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der Eingeborenen hinlänglich beschäftigten Portu-
giesen setzten sich allmählich wieder gegen den
Rowuma in Bewegung, den sie aber bis heute
noch nicht wieder überschritten haben.
Den Oberbefehl über die britischen und ihnen
verbündeten Truppen in Ostafrika übernahm, an
Stelle des von General Smuts hierzu bestimmten
Generals Hoskins, jetzt der aus Südafrika zurück-
gekehrte General van Deventer.
Das gegenseitige Stärkeverhältnis um diese
Zeit läßt sich mangels jeden Anhaltspunktes auch
nicht annähernd bestimmen. Was die deutsche
Streitmacht anbelangt, so ist zu berücksichtigen,
daß sie nach fast drei Kriegsjahren, ohne jede
Möglichkeit eines Neuersatzes, vor allem an
Europäern, und in Anbetracht der im Laufe
dieser Zeit eingetretenen Verluste, an Zahl nicht
umerheblich abgenommen haben muß. Dazu kam
die Unmöglichkeit der Zufuhr an Kriegsmaterial
aller Art. Daß die Schutztruppe trotzdem noch
vom besten Angriffsgeiste beseelt und ihre be-
währte Widerstandskraft noch ungebrochen war,
haben nicht allein ihre erfolgreichen Vorstöße im
Frühjahr dieses Jahres bewiesen, das zeigt sich
noch jetzt an ihrer tapferen Haltung gegenüber
den von allen Seiten angreifenden verbündeten
seindlichen Truppenmengen, deren Stärke man
immerhin auf das zehn= bis fünfzehnfache an-
nehmen kann.
Ungefähr Anfang Juni d. Js. setzte diese
ungeheure ÜUbermacht zum Angriff au. Er erfolgte
den der Küste her in zwei Kolonnen von Kilwa
und Lindi aus, unter persönlicher Leitung des
Generals van Deventer, von Norden aus der
Achtung Kilossa durch die von Tabora heran-
geholten kongo-belgischen Truppen und von Nord-
westen und Westen durch die unter dem Befehl
des Generals Northey stehenden südafrikanischen
und rhodesischen Streitkräste. Zur Sperrung der
##wumalinie wurden die Portugiesen heran-
gezogen, denen sich weiter westlich englische Ab-
Pilungen, die den aus portugiesischem Gebiet zu-
üagewichenen deutschen Streifabteilungen gefolgt
varen, anschlossen.
Anfang Juni war es den Engländern ge-
lugen, unterstützt durch das Feuer ihrer Kriegs-
ihiffe, an der Mündung des Lukuledi wiederum
*
angeblich überraschend zu landen und die Lindi
besetzt haltenden deutschen Kräfte auf Mlawa,
37 km südwestlich Lindi, zurückzudrängen. An-
scheinend wurde der Angreifer aber wieder auf
Lindi zurückgeworfen, da ein späterer englischer
Bericht von Kämpfen westlich und südwestlich
dieses Ortes spricht. Jedenfalls konnten die
Engländer im Lukuledi-Tal nur langsam Boden
gewinnen. Anfang August kam es nach ihren
Meldungen zu einem Gefecht an der Straße nach
Nyangao — wo, wird nicht gesagt —, das an-
geblich unentschieden blieb, und unterm 27. Sep-
tembermelden sie, daß die Deutschen ihre Stellungen
bei Mtua, 35,4 km südwestlich Lindi, geräumt
und in der Nacht zum 26. September bis 8 km
nordöstlich Nyangav zurückgegangen seien. Am
1. Oktober sei es dann wieder zu einem Gefecht
westlich Lindi, gekommen, in dem trotz großer
Geländeschwierigkeiten und hartnäckigen Wider-
standes Fortschritte gemacht worden seien. Auch
nach dem Eingreifen der von Kilwa aus süd-
westlich zum Mbemkurn und diesen aufwärts
vorgehenden Kolonne konnten die deutschen Streit-
kräfte nicht aus der Gegend von Nyangao ver-
drängt werden.
Die von Kilwa vorrückende Kolonne, der
anscheinend schwächere deutsche Kräfte gegenüber-
standen, zwang diese Anfang Juli d. Is. zum
Rückzuge in südwestlicher Richtung. Auch hier
leisteten die deutschen Abteilungen dem Gegner
hartnäckigsten Widerstand, so daß sein Vorwärts-
kommen sich nur langsam gestaltete. Erst nach
mehrfachen und anscheinend heftigen Kämpfen ge-
lang es dem Gegner Ende September, den
Mbemkurn zu erreichen und diesen aufwärts die
deutschen Streitkräfte am 11. Oktober auf Ru-
ponda, südlich des Mbemkurn, und von da auf
Nyangao und Lukuledi (Mission) zurückzu-
drängen. Damit hatten sich die beiden von
Lindi und Kilwa vorgehenden feindlichen Ko-
lonnen die Hand gereicht und begannen um-
fassend gegen die in der Linie Nyangao und
Lukuledi befpindlichen deutschen Stellungen vor-
zugehen. Die in den Tagen vom 15. bis 18. Ok-
tober geführten Angriffe, die sich anscheinend
hauptsächlich gegen den linken deutschen Flügel