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Meldung besagt, daß Oberst van Dewenter,
der die Streitkräfte der Union an der Grenze
von Deutsch-Südwestafrika kommandiert, am
9. November bei Sandfontein dem „Feinde“
eine Niederlage bereitet hätte. Der „Feind“
hätte Verluste von etwa 120 Toten und Ver—
wundeten und 125 Gefangenen gehabt. Die Streit-
kräfte der Union hätten dagegen nur 12 Tote und
11 Verwundete verloren. Fast alle Verluste der
britischen Streilkräfte wären durch Dumdumkugeln
verursacht worden. Nach einem weiteren Tele-
gramm sollte der „Feind“ nach Sandfontein
vortrieben worden sein, und seine Verluste werden
auf 120 Tote und nur 11 Verwundete ange-
geben. ·
Auffallend an diesen Meldungen ist einmal,
daß der „Feind“ nicht näher bezeichnet wird,
und andererseits der krasse Gegensatz zwischen
den Verlustziffern für die eigenen und die feind—
lichen Streitkräfte. Zu denken gibt auch die
Behauptung, daß der Feind Dumdumggeschosse
vorwendet haben soll. Ter angebliche Erfolg des
Obersten van Dewenter bedarf daher noch ge-
nauerer Belenchtung durch eine unzweifelhaft
glaubwürdige Berichterstattung.
V-oonun einigem Interesse ist die nach Kapstadt aus
dem von englisch-südafrikanischen Truppen besetzten
Lüderitzbucht gelangte Meldung, daß Ende No-
vember über den dortigen englischen Stellungen
moehrfach ein deutscher Flieger erschienen sei.
Dieser habe auch Bomben geworfen, ohne aber sein
Ziel, die Eisenbahn zu treffen, erreicht zu haben.
Tas lugzeng sei erfolglos beschossen worden. Es
dürite nicht allgemein bekannt sein, daß sich seit
Mai d. Js. in Südwestafrika zu Versuchs-
zwecken zwei Flugzenge befinden. Diese
worden unseren Truppen jetzt gute Dienste leisten.
Neuerdings sind hier über die Ereignisse in
Südwestafrika, besonders in Lüderitzbucht, und
über die Besetzung dieses Ortes durch die englisch-
südafrikanischen Streitkräfte zwei Berichte einge-
gangen. Diese stammen von Angehörigen
neutraler Staaten, die sich dort aufbielten
und dann von den Engländern ausgewiesen
wurden; sie sollen nachstehend — soweit ihr In-
halt von allgemeinem Interesse ist — hier wieder-
gegeben werden, da sie wertvolle Ergänzungen des
bis dahin bekannt gewordenen Materials liefern.
Nach dem ersten dieser Berichte erfolgte die
Mobilmachung der Union gegen Deutsch-Südwest-
afrika am 8. September 1914. „Etwa am
15. September') fand in Kapstadt eine Parla-
mentssitzung statt, in welcher der Krieg der Union
gegen Deutsch-Südwestafrika mit großer Majorität
*) Nach anderweitiger Mitteilung (1. u., hatte die
eutscheidende Sitzung schon am 10. September slatt-
gefunden (N. K. A.).
—
beschlossen wurde, und bereits am 19. September
d. Is. erschienen die Engländer mit 2 Kreuzern,
4 Torpedobooten und 12 Transportschiffen vor
Lüderitzbucht. Es landeten 8000 Mann unter
dem Befehl des früher als englischer Konsul in
Lüderitzbucht tätig gewesenen Oberstleutnants
Müller. An Geschützen wurden nur zweirädrige
leichte Gebirgsgeschütge bemerkt. Etwa zur gleichen
Zeit oder kurz nachher sollen auch in Port
Nolloth 8000 Mann und in Swakopmund
angeblich ebensoviel gelandet worden sein.
Die Deutschen hatten die Lüderitzbucht-
Eisenbahn bis zum letzten Augenblick in Betrieb
gehalten und fast die gesamen Lüderitzbuchter Vor-
räte nach dem Innern gebracht. Kurz vor dem Ein-
treffen der Engländer hatte sich der Bezirksamtmann
mit den noch anwesenden Regierungsbeamten nach
dem Junern zurückgezogen, und daraufhin wurden,
nachdem das gesamte rollende Eisenbahnmaterial
in Sicherheit gebracht worden war, die Bahngleise
durch Sprengungen zerstört. Die Engländer haben
aber zahlreiches Eisenbahnbaumaterial in Lüderitz-
bucht gelandet und sollen sofort an die Wieder-
herstellung der Bahn gegangen sein. Durch-
schnittlich sollen täglich 500 m instand gesetzt
worden sein.
Die gesamte, in Lüderitzbucht
Kolmannskuppe zurückgebliebene Zivil-
bevölkerung ist als kriegsgefangen be-
handelt und nach Gefangenenlagern in
der Kapkolonie geschafft worden. Der
erste Transport ging von Lüderitzbucht ab am
23. September 1914, nachmittags 2 Uhr. Unter
den Gefangenen befinden sich u. a.: der Geschäfts-
führer der Kolonialen Bergbau-Gesellschaft, Re-
gierungsbaumeister Hörlein, Bürgermeister
Kreplin, Redakteur Otzen, Rechtsanwalt
Dr. Dommer. Den Betriebsleiter des Elektri-
zitätswerkes Dr. Hübner und den Apotheker
Marschner hat man zunächst in Lüderitzbucht
gelassen, ersteren für den Betrieb des Elektrizitäts-
workes.') Kolmannskuppe, Pomona und
Bogenfels sollen von den Engländern besetzt
worden sein.
Dem Bergingenieur Glockemeyer von der
Deutschen Diamanten-Gesellschaft und dem Proku-
risten Weber von der Pomona-Diamanten--Ge-
sellschaft soll es vor Ankunft der Engländer mit
dem in Pomona und Bogenfels noch anwesend
gewesenen Personal gelungen sein, sich der Ge-
fangenschaft dadurch zu entziehen, daß sie sich
und
*) Der Berichterstatter glaubt aber, daß später
auch Marschuer und Dr. Hubner das Schicksal der
übrigen Lüderinbuchter ereilt hat, und daß die Betriebs=
leitung des Elektrizitätswertes auf englisches Personal
Übergegangen ist.