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von den für die Schiffsmannschaft gelieferten und
von dieser wegen ihrer schlechten Beschaffenheit
verschmähten Heringen nahmen. Diese waren
aber so tranig und hart, daß man sie erst tage-
lang aufweichen mußte.
Auf der „Obuasil“ war den Gefangenen in
Madeira gestattet worden, sich. für ihr eigenes
Geld Eßwaren und Obst zu kaufen. Der
Handel in diesen Gegenständen ging dabei in der
Weise vor sich, daß englische Unteroffiziere
und jüngere Offiziere das angekaufte Obst
von den Verkäufern billig ankauften
und den Gefangenen zu hohen Preisen
weiterverkauften. Ebenso wurden auf der
„Obuasi“ Wiskyvorräte, welche in den englischen
Kolonien festgenommene deutsche Kaufleute an
Bord gebracht hatten, diesen von der Schiffs-
besatzung abgenommen und damn den Gefangenen
zu hohen Preisen angeboten.
Die Trinkwasserverhältnisse waren vielfach
mangelhaft. So war es auf der „Obuasi“ von
Lagos nach England gelb und trübe und der
Menge nach unzureichend. Der I. Offizier ant-
wortete auf Beschwerden „Fou will learn to be
thirsty“"! Auf der „Bathurst“ mußte Negen-
wasser, das durch die Löcher des Sonnensegels
in einer Waschschüssel gesammelt war, als Trink-
wasser benutzt werden. Ebenso litten die Ge-
fangenen aus Togo auf der „Obuasi“ von Lome
nach der Goldküste und auf der „Akassa“ unter
dem Mangel an Trinkwasser.
Trotz dieser menschenunwürdigen Ernährung
ist den Gefangenen auf der „Appam“ am Schluß
der Reise das schriftliche Anerkenntnis abverlangt
worden, daß die „Verpflegung die für Kriegs-
gefangene übliche gewesen sei“.
VII.
Die Folge dieser mangelhaften Unterbringung
und Ernährung der Gefangenen war, daß der
allgemeine Gesundheitszustand außerordentlich
schlecht war. Die „Obuasi“ hatte bei ihrem Ein-
laufen in Southampton zehn Schwerkranke an
Bord. Eine Frau mußte wegen völliger Ent-
kräftung ins Krankenhaus überführt werden. Ein
junger Deutscher war unterwegs gestorben. Auf
der „Bathurst“ und „Appam“ waren fast immer
gleichzeitig ein Dutzend Gefangene, darunter zahl-
reiche Kinder, krank, meist malaria-, magen-
und darmleidend. Auf der „Appam“ traten in-
folge der schlechten Kost, der schmutzigen Betten
und der sonstigen Unterbringung Hautkrankheiten
und Geschwüre auf. Unter ihnen hatten die
Kinder besonders zu leiden.
VIII.
Rücksichtslos war das Verhalten der Eng-
länder den Kranken gegenüber. Auf der „Laurenltic“
wurden die schwer unter der Seekrankheit leidenden
Frauen nicht nur ohne Bedienung gelassen, es
wurde sogar den Männern nicht gestattet, sich um
sie zu kümmern. Als eine Frau auf der „Laurentie“
an Mittelohrentzündung erkrankte, gelang es
ihrem Manne erst nach langem Bemühen, von
dem Kommandanten die Erlaubnis zu erwirken,
sich zu ihr zu begeben. Aber diese Erlaubnis
währte nur eine Stunde. Auf der „Appam“ fand
für die Hautkranken während des ganzen Trans-
portes keine Ernenerung der Bettwäsche statt und
kranken Kindern wurde das Essen entzogen, da
„Kranke nichts zu essen brauchten“.
Auf der „Boulama“ wurde einem Fieber-
kranken, der im Laderaum ohne Decke lag, seine
Bitte um eine solche abgeschlagen.
Selbst die englischen Schiffsärzte haben sich
der erkrankten Gefangenen in durchaus un-
genügender Weise angenommen. Die Behandlung
der hochschwangeren Frau Weber, die in ihrem
Zustand unter den vielen Unzuträglichkeiten der
Beförderung auf der „Obuasil“ besonders zu leiden
hatte, wurde anfang ohne weiteres abgelehnt. Der
Schiffsarzt der „Obuasi“ mutete der Frau eines
Oberbeamten bei einem schweren Malariaanfall
zu, wasserglasweise Kognak zu trinken; dagegen
sorgte er für entsprechende Ernährung trotz aller
Vorstellungen nicht. Der gleiche Arzt hat die
Bitte einer anderen Frau um Milch für ihr
wenige Wochen altes Kind nicht erfüllt.
IX.
Zu schweren Klagen gab das Verhalten der
englischen Transportleiter und des Aufsichts-
personals Anlaß.
Bei der Einschiffung auf die „Appam“ wurde
von dem Boot, das die Gefangenen zum Dampfer
brachte, keine Brücke ans Schiff hinübergelegt, so
daß sie gezwungen waren, entweder zu springen
oder sich von den Negern herüberheben zu lassen
— eine besondere Härte gegenüber den weiblichen
Gefangenen. Während der Fahrt der „Appam“
in den Tropen wurde das Deck während der
ersten Stunden des Vormittags abgeschlossen, so
daß die Gefangenen sich in den heißen Gängen
im unteren Schiffsraum aufhalten mußten. Als
aber das Schiff in die kalten Gewässer kam,
wurden die Gefangenen schon früh auf das Deck
gebracht. Auf der „Obuasi“ war die Behandlung
der Männer eine durchaus unwürdige. Ein
politischer Beamter, der in Sierra Leone die
„Obuasi“ verließ, beschimpfte die Gefangenen
ohne Ursache.
Der gleiche Beamte nahm bei der Revision
der Gepäckstücke aus dem Gepäck des Regierungs-
baumeisters Koch eine goldene Uhr nebst Kette
und steckte sie zu sich. A## Beschwerde gab er
Uhr und Kette dem Bankdirektor Lohff mit den
Worten zurück: „Vou can have it back, it is