Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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chtamtlicher Teil 
  
  
  
T.E 
  
  
Aus fremden Kolonien und Hroduktionsgebieten. 
Der Rasaibe zirt im Belgischen Kongo.“) 
(Mit zwei Skizzen.) 
Bericht des bioherigen RKaiserlichen Ronsuls für den Belgischen Kongo und Französisch -Aqnatorial-Afrika 
Dr. Asmis. 
Einleitung. 
Der Kasaibezirk im Belgischen Kongo existiert 
in seiner heutigen Gestalt erst seit dem 1. Januar 
1914. Erst mit diesem Tage wurde der frühere 
Kasaibezirk gemäß des Allerhöchsten Erlasses vom 
28. März 1912 in zwei Teile nördlich und süd- 
lich des großen Schiffahrtsweges Kasai—Sankurn 
zerlegt und die beiden selbständigen Bezirke „San- 
kuru“ mit der Hauptstadt Lusambo und „Kasai“ 
mit der vorläufigen Hauptstadt Luebo geschaffen. 
Den jetzigen Kasaibezirk verbindet mit dem 
Deutschtum ein besonderes Band: Unter deutscher 
Flagge betraten die ersten Weißen diese Gegend, 
deutsche Forscher erschlossen als erste den Bezirk, 
und die Namen der Wasserfälle am Kasai, Lulua 
und Sankuru und der Berge jener Gegend er- 
zählen von den Entdeckungsreisen eines Pogge, 
v. Francois, Dr. Wolf, Müller, vor allem aber 
Wissmanns. Pogge und Wissmann knüpften 1881 
die ersten Beziehungen mit den Eingeborenen, 
Wissmann gründete 1884 die Station Luluaburg, 
Wolf 1885 die Station Luebo. Wissmanns Ein- 
geborenenname „Kabassu Babu“ lebt noch heute 
unter den Bewohnern jener Gegenden als der 
Name des großen, guten Weißen, und mit einer 
ehrlichen Anhänglichkeit und Begeisterung erzählen 
noch heute die Häuptlinge von ihm, die ihn noch 
persönlich gekannt haben. Von seinem Wirken ist 
allerdings wenig übrig geblieben: die Stationen 
sind verlegt oder verändert, der planmäßige Aus- 
bau des Wegenetzes ist nicht fortgeführt, seine 
Versuche zur Einführung von Kulturen, Frucht- 
bäumen und Haustieren aus Angola sind nicht 
oder doch nicht systematisch fortgesetzt, an Stelle 
der vertrauensvollen freundschaftlichen Beziehungen 
der Eingeborenen zu den Weißen ist infolge der 
Ausbentepolitik des Unabhängigen Kongostaats 
Furcht und Mißtrauen gegenüber der Regierung, 
dem „Bula Matari“, getreten, Gefühle, die durch 
*) Der Bericht beruht auf einer von Mitte Juni 
bis Mitte August 1914 ausgeführten Dienftreise und 
ist vor Konntnieo des Kriegsausbruchs abgefanßt worden. 
  
die blutige Niederwerfung von Aufständen in 
früheren Jahren und in jüngster Zeit durch die 
augenblickliche Steuerpolitik der Regierung neue 
Nahrung erhielten. Dazu kommt, daß die Hoch- 
konjunktur in der Kautschukproduktion, um die sich 
bisher das ganze wirtschaftliche Leben des Bezirks 
drehte, mit der Krise des Jahres 1913 einer 
tiefen wirtschaftlichen Depression Platz gemacht 
hat. Die Diamantenausbeute im Süden des 
Bezirks und die maschinelle Palmölgewinnung im 
Norden können nur für räumlich eng begrenzte 
Teile einen Ersatz liefern. Andere Produkte, die 
an die Stelle des Kautschuks treten könnten, sind 
aber bisher nicht gefunden worden. Und doch 
drängt dieser in einzelnen Gegenden mehr wie 
irgendein anderer Bezirk des Kongo durch einen 
Bevölkerungsreichtum ausgezeichnete Bezirk nach 
wirtschaftlicher Betätigung, und das Problem der 
Erschließung dieses Bezirks konzemtriert sich in der 
Frage nach der Schaffung billiger Transport- 
mittel, die auch eine Ausfuhr anderer Produkte 
als nur Kautschuk oder Elfenbein gestatten. 
Der heutige Kasaibezirk umfaßt das auf bel- 
gischem Gebiet liegende mittlere Stromgebiet des 
Kasai. Er erstreckt sich vom Kasai und Sankurnu 
im Norden bis zur portugiesischen Grenze bzw. 
dem 8. Breitengrade im Süden und von der 
Wasserscheide zwischen Diuma und Kamtscha im 
Westen bis zur Wasserscheide zwischen Lubudi und 
Sankuru und bis zum Bushimaie im Osten, in 
Breiten= und Längengraden ausgedrückt vom 4. 
bis 7. und 8. Grad südlicher Breite und vom 
19. bis 23. Grad östlicher Länge. Er ist also ein 
rein tropisches Land auf der südlichen Halbkugel. 
und besitzt die aus dieser geographischen Lage sich 
ergebenden klimatischen Eigenschaften. Seine be- 
nachbarte Lage zu der bisher noch kaum in Ver- 
waltung genommenen Nordostecke der portugiesischen 
Kolonie Angola war und ist auch heute noch für 
die politischen und kommerziellen Verhältnisse des 
Bezirks von besonderer Bedeutung. Er bedeckt 
etwa 160 000 qdkm, d. h. er ist fast doppelt so 
groß wie unsere Kolonie Togo.
	        
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