Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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Hinzugefügt wird, daß der Vorfall ebenso wie 
derjenige in Nord-Mozambique (Ostafrika) streng 
untersucht werden, und das Ergebnis demnächst 
erwartet würde. 
Nun sollen aber die Deutschen außer Revolvern 
keine Waffen bei sich gehabt haben. Danach kann 
es sich kaum um eine reguläre deutsche Truppe 
gehandelt haben. Es ist auch nicht recht ersicht- 
lich, aus welchem Grunde die Deutschen aus 
Südwest zwecks Viehkaufs gerade nach Angola 
hätten gehen sollen, da sie doch im eigenen 
Lande wahrlich genügend mit Vieh versorgt sind. 
Wahrscheinlich — und diese Auffassung wird 
von Kennern der Verhältnisse Angolas unter- 
stützt — handelt es sich bei dem geschilderten 
Vorfall nur um einen Zusammenstoß der portu- 
giesischen Posten besatzung mit dort herumziehenden 
zweifelhaften Elementen, die den „Viehankauf“ 
auf ihre eigene Art betreiben und so in Konflikt 
mit Gesetz und Recht geraten. Derartige Vor- 
fälle sollen sich in Südangola alljährlich abspielen. 
Sie mögen zu jetziger Zeit, da der Belagerungs- 
zustand über das Land verhängt ist, und eine 
gewisse politische Gereiztheit unleugbar besteht, 
von den örtlichen Dienststellen ernster genommen 
werden als zu Friedenszeiten. Daraus ergibt 
sich aber noch nicht ohne weiteres die Berechti- 
gung zur Ausnutzung gegen Deutschland durch 
die portugiesische Presse. Vor allem erscheint es 
sonderbar, daß die maßgebenden Stellen in Por- 
tugal selbst über diesen angeblichen deutschen 
Einfall in Angola, über den sie inzwischen längst 
sichere Mitteilungen hätten erhalten können, noch 
immer keine amtliche Darstellung veröffentlicht 
haben. 
Das gleiche gilt von dem, angeblich am 
31. Oktober erfolgten Einfall einer wohlausge- 
rüsteten deutschen Expedition bei Fort Cuangar 
am Cubango (Okawango) 900 km von Massa- 
medes entfernt an der deutsch-portugiesischen 
Grenze gelegen. Hierbei sollen zwei portugiesische 
Offiziere und die Mehrzahl der europäischen 
Unteroffiziere und Mannschaften gefallen oder 
verwundet worden sein. Auch die Richtigkeit der 
bisherigen Angaben über diesen Vorgang muß 
so lange bezweifelt werden, als nicht amtliche Be- 
stätigungen vorliegen. Trotzdem die portugiesische 
Regierung sich auch hierzu noch nicht geäußert 
hat, hält es doch die Reuterpresse für 
nmötig, zu verkünden, daß die deutsche 
Regierung der portugiesischen wegen der 
angeblichen Ubergriffe südwestafrikanischer 
Truppen Entschuldigung angeboten habe. 
Deutscherseits ist diese Meldung bereits als Er- 
findung gekennzeichnet, und es ist amtlich mit- 
geteilt worden, daß von einem deutschen Einfall 
in Angola in Berlin überhaupt nichts be- 
  
kannt ist, also auch von dem Angebot einer 
Entschuldigung nicht die Rede sein kann. 
Endlich wurde am 28. Dezember über Madrid 
gemeldet, daß nach Meldungen aus Lissabon das 
portugiesische Expeditionskorps unter dem 
Oberbefehl des Obersten Rocadas gegen deutsche 
Kolonialtruppen eine schwere Niederlage er- 
litten hat. Das Expeditionskorps des Obersten 
hatte die deutsche Grenze überschritten, als es 
von einem starken deutschen Truppenteil 
angegriffen und zur Flucht gezwungen 
wurde. Die portugiesischen Truppen versuchten 
dann, sich in das auf portugiesischem Gebiete 
gelegene Naulila, einen befestigten Platz, zurück- 
zuziehen. Die Verfolgung seitens der Deut- 
schen war jedoch so heftig, daß es den Por- 
tugiesen nicht gelang, die Festung Naulila zu 
halten, so daß sie den Ort ebenfalls sofort auf- 
geben mußten. Naulila befindet sich in deutschem 
Besitz. 
Der portugiesische Kolonialminister gab diese 
Tatsache in der Kammer zu Lissabon den Abge- 
ordneten selbst zur Kenntnis. 
Wir beschränken uns vorläufig darauf, diese 
Mitteilung nur zu registrieren, da noch sämtliche 
Anhaltspunkte für die Beurteilung der Sachlage 
im ganzen wie auch der zuletzt gemeldeten Vor- 
gänge fehlen. 
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V. Besitzungen in der Südsee. 
1. Deutsch-Neuguinea. 
Altes Schutzgebiet. Über die dortigen Er- 
eignisse liegen seit Abschluß der ersten Mitteilung 
nähere schriftliche Nachrichten noch nicht vor und 
können auch, da die Post von dort nach Deutsch- 
land über sechs Wochen unterwegs ist, noch nicht 
hierher gelangt sein. Die inzwischen eingetroffenen 
englischen Zeitungsnachrichten enthalten ausführ- 
lichere Darstellungen der anläßlich der Besetzung 
des Schutzgebiets stattgehabten Gefechte, bringen 
aber im übrigen gegenüber den bereits von hier 
aus veröffentlichten Mitteilungen nichts wesentlich 
Neues. Es wird indessen auch wiederum aus- 
drücklich bestätigt, daß die deutschen Streitkräfte 
hartnäckigen Widerstand leisteten, und daß sich 
auch die schwarzen Polizeitruppen sehr gut ge- 
halten haben. Unter den in Kriegsgefangenschaft 
geratenen Offizieren sind der Forstassessor Kempf, 
der als Leutnant d. R. in die Truppe eingestellt 
war, und der Pflanzungsbesitzer Wuchert, der 
offenbar auch als Offizier in der Truppe diente, 
genannt. Im ganzen sind nach den hier vor- 
liegenden privaten Nachrichten außer dem stell-
	        
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