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Komerun.
Gefangennahme eines Hallottiner-Daters in Ramerun.
Vor einigen Mnaten'*) waren wir in der Lage. Berichte von Angehörigen der Baptisten-
mission in Kamerun über das Verhalten der Engländer gegen die
bekannt zu geben.
dortigen Missionare
In Ergänzung zu jenen Mitteilungen lassen wir jetzt (im Auszuge) einen anschaulichen
Bericht des Pallottiner-Paters Jos. Färber aus Duala über seine Gefangennahme folgen.
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Nachdem schon Pater Mekes während der
an und für sich lange dauernden Belagerung
Dualas einige Tage im Busch war, um unsere
Christen in verschiedenen Dörfern zu pastorieren,
wurde mir 14 Tage vor der Übergabe Dualas,
also Mitte September 1914, der Auftrag zuteil,
eine Buschreise anzutreten. Ich sollte womöglich
alle im Busch zerstreuten und zu unserer Station
Duala gehörigen Christen besuchen, nach den
Kranken schauen und die vorbereiteten Katechu-
menen taufen. Ferner war es mir als Schul-
leiter von Duala darum zu tun, die wegen der
Kriegsgefahr entlaufenen und zum Teil wegen
Nahrungsmangel in die Heimat beurlaubten
Schüler zusammenzusuchen und in den einzelnen
größeren Dörfern zu konzentrieren. Von den
1200 Schülern, die ich in der Hauptschule zu
Duala hatte, waren nämlich kaum mehr 100
zurückgeblieben, aus Angst, von den Kanonen der
belagernden Schiffe getroffen zu werden. Ich packte
meine Sachen: Kleider= und Meßkoffer, ferner
einige Konserven und Schulutensilien, nahm mein
Rad und eine Schrotflinte und zog ab. Vorher
mußte ich mir vom Kriegskommando einen Paß
holen, um ungehindert reisen zu können. Auf
den wichtigsten Plätzen waren nämlich schon überall
Militärposten aufgestellt, namentlich an der Nord-
bahn, die keinen, weder Weißen noch Schwarzen,
passieren lassen durften, der sich nicht ausweisen
konnte. Freilich gegen die Verrätereien der Duala
waren diese Vorsichtsmaßregeln zu spät, da sich
diese bereits vorher oder auf anderen Wegen zu
unseren Feinden schlugen. Ich war manchmal
mehrere Tagereisen (zu Fuß) von Duala entfernt,
hörte aber immer die Kanonenschüsse der Engländer
in Duala, die regelmäßig in der Frühe gegen
6 Uhr ihr monotones Kanonen-Morgenlied über
Duala hinwegbrummten. Als ich einmal für ein
paar Tage mich in unserer Schule Bomono ba
Mbenge aufhielt, um die oberen Klassen dort
einzurichten und über 100 Katechumenen zu taufen,
war ich eine Stunde vom Feuer der Engländer
entfernt, die im Mungokriek bei Bwadibo mit
armierten Barkassen hereinkamen und eine Landung
vorsuchten. Die Leute aus Bwadibo, das die
*) Ugl. „D. Nol. Bl.“ 1915, Nr. 4, S. 54 ff.
*
Feinde bombardierten, kamen in Scharen an mir
vorüber, um vor den feindlichen Geschützen zu
flüchten. Indes konnten die Engländer vor der
Kapitulation Dualas keine Landung bei Bwadibo
bewerkstelligen, obwohl nur wenige unserer
schwarzen Soldaten unter weißer Führung dort
Aufstellung genommen.
Es war interessant für mich, auf dieser meiner
Buschreise die Gesinnungen der Duala= bzw.
Bell-Leute auszukundschaften. Fast in jedem
Dorfe, das ich passierte, fand ich zerstreut einige
Bell-Leute, die in ihren Gesprächen von den
rosigsten Zukunftsplänen sprachen, die sie verwirk-
lichen zu können glaubten, sobald die vor Duala
lagernden Engländer die Herren des Landes
würden, wovon sie felsenfest überzeugt waren.
Ich mußte allerdings sehr vorsichtig den Lauscher
spielen, denn sobald sie merkten, daß ich ihre
Sprache verstand, brachten sie geschickt ihr Gespräch
auf einen anderen Stoff und zeigten sich sehr
deutsch gesinnt. Für mich als Missionar glaubte
ich keine Befürchtungen hegen zu müssen in dieser
Zeit, auch wenn die Bell-Leute mit ihren Revo-
lutionsbestrebungen bei einem unterdessen möglichen
Falle der Stadt Duala handgreiflich würden.
Ich kam gegen Ende meiner Missionsreise
nach Dibombari, einer unserer blühendsten
Buschstationen, deren Christen für jeden Pater
durchs Feuer gegangen wären. Es war Sonntag,
der 27. September, der Tag, an dem sich Duala
vormittags 11 Uhr ergab. Da Dibombari nicht
weit (5 bis 6 Stunden) von Duala entfernt ist,
so hörte ich von dort ganz deutlich den feindlichen
Kanonendonner, wußte aber nicht, wie die Lage
in Duala stand. Nachmittags wollte ich zu un-
serer Missionsfiliale Sodiko, das nur zwei Stunden
von Bonaberi-Duala entfernt ist. Ich konnte
zwei Wege dorthin einschlagen, entweder den
Fußweg oder den Wasserweg. Ersterer geht über
Maka und von da per Bahn bis Bonendale.
Da jedoch am Sonntag keine Bahn fuhr (übrigens
hörte ich, daß die Europäer mit allen Bahnwagen
bereits nach dem Norden [Nkongsambaj] geflüchtet
seien), und ich nicht wußte, ob die Eisenbahnbrücke,
die über den Bonendale-Fluß führte, nicht schon
gesprengt sei (es war auch tatsächlich so), wählte