truppen und Kriegsgerät auf 
der wieder in Betrieb gesetzten Nordbahn nach 
Duala. Auch die über Ossidinge in Vormarsch 
begriffenen englischen Truppen zogen sich gegen die 
Grenze zurück. Dem zurückweichenden Gegner folgten 
unsere Truppen in der allgemeinen Linie Ekone- 
man — Johann Albrechtshöhe — Jabassi. 
Letzterer Ort wurde am 19. Januar von der Ab- 
teilung Haedicke wieder besetzt. Nähere Nach- 
richten über die Beweggründe dieses auffallenden 
Rückzuges der Engländer von dem erst mit so 
großen Verlusten erkämpften Plateau von Dschang 
liegen noch nicht vor. Vermutet wird Unzuver- 
lässigkeit der englischen Eingeborenen-Truppen. 
Auch von Aufstandsbewegung der Fulbe in Ni— 
gerien als Folge des „Heiligen Krieges“ sprechen 
Privatnachrichten. 
Imnördlichen Teile des Schutzgebietes, 
in Adamaua und im Tschadseegebiet, ist die 
Lage unverändert. Bei Mora und Garua 
haltren sich unsere Truppen in befestigten Stellungen 
bedeutender Ubermacht gegenüber. Anfang Januar 
hatten die Verbündeten in Leinde und Tongo 
bei Garua 7 Kompagnien, 2 Schwadronen zu- 
sammengezogen; etwa in gleicher Stärke lagen sie 
vor Mora. In dem deutsch-englischen Grenz- 
gebiet südlich des Yola-Bogens bis Karbabi 
fanden Plänkeleien der beiderseitigen Sicherungs- 
truppen statt. Von Kontscha aus stieß eine 
22 Köpfe starke Patrouille bis nach Yola hinein 
vor und gelangte nach glücklichem Gefechte wohl- 
behalten an ihren Ausgangspunkt zurück. 
In dem bereits früher veröffentlichten Bericht 
des Gouverneurs vom 4. Januar 1915 war der Vor- 
marsch französischer Truppen von Kunde auf 
Ngaundere und von Betare auf Dengdeng ge- 
meldet. Diese Vorwärtsbewegungen stellten indes 
einen weit nach Norden ausholenden Angriff 
französischer und belgischer Streitkräfte gegen unsere 
Vortruppen am Bumbe II und am Kadei dar. 
Der Anmarsch auf Rgaundere fand nicht statt. 
Vor dem überlegenen Gegner sammelte sich die 
durch die Abteilung von Heigelin verstärkte Ost- 
abteilung unter Hauptmann Eymael bei Dume 
und Bertua. Bei Dokoa, etwa 6 km nördlich 
Bertua, sowie bei letzterem Orte selbst fanden 
am 25., 27. und 28. Dezember für uns günstige 
  
Gefechte statt. Südlich des Dume-Flusses wurden 
feindliche Angriffe am 27. Dezember bei Mombi, 
etwa 30 km südöstlich Njassi, und am 30. De- 
zember im Mensime-Gebiet und damit Versuche, 
auf Abongmbang durchzustoßen, zurückgewiesen. 
Mitte Februar standen unsere Truppen etwa in 
der Linie Dengdeng — Simekoa letwa 40 km 
westlich Bertna) — Inkaduma. Ihnen gegen- 
über waren Bertua und Njassi am Dume-Fluz, 
etwa 50 km östlich der Dume-Station, vom Feinde 
besetzt. Nach neueren Privatunachrichten 
sollen indes die Franzosen mit dem Rück- 
zug ihrer Truppen auf den Kadei begonnen 
haben, hierzu anscheinend durch Aufstands- 
bewegungen östlich des Ssanga veranlaßt. 
In dessen Stromgebiet waren Angriffe der Fran- 
zosen und Belgier auf Molundu am 4. Dezember 
mit erheblichen Verlusten für den Geguer ab- 
geschlagen worden. Unter der von unseren Truppen 
gemachten Beute hatten sich 2 Geschütze befunden. 
Am 22. Dezember 1914 erschienen darauf vor 
Molundu 13 Dampfer und 2 Barkassen, die 
den mit erheblichen Kräften zu Lande ausgeführten 
Angriff vom Fluß aus unterstützten. Der Platz 
wurde nunmehr dem Gegner überlassen. Dessen 
weiteres Vordringen auf Lomie haben unsere, in 
der Linie Eta (Long) — Ngatto (etwa 100 km 
nordwestlich Molundu am Bök-Flusse, einem 
rechten Nebenflusse des Bumba) — Bange am 
Bumba, etwa 50 km südlich Jukaduma 
stehenden Truppen verhindert. 
Im Süden des Schutzgebietes vermochten die 
von bewaffneten Eingeborenen unterstützten feind- 
lichen Patrouillen im allgemeinen nicht die Linie 
Sembe —Ngarabinsam — Minkebe zu über- 
schreiten. Westlich dieser Linie beherrschten unsere 
Truppen noch die Ubergänge über den Wolö- 
Fluß, nachdem die Versuche des Gegners, am 
26., 28. und 30. Dezember den Übergang über 
den Fluß zu erzwingen, abgewiesen waren. 
Kleinere unentschiedene Gefechte fanden Anfang 
Jannar bei Bissok südlich des Wolö-Überganges 
der Ojem-Straße statt. 
Von Anfang März stammende Nachrichten von 
Kaufleuten besagen, daß im Verlauf des Februar 
unsere Truppen sich vor der großen feindlichen 
lbermacht auf Ambam zurückzuziehen begonnen 
hätten. Damit würde allerdings Neu-Kamerun 
völlig den Franzosen überlassen sein. Eine Be- 
einträchtigung der Gesamtlage würde die Preisgabe 
dieses Gebietes jedoch nicht zu bedeuten haben. 
Der Erfolg der vereinigten Engländer 
und Franzosen nach einer neunmonatigen 
Kriegführung ist also trotz des Auf- 
gebots einer gewaltigen Übermacht und 
trotz der fast völligen Abschließung des 
Schutzgebietes von der Außenwelt durch 
eine Blockade lediglich die Besetzung eines
	        
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